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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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Wasserstrahl auch ihre Angst fortgewaschen. Diese Rose sah nicht aus wie jemand, der ihr etwas antun würde. Und was Matt betraf – seitdem sie ihn nach Hollyhill gefragt hatte, war er vielleicht nicht mehr so freundlich wie in den ersten Minuten ihrer Begegnung. Aber er hatte sie sicher hierher gebracht, oder etwa nicht?
    »Dachte ich’s mir doch, dass ich was gehört habe. Guten Morgen! Gut geschlafen? Hunger?«
    Am Fuß der Treppe erwartete Emily der Junge mit der blonden Kurzhaarfrisur, den sie gestern vom Fenster aus beobachtet hatte – nur dass er sich aus der Nähe betrachtet als Mädchen entpuppte, mit einer Stimme, grell wie ein Teekessel. Emily setzte ein Lächeln auf und beschloss, den ersten Teil der Frage besser nicht zu beantworten.
    »Guten Morgen«, sagte sie stattdessen. »Und ja, ich bin am Verhungern. Ist das Müsli?«
    Das Mädchen schwenkte das voll beladene Tablett, das sie trug, ein Stück in Emilys Richtung. Das Geschirr klapperte bedrohlich.
    »Das ist Porridge«, erklärte sie, »so ’ne Art warmer Haferbrei. Tee, Toast, gesalzene Butter, Marmelade. Den Rest des Frühstücks hol ich gleich. Mir nach!« Mit einem breiten Grinsen drehte sie sich um und stieß mit ihrem Fuß eine Tür neben der Treppe auf. Emily folgte ihr in eine Art Salon, vor dessen breitem Fenster ein großer, runder Holztisch stand.
    »Ich bin Silly«, erklärte das Mädchen, stellte das Tablett auf dem Tisch ab und fing an, das Frühstück darauf zu verteilen. Sie warf Emily einen Seitenblick zu. Dann lachte sie laut auf. »Ich meine natürlich, ich heiße Silly«, erklärte sie, und Emily musste unwillkürlich an den Film mit Lauren Bacall denken, in dem diese sich bei Marilyn Monroe beschwert: »Wie soll ich mit einem Mädchen zusammenwohnen, dass Tütü heißt und tütü ist?«
    »Hi, ich bin Emily«, sagte sie und fügte dann lächelnd hinzu: »Und ich heiße auch so.«
    Sillys Grinsen wurde, wenn überhaupt möglich, noch ein bisschen breiter. Sie streckte Emily ihre Hand entgegen, die diese ergriff.
    » Strange «, sagte sie schließlich gedehnt, und jetzt war es an Emily, laut loszulachen.
    »So ähnlich«, sagte sie. Die amerikanische Comicfigur war auch in Deutschland bekannt, und Silly war nicht die Erste, die Emily wegen ihrer Frisur mit dieser in Verbindung brachte. »Zumindest ist mein Leben zur Zeit ziemlich strange «, fügte sie hinzu.
    »Ach ja?« Silly neigte den Kopf zur Seite und sah Emily neugierig an. Ihre Augen hatten die Farbe von dunklem Granit und standen in spektakulärem Kontrast zu ihrem fast weißen Teint. Emily hielt ihren Blick fest, als sie kurzentschlossen nach vorn preschte.
    »Ja«, sagte sie bemüht gelassen, »nimm zum Beispiel dieses Dorf hier: Als ich es in Deutschland auf einer Karte nachschlagen wollte, konnte ich es nicht finden. Auch Google kam bei der Suche nach Hollyhill im Dartmoor auf keinen Treffer. Selbst der Busfahrer, der mich in den Nationalpark gefahren hat, kannte es nicht.«
    Sie forschte in Sillys Gesicht nach einer Reaktion auf ihre Worte, doch ihr Ausdruck war absolut leer. Emily fragte sich, ob es sie Mühe kostete, so ahnungslos auszusehen, oder ob sie es tatsächlich war.
    Schließlich zuckte Silly mit den Schultern. »Das Dorf ist klein«, sagte sie gleichmütig.
    »Bellever Tor ist nicht einmal ein Dorf, aber es war trotzdem auf der Karte eingezeichnet.«
    Silly setzte ein nachdenkliches Gesicht auf. »Weißt du, am naheliegendsten ist doch, dass etwas mit euren Karten nicht stimmt«, erklärte sie schließlich. »Ich werde mal nachsehen, ob wir hier irgendwo eine rumliegen haben.«
    Mit diesen Worten klemmte sie sich das leere Tablett unter den Arm und wollte sich an Emily vorbei in Richtung Tür schieben.
    »Warte!« Emily hielt Silly am Handgelenk fest. Sie hatte nicht vor, ihre bislang einzige Informationsquelle so einfach ziehen zu lassen. »Was ist mit dem Busfahrer?«, hakte sie nach.
    Das Mädchen sah sie ratlos an. »Mit dem Busfahrer?«
    »Der Busfahrer.« Emily konnte ihre Ungeduld kaum verbergen. »Warum kennt der englische Busfahrer im Dartmoor-Nationalpark das Dorf Hollyhill nicht?«
    »Herrje!« Silly schüttelte mitleidig den Kopf. »Dieser Busfahrer sollte seinen Job wirklich überdenken, findest du nicht?«
    Emily starrte sie an. Silly verschränkte ihre Arme – mitsamt Tablett – hinter ihrem Rücken, machte auf dem Absatz kehrt und stolzierte davon.
    »Silly?« Das Mädchen blieb stehen, drehte sich aber nicht zu Emily um. »Ja –

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