Zurückgeküsst (German Edition)
Schwester ist schlecht, okay?“
„Oh ja, ich muss die ganze Zeit spucken“, sagte Willa. „Würg,platsch. Sehr unangenehm.“
„Wie lange, denken Sie, wird das noch dauern?“, erkundigte sich die Frau stirnrunzelnd.
„Noch lange“, entgegnete Willa freundlich. „Aber es gibt noch eine weitere Toilette auf der anderen Seite der Lobby. Ups, da kommt gleich wieder was … Sie gehen jetzt besser!“
Das wirkte. „Gute Besserung“, sagte die Frau und verschwand.
Es erinnerte mich daran, warum Willa immer mit allem durchkam, was sie tat. Sie … nun ja, sie war einfach liebenswert. Konnte gut mit Menschen umgehen, war nett, freundlich, lustig. Ich konnte verstehen, warum Nick sie engagiert hatte … nicht um mir eins auszuwischen (obwohl man das nicht ganz ausschließen konnte), sondern einfach deshalb, weil Willa furchtbar lieb war.
Ich räusperte mich. „Willa, ist dir je in den Sinn gekommen, dass ich das gern gewusst hätte?“
Sie seufzte. „Es tut mir leid. Es war nur so, dass … Du und er, das ist doch so lange her. Und ich brauchte den Job wirklich dringend.“
„Und wie hast du Chris kennengelernt?“, wollte ich wissen. „Er kam an meinem ersten Tag ins Büro. Deshalb empfinde ich es auch als … du weißt schon. Schicksal.“ Sie fasste meine Hand. „Es tut mir leid. Ich war eben ziemlich verzweifelt.“
„Ich hätte dir doch geholfen.“
„Das wollte ich aber nicht.“
„Und warum konntest du dir von Nick helfen lassen und nicht von mir?“
„Weil er mich tatsächlich brauchte“, erwiderte sie ruhig. „Und du nicht.“
„Was für ein Blödsinn!“ Ich betrachtete mich kurz im Spiegel und wandte mich ab.
„Das ist kein Blödsinn. Es ist wahr, Harper. Du brauchst eigentlich niemanden.“
Wir schwiegen.
„Willard! Bist du noch da drin? Wir machen ein Spiel, Süße!
‚Onkel Otto in der Hochzeitsnacht‘! Komm schon, du Trantüte. Ist deine Schwester bei dir?“
„Ja, wir sind beide hier, BeverLee“, rief ich. „Wir kommen gleich.“
„Alles wieder gut?“, wollte Willa wissen.
Ich nickte. „Na klar.“
„Ich wollte es nicht geheim halten oder so … Ich wusste nur nicht, wie ich es dir sagen sollte.“
„Na ja, dass ich es beim Abendessen erfahre … war schon blöd.“
„Entschuldigung.“ Sie lächelte reumütig.
„Willa, ich will, dass du glücklich bist.“
„Ich weiß.“
„Seit du mir die tolle Neuigkeit mitgeteilt hast, haben wir kaum miteinander gesprochen. Ich möchte hier noch mal ausdrücklich erwähnen, dass ich … Ich mache mir große Sorgen, dass du die Heirat überstürzt und deshalb bald wieder eine Enttäuschung erleben wirst.“
„Und ich danke dir, dass du dich um mich sorgst“, erwiderte sie ruhig.
„Wenn du jemanden heiratest, den du kaum kennst, geht das meistens nicht gut aus. Und eine Scheidung ist … beschissen.“
„Das weiß ich, Harper. Ich bin doppelt so oft geschieden worden wie du.“
„Warum hast du es dann so eilig?“
„Wieso Zeit verschwenden? Wenn man jemanden liebt, sollte man zuschlagen. Und diesmal wird es keine Scheidung geben. Ich liebe Christopher wirklich sehr!“ Ihre Augen glänzten.
Ich versuchte, ruhig zu bleiben. „Raoul und Calvin hast du auch geliebt.“
„Christopher war noch nie im Gefängnis, und er ist definitiv nicht schwul. Außerdem bin ich jetzt älter und erfahrener. Okay? Kannst du dich nicht einfach für uns freuen? Ich weiß, es fällt dir schwer, zu vertrauen, aber ich tue es. Und du bist meine Brautjungfer, also hör auf, Trübsal zu blasen, ja?“
„Willa …“
„Und könntest du dich vielleicht auch dazu durchringen, nett zu Nick zu sein?“
Ich seufzte. „Ich war doch sehr zivilisiert. Und wir nehmen nachher sogar noch einen Drink zusammen.“
„Oh, das ist toll! Danke, Harper!“ Sie klatschte in die Hände, rutschte vom Waschtisch und rückte ihr Dekolleté zurecht – sie war ja schließlich BeverLees Tochter. „Du wirst schon sehen, Schwesterchen, alles wird gut.“ Dann zog sie trotz dieses Gesprächs glücklich und strahlend davon.
Wie es wohl war, so uneingeschränkt optimistisch zu sein? Ich konnte mich nicht erinnern, jemals dieses unbeschwerte Vertrauen gehabt zu haben wie Willa. Zumindest nicht, seit ich fünf war.
Ich betrachtete mich kritisch im Spiegel und erwartete fast, eine alte verwitterte Unglückshexe zu sehen oder Ebenizer Scrooge in Frauenkleidern. Aber das war nur ich mit meinem, wie alle fanden, hübschen Gesicht. Ich streckte mir
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