Zurück nach Hollyhill: Roman (German Edition)
eingecheckt, wie wir vermutet haben«, murmelte Matt. Er saß im Schneidersitz auf dem Bett, Sillys Notizen in seinem Schoß, eine Hand im Nacken. Silly und Joe waren in Richtung Badezimmer verschwunden, um Vorbereitungen zu treffen – wofür, wollte Emily gar nicht erst wissen.
»Er scheint sich ziemlich sicher zu fühlen«, fuhr er fort, »denn offenbar hat er seinen richtigen Namen genannt – James Quayle.«
Beim Klang des Namens stellten sich Emilys Nackenhaare auf. Sie hob ihren Blick und traf den von Matt. Sie versuchte ein Lächeln und er tat es ihr gleich.
Sie waren schon einmal weniger unbeholfen miteinander umgegangen, so viel stand fest.
Matt räusperte sich. »Er blieb bis 18.30 Uhr in seinem Zimmer, dann fragte er Rose nach einer Möglichkeit, zu Abend zu essen, und sie schickte ihn ins ›Holyhome‹«, las er laut.
»Warum?«, fragte Emily.
Matt hob eine Augenbraue. »Warum was?«
»Warum haben sie ihn nicht gleich, ich weiß nicht, verhaftet? Sie wussten doch, was er getan hatte, oder? Joe, der Zeitungsartikel …«
»… die vielen Fragen. Wir können nicht einfach zur Polizei gehen, denn dann wären wir sehr schnell selbst Mittelpunkt des Interesses.« Matt schüttelte den Kopf. »In den allermeisten Fällen müssen wir allein klarkommen. Wir müssen herausfinden, was derjenige getan hat, was er plant und dann versuchen, das zu verhindern.«
»Wie?«
»Unterschiedlich.«
»Ich meine, wie findet ihr zum Beispiel heraus, was Quayle plant? Er setzt sich doch nicht zu Eve an die Bar und erzählt ihr, dass er ein Mädchenmörder ist und vorhat, morgen wieder eins zu töten.«
»Nicht zu Eve«, antwortete Joe, der plötzlich im Türrahmen aufgetaucht war, Silly im Schlepptau und eine durchsichtige Schüssel voller Fläschchen, Pinsel und Tücher in den Händen. »Aber Adam hat – sagen wir – eine besondere Gabe , nützliche Details aus jemandem herauszukitzeln.«
Er bedachte Matt mit einem strafenden Blick, ging auf Emilys Sessel zu und stellte die Utensilien neben ihr ab. Dann bedeutete er ihr, sich umzudrehen, nahm auf der Lehne Platz und begann, mit einer dicken Bürste ihre Haare zu kämmen.
»Was …«, machte Emily, doch Joe unterbrach sie.
»Es besteht kein Zweifel daran, dass dieser Quayle der Mörder ist. Und so wie es aussieht, hat er alle drei Mädchen auf dem Gewissen.« Er machte eine Pause, um Emilys Kopf mit sanftem Druck nach vorn zu beugen und ihre Haare aus der anderen Richtung zu bearbeiten.
»Joe!«, protestierte sie, doch der beachtete sie gar nicht.
»Alle drei waren achtzehn Jahre alt, brünett und trugen zu Zöpfen geflochtenes Haar«, fuhr er unbeirrt fort. »Und alle drei starben auf die gleiche Weise. Sie …«. Er stockte, und Silly vollendete den Satz für ihn: »Sie verbluteten«, sagte sie leise. »Alle drei verbluteten an zahllosen Skalpell-Schnitten, und alle drei starben auf den gleichen Steinfliesen eines alten Cottages in der Nähe von Hexworthy – obwohl er die Leichen später natürlich woanders versteckte.«
»Was ist das für ein Cottage?«, rief Emily dazwischen. »Und woher wisst ihr das alles?« Sie musste ein mittelschweres Handgemenge überstehen, um sich aus Joes Bürstengriff zu befreien, schließlich aber tauchte sie mit hochrotem Kopf auf und funkelte ihn böse an. Ihr Haare standen zu Berge. Matt verkniff sich ein Grinsen, das sah sie genau.
»Was für ein Cottage?«, wiederholte sie und wischte sich fahrig die Ponyfransen aus der Stirn.
Joe setzte wieder seinen Schmollmund auf. »Es tut mir leid, aber ich kann so nicht arbeiten«, maulte er, während Matt sich mit einem »Muss das denn wirklich sein?« einmischte, und Silly sich zu Emily herunterbeugte, um ihr etwas ins Ohr zu flüstern. »Du willst doch nicht, dass dich jemand erkennt, oder?«
Emily verschlug es die Sprache.
Silly lächelte sie an.
Was hatte das nun wieder zu bedeuten? Wusste Silly, wer sie war? Warum sonst warnte sie sie davor, erkannt zu werden? Woher konnte sie ahnen, dass ihre Eltern sie nicht sehen durften? Und warum schien hier eigentlich jeder alles über sie zu wissen – und sie selbst begriff gar nichts?
»Autsch!« Joe zupfte an einer ihrer Haarsträhnen, Silly richtete sich auf, der Bann war gebrochen.
»Interessant, dass du nach dem Cottage fragst«, erklärte sie in alter, eifriger Silly-Manier. »Pfarrer Harry hat beinahe die ganze Nacht gebraucht, um herauszufinden, wem es gehört und warum Quayle ausgerechnet dort mordet.« Sie machte eine
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