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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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Pferde friedlich nebeneinander. Die linke Uferseite wurde von hohen Nadelbäumen begrenzt, und zu beiden Seiten des Tals schwang sich die Landschaft zu dem grün-braunen Hügelmeer auf, das Emily schon bei ihrer Ankunft in Bellever Tor gesehen hatte. Moorlandschaft? Sie nahm es an. Es sah aus wie im Märchenwald.
    Sie stellte sich ihre Mutter vor, wie sie barfuß, mit hochgekrempelten Hosenbeinen durch den eiskalten Bach stapfte. Wie sie lachte und zu ihr hinaufwinkte, wie das Wasser um sie herumspritzte in allen Farben des Regenbogens.
    Es gelang Emily nicht, das Bild festzuhalten. Es musste viele Jahre her sein, Jahrzehnte womöglich, seit ihre Mutter zuletzt über diese Brücke spaziert war. Oder in diesem Bach. Wie nah würde sie ihr kommen können an diesem Ort? Wer kannte sie überhaupt noch? Rose sicherlich, doch jemand wie Silly oder Matt – ausgeschlossen, dass sie ihrer Mutter je begegnet waren, dafür waren sie viel zu jung. Und doch … sie alle reagierten eigenartig auf Emily. Vorsichtig. Distanziert. Als wollten sie ihr etwas verheimlichen. Und sie hatte nicht die leiseste Ahnung, was das sein könnte.
    Emily ließ ihren Blick über das Pfarrhaus und die Kirche schweifen, die als einzige Gebäude des Ortes auf der anderen Seite des Baches standen. Alles wirkte so friedlich, so verträumt. Alte Obstbäume säumten den Weg zwischen Gottes- und Wohnhaus, dessen Fensterbänke sich unter üppig bewachsenen Blumenkästen bogen. Darunter, auf einer geschwungenen Holzbank, döste eine schwarze Katze in der Sonne.
    Um zu dem Cottage zu gelangen, vor dem Matts Wagen parkte, durfte sie jedoch die Brücke nicht überqueren, also machte sie kehrt und lief stattdessen weiter die Straße hinauf. Das Haus von Matt war das letzte im Ort, klein und gedrungen, unter einem geschwungenen Reetdach verborgen, und wie alle anderen Häuser in Hollyhill schien es aus einem Bilderbuch gefallen zu sein. Aus der angrenzenden Scheune war ein hohes, quietschendes Geräusch auszumachen, das klang wie eine Schleifmaschine. Das Tor stand offen, und Emily hastete daran vorbei, ohne einen Blick hineinzuwerfen. Das Schleifen pausierte kurz, dann setzte es erneut zu hohem Kreischen an.
    Ohne sich dessen bewusst zu sein, fiel Emily in einen Laufschritt. Sie knotete ihre Jacke enger um die Hüften und ließ die Scheune so rasch wie möglich hinter sich.
    Wie schon am anderen Ende des Ortes löste sich die gepflasterte Straße wenige Meter nach dem letzten Haus einfach auf, grenzte diesmal allerdings nicht an die buckligen Ausläufer eines Hügels, sondern mündete in einen Feldweg, der in einem Bogen zwischen Wiese und einem Wald verlief – vermutlich der Wald, der hinter Matts Cottage begann.
    Ohne zu zögern schlug Emily den Weg ein. Sie lief viel zu schnell, das wusste sie, doch die Bewegung tat ihr gut, und sie spürte, wie ihr Kopf sich allmählich leerte, sich leichter anfühlte, die Anstrengungen des vergangenen Tages von ihr abfielen. Eine Weile setzte sie einfach einen Fuß vor den anderen, ohne nachzudenken, hörte nur auf ihren eigenen Atem. Ein, aus. Ein, aus. Kein Matt. Kein Dorf. Sie dachte nicht darüber nach, wohin der Weg führte, und schrak deshalb zusammen, als sie plötzlich auf etwas Hartes trat und umknickte.
    Emily blieb abrupt stehen und sah sich um. Wo war der Feldweg hingekommen? Sie stand auf einem schmalen Pfad, inmitten eines grünen Meers aus moosbewachsenen Steinen und Wurzeln und Farnen. Über ihr bildeten die knorrigen Äste uralter Bäume ein dunkelgrünes Dach, das kein Stück Himmel, keinen Strahl Sonne hindurchließ. Emily war erhitzt von ihrem Lauf und dennoch fröstelte sie. Wie war sie in diesem Wald gelandet? War sie abgebogen, ohne dass es ihr bewusst gewesen war?
    Es war düster um sie herum, düster und feucht. Und absolut still. Als würden die Bäume, die Blätter, die Farne, das Moos alle Geräusche verschlucken. Es roch nach Moor. Und auf einmal beschleunigte sich Emilys Herzschlag von Neuem, diesmal jedoch aus Furcht. Sie drehte sich um und ging so schnell sie konnte über den Stolperpfad in die Richtung, aus der sie gekommen war. Aus der sie dachte , gekommen zu sein. Der Weg war eng und eingerahmt von riesigen Felsbrocken, über die sie an manchen Stellen hinwegklettern musste, um vorwärtszukommen. Niemals hätte sie über diesen Weg so schnell in den Wald laufen können, ohne es zu bemerken. Also musste sie aus einer anderen Richtung gekommen sein. Aber … woher? Wie?
    Noch einmal blieb

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