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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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gerade, wie gut, dass dein Vater nicht Geograf war.«
    »Matt«, sagte Josh warnend.
    Der warf seinem Bruder einen herausfordernden Blick zu, bevor er sich wieder an Emily wandte. »Ich meine ja nur«, erklärte er dann betont gelassen. »Dann hättest du am Ende Geografie studieren müssen. Und wo sollte das hinführen, bei deinem Orientierungssinn?«
    Pfarrer Harry kicherte und kassierte dafür von Rose einen Rempler mit dem Ellbogen. Eves Augen blitzten, und auch Adam konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen.
    Sieh an , dachte Emily. Er hat Humor!
    Laut sagte sie: »Nach Hollyhill zum Beispiel.« Sie machte eine kleine Kunstpause und sah dem zufriedenen Lächeln auf Matts Gesicht dabei zu, wie es verschwand. »In das Dorf, das sich auf keiner Karte finden lässt.«
    Ein ganzes Pub hielt die Luft an.
    »Offensichtlich reichte mein Orientierungssinn hierfür durchaus.«
    Niemand rührte sich.
    Da, dachte Emily in die Stille hinein. Ich weiß, dass ihr mir etwas verschweigt. Was auch immer es ist – irgendwann werdet ihr es mir sagen müssen.

8
    K urz nach Mitternacht schreckte Emily aus einem Albtraum auf. Obwohl sie nicht länger als eine halbe Stunde geschlafen haben konnte, war sie schweißgebadet, und gleichzeitig fröstelte sie so sehr, dass sie Gänsehaut bekam. Sie zog die Bettdecke bis unter ihr Kinn und versuchte sich daran zu erinnern, was sie geweckt hatte. Was sie geträumt hatte. Über was sie nachgedacht hatte, bevor sie eingeschlafen war.
    Und plötzlich fiel es ihr wieder ein.
    Ein zweites Mal innerhalb weniger Minuten fuhr Emily hoch und saß kerzengerade in ihrem Bett. Sie schlug die Decke zurück und schwang ihre Füße auf den Boden. Im Dunkeln tastete sie nach dem Sessel, auf den sie ihre Jeans und ihren Pullover geworfen hatte, und zog sich an. Barfuß schlich sie anschließend zur Tür und die Treppe hinunter, um dann so leise wie möglich in den Salon zu huschen.
    Das Scharnier quietschte viel zu laut in ihren Ohren, und Emily verzog das Gesicht. Sie ließ die Tür angelehnt, nachdem sie eingetreten war, und lauschte. Nichts rührte sich. Das Zimmer war finster bis auf einen schmalen Streifen Licht, den die Straßenlaternen durch die Vorhänge schickten. Vorsichtig bewegte sich Emily auf den Sessel unter dem Fenster zu und knipste die Leselampe an.
    Das Bild mit ihrer Mutter – und Großmutter – stand auf dem Kaminsims, wo sie es am frühen Abend abgestellt hatte. Sie nahm es in die Hand und trug es hinüber zum Bücherregal. Sie konnte sich kaum vorstellen, dass eine Frau wie Rose kein Fotoalbum aufbewahrte, und tatsächlich: Auf dem untersten Brett, eingeklemmt zwischen einem Bildband über das Dartmoor und einem abgegriffenen Atlas, wurde sie fündig. Behutsam zog Emily das rosafarbene Album heraus, setzte sich mit Bild und Buch auf die vordere Kante des Lesesessels und atmete tief ein.
    Den ganzen Abend über hatte der Gedanke an ihr genagt, dass irgendetwas mit dem gerahmten Foto ihrer Mutter nicht richtig war. Irgendetwas stimmte nicht. Und nun, ganz plötzlich, war ihr ein Gedanke gekommen.
    Wenn das wahr wäre … Aber im Grunde war das gar nicht möglich.
    Emily schloss die Augen und öffnete sie sofort wieder. Dann schlug sie das Album auf.
    Sie hatte recht gehabt.
    Sie konnte es nicht fassen, aber sie hatte recht gehabt.
    Emily blätterte Seite um Seite des Albums um und staunte mit geöffneten Lippen über ihre wunderschöne Mutter – jung und glücklich und – jung – in den Armen von Josh, neben Rose, Seite an Seite mit Eve vor dem »Holyhome«.
    Mehr als dreißig Jahre mussten vergangen sein, seit diese Bilder aufgenommen worden waren, und man sah ihnen ihr Alter an. Nicht aber den Menschen, die auf den Abbildungen zu sehen waren.
    Sie starrte auf Josh, der haargenau so aussah wie vor wenigen Stunden, als sie sich vor dem Pub voneinander verabschiedet hatten. Die dunkelbraunen, welligen Haare, die warmen, braunen Augen, die voller Zärtlichkeit auf ihrer Mutter ruhten. Auf ihrer Mutter! Liebe Güte, Josh hätte noch gar nicht auf der Welt sein dürfen vor dreißig Jahren. Eve war höchstens ein Kleinkind.
    Emily klappte das Album zu, legte es in ihren Schoß und ließ ihren Kopf nach hinten an das Polster fallen. Sie hörte das Blut in ihren Ohren rauschen, so sehr pochte ihr Herz. Er hat nie behauptet, dass er sie nicht gekannt hat, schoss es ihr durch den Kopf. Keiner von ihnen hat je behauptet, dass er Mama nicht gekannt hat.
    Abrupt richtete Emily sich auf und

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