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Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)

Titel: Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Pilz
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auf legalem Wege erworben hatten, um das Motorrad wieder ihren rechtmäßigen Besitzern zukommen zu lassen. Silly hatte außerdem versprochen, ein wenig Geld zu hinterlegen – als Leihgebühr sozusagen und als kleines Dankeschön. Und eventuell als Rückzahlung dessen, was Matt der Zuckerdose über dem Herd entnommen hatte, denn letztlich hatte er doch zugegeben, woher die Pfundnoten stammten, mit denen er ihr Frühstück bezahlt hatte.
    Silly und Joe hatten nicht mit der Wimper gezuckt. Sie hatten versprochen, sich um alles zu kümmern, während Matt und Emily sich im »Bearbreak Inn« ein Zimmer nehmen und bis zum nächsten Morgen warten sollten. Bis dahin wollten die beiden herausgefunden haben, was Quayle im Anschluss an seinen Aufenthalt in Hollyhill plante und wie die anderen im Dorf gedachten damit umzugehen.
    Matt und Emily würden erfahren, wie und wo ihre Mutter auf Quayle treffen sollte. Und dann würden sie versuchen, dies zu verhindern. Das zumindest war Emilys Wissensstand. Sie konnte unmöglich sagen, was in Matts Kopf vor sich ging.
    Sie lehnte ihre Stirn an die kalte Scheibe des Fensterglases. Wäre sie aus einem anderen Grund hier, zu einer anderen Zeit, sie könnte sich in dieses Land verlieben, dachte sie. Wäre ihr Aufenthalt hier nicht begrenzt, womöglich würde sie …
    »Du gibst auch nicht sonderlich viel von dir preis, das ist dir klar, oder?« Emily zuckte zusammen, als Matt sie aus ihren Überlegungen riss. Sie drehte sich überrascht zu ihm um, sagte aber nichts.
    Matt räusperte sich. »Nur falls du dich fragst, mit was für einem Typen du hier gelandet bist.« Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich um und öffnete die Tür. »Ich kaufe ein paar Sachen ein«, murmelte er, »bis später.«
    Emily starrte einige Sekunden auf die Stelle, an der Matt eben noch gestanden hatte, dann wandte sie sich rasch wieder dem Fenster zu und linste am Vorhang vorbei nach draußen. Matt lief über den Hof auf das Motorrad zu, das sie vor der niedrigen Steinmauer hatten stehen lassen. Er zog die schwere Lederjacke fest um seinen Körper, seine dunklen Strähnen tanzten im Wind. Schließlich hob er eine Hand und bewegte die Finger wie zum Gruß, ohne sich umzudrehen.
    Emily ließ den Vorhang los und lehnte sich stattdessen mit dem Rücken gegen die Wand. Womöglich stimmte, was Matt sagte – sie hatte wirklich noch nicht viel von sich verraten. Und womöglich fuhr sie besser damit. Was hatte es für einen Sinn, sich Menschen anzuvertrauen, von denen sie sich doch bald wieder verabschieden musste?
    Gar keinen.
    Eben.
    Ein Holzstück knallte und stürzte polternd in sich zusammen. Emily stieß sich von der Wand ab, legte die drei Schritte zum Kamin zurück und kniete davor nieder. Sie schob die Scheite mit einem Schürhaken wieder zusammen und reckte ihr Gesicht in die warme Luft. Anschließend ließ sie sich im Schneidersitz vor dem Feuer nieder, streckte ihren Rücken und schloss die Augen.
    Sie verharrte einige Minuten in dieser Position, aber es wollte ihr nicht gelingen, sich zu entspannen. Es war, als jagten sich die Gedanken quer durch ihr Gehirn, und alle Anstrengung, sie auszublenden, nur für diesen einen Moment, machte es nur noch schlimmer.
    Was war los mit ihr? Sie spürte Ärger in sich aufkeimen, irgendetwas nagte an ihr. Und obwohl es schien, als hinterließe dieses Etwas nichts als Leere, fühlte sie alles andere als nichts .
    Ihr Schulabschluss lag noch nicht einmal eine Woche zurück, und ihr kam es so vor, als habe sich seither alles verändert.
    Alles .
    Seit sie den Brief ihrer Mutter zum ersten Mal gelesen hatte, seit sie in das Flugzeug nach London gestiegen und völlig unbedarft im Dartmoor aus dem Bus geklettert war. So erwartungsvoll. So naiv .
    Sie neigte ihren Kopf zur Seite, um den Nacken zu dehnen. Ihr Körper fühlte sich steif und unbeweglich an, so als habe sich all die Anspannung der vergangenen Tage an ihren Muskeln festgeklammert. Behutsam ließ sie den Kopf kreisen. In ihrem Inneren loderte die Unruhe.
    Emily seufzte. Was hatte sie sich vorgestellt, in England zu finden? Die Familie, die sie nie hatte? Die Kindheit, die ihr genommen worden war, als sie mit vier Jahren zur Waise wurde? Oder gar eine Zukunft, die etwas anderes für sie vorsah als sich hinter Büchern zu verstecken und hinter ihrer Angst, sich auf etwas einzulassen, dessen Risiko sie nicht abschätzen konnte?
    Frustriert schüttelte sie den Kopf. Die Wahrheit war, dass sie sich keinerlei Gedanken

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