Zurück in deine Arme
Bett zu kommen. Die innere Gelassenheit, für die ihr Haus in den Malibu Hills bisher ein Garant gewesen war, wollte sich einfach nicht einstellen.
Zum Teil lag es daran, dass die sonst so geliebten Meeresgeräusche ihr auf die Nerven gingen, anstatt sie wie gewohnt in den Schlaf zu wiegen. Doch die Hauptschuld an ihrer ängstlichen Unruhe und den nagenden Kopfschmerzen trug ganz sicher ihre erzwungene Trennung von Rafael.
Das bisschen Schlaf, zu dem sie sich zwang, war durchsetzt mit erotischen Fantasien und sehnsüchtigen Träumen, in denen er sie in die Arme nahm, ihr seine Liebe gestand und sie fragte, was sie sich am meisten wünschte: Mutter zu werden oder ihre Karriere als Topmodel fortzusetzen.
Verdammt! Sie wollte beides. Doch die unbezwingbare Angst vor der Erfüllung des Familientraums trieb sie förmlich in die andere Richtung. Verstärkt wurde das Ganze noch durch die Albträume, die sie nach ihrer Fehlgeburt gequält hatten und jetzt erneut heimsuchten. Wenn sie nicht gestern eine positive Nachricht aus ihrer Klinik über die hoffnungsvolle Entwicklung einer besonders gefährdeten jungen Patientin erhalten hätte, würde es ihr sicher noch viel schwerer fallen zu funktionieren. Doch den armen Mädchen helfen zu können, war jede Mühe wert.
Zumindest versuchte Leila sich das einzureden, um nicht völlig den Mut zu verlieren.
„Du hast diesen Monat ein ungeheures Pensum zu absolvieren“, stellte ihre Agentin mit Besorgnis in der Stimme und kritischem Blick in das schmale, blasse Gesicht ihres lukrativsten Zugpferds fest. „Leider sieht man dir deine Erschöpfung an, was nicht gut fürs Geschäft ist.“
Als wenn ich das nicht selbst wüsste! dachte Leila bitter, ließ sich aber nach außen nichts anmerken. Sollte sie ihrer Agentin etwa erzählen, dass sie Angst davor hatte, unter der Fülle von Terminen zusammenzubrechen?
„Warst du in der letzten Zeit mal beim Arzt?“
„Nein. Wann denkst du, ist der neue Vertrag zur Unterschrift bereit?“, konterte Leila und atmete erleichtert auf, als sie sah, dass ihr Ablenkungsmanöver funktionierte.
„Ich rechne jeden Tag damit“, erwiderte ihre Agentin zufrieden. „Sobald du unterzeichnet hast, soll es mit den Shootings losgehen.“ Gleich darauf jedoch kehrte der kritische Blick zurück. „Es wäre gelinde gesagt eine Katastrophe, wenn du aus gesundheitlichen Gründen ausfallen würdest, das ist dir hoffentlich bewusst. Aber noch schlimmer wäre es, als Burn-out-Opfer vor die Kamera zu treten.“
Der Albtraum eines jeden Models! Und gerade in ihrem Alter tagtäglich jugendliche Frische zu demonstrieren, war ebenso unerlässlich wie anstrengend. Leila wusste, dass sie etwas unternehmen musste – und wenn sie sich, wenigstens übergangsweise, einfach noch einmal Psychopharmaka verschreiben ließ.
„Schon gut, ich werde gleich heute einen Termin beim Arzt vereinbaren.“
Und sie hatte Glück. Trotz seines randvollen Terminplans schob ihr Doktor die berühmte Patientin am späten Nachmittag dazwischen.
„Gratulation zu Ihrer Repräsentation für Bare Souls “, begrüßte er Leila beim Betreten der Praxis. „War das Festival wenigstens ebenso aufregend wie die Berichterstattung im Fernsehen es dem Zuschauer suggeriert hat?“
„Für mich war es ein einmaliges Erlebnis“, gestand Leila spontan und errötete beim Gedanken an ihre ganz privaten Highlights in Cannes. „Unglücklicherweise scheine ich mir einen Infekt aufgehalst zu haben, den ich offenbar nicht loswerde.“
Augenblicklich wurde aus dem neugierigen Fan wieder der professionelle Mediziner. „Schildern Sie mir bitte genau, welche Beschwerden Sie haben.“
„Totale Erschöpfung und einen empfindlichen Magen.“
„Und das begann in Frankreich?“
Leila überlegte kurz. „Eigentlich hat mich die Übelkeit schon ein paar Tage vorher gequält. Da dachte ich noch, es wären die Auswirkungen einer abklingenden Virusinfektion.“
Ruhig und mit unbewegter Miene lauschte der Arzt Leilas Beschreibung ihres Unwohlseins. Dass sie einen regelrechten Widerwillen gegen einige Speisen entwickelt habe, selbst gegen den Geruch, und dass sie sich in einem Moment vollkommen vital und im nächsten sterbenselend fühlen konnte.
„In den letzten Tagen hat die Übelkeit ein wenig nachgelassen, dafür bin ich durchgehend hundemüde“, schloss sie.
Der Arzt maß Leila mit einem eindringlichen Blick. „Eingedenk Ihrer Krankheitsgeschichte muss ich das wissen. Haben Sie vielleicht einen
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