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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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starrte auf das Fotoalbum in ihrer Hand. Sie öffnete den Deckel und begann noch einmal von vorne, ganz langsam dieses Mal.
    Ihre Mutter war auf fast jedem der Fotos abgebildet, so als habe man ihr dieses Album gewidmet, nachdem sie fortgegangen war. Obwohl die Motive und die Jahreszeiten wechselten, schienen die Aufnahmen doch relativ zeitnah voneinander gemacht worden zu sein – jedenfalls sah Esther auf allen Bildern in etwa gleich alt aus. Emily schätzte sie ein wenig älter als sich selbst, höchstens Anfang zwanzig.
    Konzentriert scannten Emilys Augen jedes einzelne Foto, bis sie fanden, wonach sie gesucht hatten.
    Das Bild zeigte ihre Mutter auf der Brücke zum Pfarrhaus. Die kirschroten Haare waren zu einem dicken Zopf geflochten, der ihr über eine Schulter fiel und sich leuchtend absetzte von dem weißen Sommerkleid, das sie trug.
    Sie lächelte in die Kamera und hatte die Arme weit ausgebreitet, so, als wolle sie den Fotografen an ihr Herz drücken.
    Sie sah wunderschön aus.
    Und im Hintergrund, vor dem Steincottage am Ende der Straße, da stand Matt.
    Der Matt, den sie gestern kennengelernt hatte und der in etwa so alt war wie sie selbst.
    Mit einem dumpfen Knall schlug Emily das Buch zu und schnappte nach Luft. Es war, als sei ihr erst mit diesem einen Bild klargeworden, was das Ganze bedeutete.
    Wobei.
    Was bedeutete das Ganze eigentlich?
    Ihre Mutter war seit dreizehn Jahren tot. Sie war vor mehr als dreißig Jahren von hier fortgegangen. Matt war in etwa so alt wie sie selbst. Und er war mit ihrer jungen Mutter von damals auf einem Foto.
    Was …?
    Emily schüttelte den Kopf. So sehr sie sich anstrengte, sie konnte einfach keine Erklärung finden.
    Weil nichts einen Sinn ergab.
    Ihre Hände hatten sich um das Album in ihrer Hand verkrampft. Jetzt lockerte sie ihren Griff und legte stattdessen je zwei Finger an beide Schläfen, um gegen das immer lauter werdende Pochen anzupressen.
    Bis auf diesen stechenden Schmerz fühlte sich ihr Kopf vollkommen leer an.
    Das Fotoalbum rutschte von Emilys Schoß und landete raschelnd zu ihren Füßen. Sie musste eingenickt sein. Träge richtete sie sich in dem tiefen Sessel auf und blinzelte. Es war finster in dem Zimmer, dabei hätte sie schwören können, dass sie das Licht nicht gelöscht hatte. Auch die Straßenlaternen vor dem Fenster waren inzwischen ausgeschaltet. Während sie sich langsam nach vorn beugte, um das Album vom Boden aufzuheben, nahm sie am anderen Ende des Raums eine Bewegung war. Sie kniff die Augen zusammen, konnte aber nichts erkennen.
    Emilys Herzschlag beschleunigte sich. Sie spürte, dass sie nicht allein im Zimmer war. Während sie mit der rechten Hand nach dem Schalter der Leselampe tastete, hörte sie zu ihrem Entsetzen schnelle Schritte auf sich zukommen. Sie ließ einen kurzen, entsetzten Schrei los, als sich eine Figur aus dem Schatten löste, war aber zu perplex, um aufzuspringen.
    Es dauerte keine Sekunde, dann war die schwarze Gestalt über ihr, packte ihren Kopf und drückte ihr ein Tuch auf den Mund. Es roch süß und schwer, und Emily presste stumm die Lippen aufeinander, um was auch immer ihr der Angreifer unter die Nase hielt, nicht einzuatmen.
    Stattdessen trat sie mit den Füßen und versuchte, sich mit den Armen freizukämpfen. Sie konnte kein Gesicht erkennen, aber sie war sich ziemlich sicher, dass nur ein Mann so stark sein konnte. Sie hatte überhaupt keine Chance. Und irgendwann musste sie doch atmen.
    Das aussichtslose Gerangel dauerte lediglich eine halbe Minute. So leise, dachte Emily noch, bevor sie nach Luft schnappte und die Betäubung sie in die Tiefe zog.
    Sie erwachte von ihrem eigenen Zähneklappern. In einer dämmrigen Traumwelt hatte Emily sich noch von dem andauernden Klack-Klack-Klack gestört gefühlt, bis allmählich die Erkenntnis in ihr Bewusstsein drang, dass sie selbst dieses Geräusch verursachte. Jeder der kleinen Schläge schickte ein neues Stechen in ihre Schläfe. Und sie fror so ungeheuerlich wie nie zuvor in ihrem Leben.
    Ganz allmählich wurde Emily klar, wo sie sich befand. Beziehungsweise, was ihr geschehen war. Zunächst zwang sie ihre Zähne dazu, stillzuhalten. Dann schlang sie ihre Arme fester um ihren Körper und zog die Beine noch näher zu sich heran. Sie lag in perfekter Embriohaltung auf dem eiskalten, feuchten Boden und starrte auf die Umrisse eines Fensters, das der fahle Schein der Morgendämmerung auf die Steine malte.
    Kein Keller, dachte sie seltsamerweise, und drückte

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