Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
früher vorgestellt haben, wir mussten uns erst um die Küche kümmern.«
Emily ergriff die Hand, drückte sie und nannte ihren Namen. Ihr war ganz heiß geworden bei der stürmischen Begrüßung, und zu allem Überfluss spürte sie, dass inzwischen auch alle anderen am Tisch ihre Aufmerksamkeit auf sie gerichtet hatten. Die Augen von Pfarrer Harry, Rose und Joe bohrten Löcher in ihren Rücken. Josh und Silly sahen von beiden Seiten zu ihr auf. Vor ihr hatte Eve ihren Kopf an Adams breite Schulter gelegt und lächelte sie zärtlich an.
Emily schlug in Gedanken drei Kreuze, dass zumindest Matt nicht hier war, um sie weiter zu verunsichern, als sich die Tür zum Pub öffnete. Matt zog angesichts der Mini-Versammlung erstaunt eine Augenbraue hoch, sein Blick blieb kurz auf Emily haften, dann schob er sich an Adam vorbei und verschwand in Richtung Tresen.
»Ich bedien mich selbst, okay?«, murmelte er im Vorbeigehen. »Ihr seid ja offenbar beschäftigt.«
Die Tür hinter der Bar schloss sich mit einem dumpfen Klick, dann war Matt verschwunden.
Aus den Augenwinkeln bemerkte Emily, wie Josh seinem Bruder stirnrunzelnd nachsah. Sie selbst ignorierte das Ziehen in ihrem Magen so gut es ging.
Stattdessen holte sie tief Luft.
»Ja, also …«, begann sie, platzierte ein Lächeln in ihrem Gesicht und wandte sich wieder an Adam und Eve. »Ihr kanntet meine Mutter? Wart ihr nicht noch schrecklich jung, als sie das Dorf verließ?«
Emily beobachtete, wie das Strahlen aus Eves hellbraunen Augen verschwand und fragte sich, wann sie eigentlich damit begonnen hatte, so unsensibel mit der Tür ins Haus zu fallen. Erst Rose, jetzt Eve – es musste für diejenigen, die ihre Mutter gekannt hatten, doch ungeheuer schwer sein, Emily hier vor sich zu sehen. Und zu erfahren, dass das lange vermisste Mitglied ihrer kleinen Gemeinde … nicht mehr war. Sie selbst lebte schon seit dreizehn Jahren mit diesem Wissen, für die Bewohner in Hollyhill war Esther praktisch gerade erst gestorben.
»Tut mir leid«, platzte Emily in der gleichen Sekunde he raus, in der Eve ansetzte: »Rose hat so oft von ihr gesprochen.«
Emily schwieg.
Eve warf einen Blick auf Adam, der ihr kaum merklich zunickte. »Es ist schon so lange her. Aber wir haben alle mitgefühlt. Wir … das Dorf ist nicht sehr groß. Es lebten nie sehr viele Menschen hier. Und wir kommen alle sehr gut miteinander aus.«
Emily sah Eve fest in die Augen. Was für eine merkwürdige Ansprache. Diese Frau war zu jung, um ihre Mutter zu kennen, oder nicht? Aber sie wusste etwas, das spürte Emily. Warum nur schien jeder hier im Ort etwas vor ihr verbergen zu wollen?
»Warum ist sie fortgegangen und nie mehr zurückgekehrt?« Sie sah den Schock in Eves Augen aufflackern, aber sie sprach einfach darüber hinweg. Es war leichter, ihr diese Fragen zu stellen als Grandma Rose. »Sie hat nie jemandem von Hollyhill erzählt«, fuhr Emily fort, »nicht einmal meinem Vater.« Ihr Herzschlag hatte sich beschleunigt, doch sie drehte sich dennoch ein Stück, um auch den Rest des Tisches in das Gespräch mit einzubeziehen. »Warum?«
Pfarrer Harry fand als Erster seine Sprache wieder. Er stand auf, um mit Emily auf gleicher Höhe zu sein.
»Wir wussten damals nicht, warum sie fortging, aber es war sicher nicht leicht für sie«, erklärte er. »Ich würde annehmen, dass sie es sich selbst nicht noch schwerer machen wollte, indem sie sich dauernd an ihre Heimat erinnerte.«
»Aber in ihrem Brief steht, dass sie das Dorf meinem Vater gegenüber nicht einmal erwähnt hat.« Emily schüttelte den Kopf. »So als wäre … als wäre es ein riesiges Geheimnis , wo sie herkam.« Sie hörte selbst, wie albern das klang, und trotzdem. Trotzdem. »Meine Güte, sie war ja schließlich nicht bei Scotland Yard«, murmelte sie schließlich.
Ihre Großmutter hüstelte. Sie erhob sich, schob sich an Joe vorbei und ging um den Tisch herum auf ihre Enkelin zu. »Nein, Kindchen, das war sie nicht«, sagte sie seufzend. Sie lächelte gequält. »Esther war meine Tochter, und alle, die sie kannten, haben sie sehr geliebt. Als sie fortging« – Rose stockte, und Emily konnte beinahe selbst spüren, wie sich das Herz ihrer Großmutter vor Schmerz zusammenzog. »Wir waren alle sehr betroffen«, fuhr sie leise fort. »Und auch wenn wir nicht nachvollziehen können, was sie zu diesem Schritt bewogen hat, hegt doch niemand einen Groll gegen sie. Wir alle haben ihr verziehen. Und wir alle heißen dich hier herzlich
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