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Zurück im etwas anderen Tunesien

Zurück im etwas anderen Tunesien

Titel: Zurück im etwas anderen Tunesien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Derouich
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Uhr an, meine Güte, wie hier die Zeit rast! Schnell schwinge ich wenigstens einen Waschlappen über meinen Körper, denn auf eine Dusche muss ich wegen des Harkous ja verzichten. Mit frischer Kleidung stehe ich nur Minuten später schon wieder in der Küche und trage vorsichtig die Torte in unser Auto. Bei diesen Außentemperaturen ist es mir viel sicherer, wenn wir die paar Meter im klimatisierten Wagen fahren, denn ansonsten habe ich die Befürchtung, dass wir damit nicht heile ankommen werden.
    Wie nicht anders erwartet, sind die Zuschauerränge auf dem Sofa wieder bis zum letzten Platz gefüllt, denn es hatte sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen, dass ich heute eine Hochzeitstorte präsentieren werde.
    Ja, ja, diese hässliche Torte, wie peinlich!
    Tatadadaaaaa! Wie beim Käpt'nsdinner auf einem Kreuzfahrtschiff ziehe ich mit der Torte in das Haus ein, gefolgt von den Hochzeitsmuffins und der Geschenkparade. Rasch räumen sie ein paar Tische leer, damit ich alles darauf aufbauen kann. Sie staunen und die Kinder drehen fast durch vor Begeisterung.
    Warum nur? Ich selber bin von meinem Ergebnis gar nicht so begeistert, aber vermutlich hatte ich einfach nur zu hohe Ansprüche und Ideen, die hier in Tunesien nicht umsetzbar sind. Egal, hier gefällt es Allen und jeder möchte nun mit mir, der Braut und den Geschenken fotografiert werden. Die Kinder sind kaum noch zu bremsen. Einige schlagen Purzelbäume vor Freude und andere knutschten mich immer wieder dankbar ab. Ich weiß gar nicht mehr, wo mir der Kopf steht, denn nun kommen auch noch alle älteren Damen auf mich zu und gratulierten mir zu meinen Harkous-Tattoos und küssen mir teilweise meine Hände ab. Irgendwie bin ich gerade im falschen Film.
    Hallo? Neben mir steht die Braut, kann ihr auch mal jemand zu den neuen Strähnchen gratulieren?
    Ist das wieder peinlich, aber Safia wird natürlich auch reichlich von den Damen beglückwünscht! Ich weiß nicht, ob eine europäische Braut auch so ruhig reagieren würde, wenn man ihr die halbe Show stiehlt. Safia hat jedenfalls gar kein Problem damit und freut sich über jede Minute, die ich mit ihr zusammen verbringe. Und über meine vielen Geschenke freut sie sich natürlich auch, denn solch voluminösen Päckchen bekommt hier nicht jede Braut.
    Jetzt setzt sie sich aber schnell wieder auf den Boden, denn es steht noch Runde drei vom Hennamarathon an. Ich schaue mich ein wenig um und entdecke in der Menge eine alte Dame, die ich hier noch nie gesehen habe. Sie strahlt mich an und redet auf Arabisch auf mich ein, als würden wir uns schon ewige Zeiten kennen. Hm, wer mag das sein?
    Zum Glück kommt Noura gerade vorbei, die mich nun der Dame vorstellt.
    „Das ist doch Sharifa, die Frau, wo wir heute die Wohnung besichtigen wollten.“
    Ach so, Sharifa! Noura ist wirklich witzig. Sie sagt das so selbstverständlich, aber ich habe weder den Namen Sharifa schon einmal gehört, noch habe ich die Dame je gesehen. Und jetzt legt Noura noch einen drauf. Sie sagt, dass Sharifa doch eine Tante von mir ist.
    Wie Tante? Ich habe doch eine komplette Stammbaumliste, wo alle Familienmitglieder aufgelistet sind. Da habe ich aber noch nie eine Tante Sharifa drauf notiert. Ich bin total irritiert und Noura erklärt mir nun, das Sharifa's verstorbener Mann ein Bruder meiner Schwiegermutter war. Das ist mir wirklich ganz neu und mein Mann scheint ihn mir all die Jahre unterschlagen zu haben. Kein Wunder, dass die Dame mich kennt und ich sie nicht. Sie hat mir nun so viel zu erzählen, dass Noura gar nicht nachkommt mit dem Übersetzen. Da hat meine XXL Familie von jetzt auf gleich ein neues X dazubekommen und ich bin mal gespannt, wie viele Xe mein Mann mir noch verschwiegen hat.
    Um uns herum wird wieder ein Lied nach dem anderen angestimmt und an zu trommeln und tanzen fangen sie natürlich auch. Woher die nur all diese Power nehmen, als ob die alle einen Duracellhasen zum Mittag gegessen haben. In dem Gewühl bemerke ich gar nicht, dass Fausia in der Tür steht und mich zu sich heranwinkt. Sie möchte, dass ich kurz in die Küche komme, weil sie meine Leckerein gleich verteilen will. Ein paar fleißige Hände haben schon begonnen, die Muffins und die Torte in kleine Portionen zu teilen.
    Ah, habt ihr schon mal geviertelte Muffins und eine Torte, die in Würfel geschnitten wurde, gesehen?
    Für mich ist es eine Premiere und ich bin ein paar Minuten sprachlos und leicht geschockt. Hoffentlich ist das auch nur eine Fata Morgana! Sie

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