Zurückgeküsst (German Edition)
Stimme brach.
„Wie Sie?“
Als Antwort brachte ich nicht mehr als ein Hauchen zustande.
Pater Bruce schwieg eine oder zwei Minuten. „Aber Sie sind doch gar nicht so übel, meine Liebe.“
„Bin ich ein emotionaler Krüppel?“
Er lachte. „Tja, so habe ich das noch gar nicht betrachtet.
Lassen Sie uns mal lieber sagen, Sie sind in emotionalen Dingen vorsichtig, das gefällt mir besser.“
„Hören Sie, ich finde, dass ich nur realistisch bin. Außerdem meine ich, dass es so etwas wie ein Trainingslager für Heiratswillige geben sollte, vor der Hochzeit. Sie bieten so was doch an, oder?“
„Ja, einen Ehevorbereitungskurs“, bestätigte er.
„Denn das ist das ganze Problem. Niemand denkt mehr richtig nach. Sie stellen fest, hey, ich bin verliebt, alles ist toll, lass uns nach Vegas oder Montana oder wohin auch immer reisen und heiraten, und mit dem wirklichen Leben setzen wir uns später auseinander, und dann, bums, sitzen sie mit gebrochenen Herzen in meinem Büro und … sind emotional verkrüppelt.“ Ich schluckte wieder.
„Da haben Sie nicht ganz unrecht, meine Liebe“, erwiderte der Geistliche geduldig. „Aber was, wenn Ihre Schwester sich gar nicht scheiden lassen will? Was, wenn die beiden es schaffen? Und glücklich bis an ihr Lebensende zusammenleben?“
„Die Chancen dafür stehen schlecht, Pater.“
„Nein, Harper. Die Chancen stehen tatsächlich sehr gut. Nur ein Paar von dreien lässt sich scheiden, und das bedeutet, zwei bleiben zusammen.“
„Haben Sie auch Statistiken darüber, wie viele Ehen halten, wenn Braut und Bräutigam sich erst einen Monat kennen? Ich wette, da trennt sich mehr als ein Paar von dreien.“
„Ich versuche, Sie aufzumuntern, Harper. Aber Sie machen es mir nicht gerade leicht.“
„Oh. Danke. Tut mir leid.“
Er schwieg wieder eine Weile. „Haben Sie Ihren Exmann gesehen?“, fragte der gute Priester dann.
„Jep.“
„Und? Wie war’s?“
„Beschissen, Pater. Extrem beschissen.“
„Tut mir leid, das zu hören.“
Ich sah auf die Uhr und berechnete den Zeitunterschied. „Sie haben heute Bingo-Abend, oder?“
„Das stimmt.“
„Dann sollten Sie jetzt besser losgehen. Danke fürs Zuhören.“
„Dafür lebe ich. Rufen Sie morgen wieder an, ja? Ich will hören, wie es Ihnen geht.“
„Ach, das wird schon. Ihnen viel Spaß. Ich hoffe, Sie gewinnen!“
Seufzend steckte ich mein Handy zurück in die Tasche. Dann legte ich mich flach auf den Felsen, die Handtasche als Kissen unter dem Kopf.
Es wäre schön, jetzt weinen zu können, dachte ich. Normale Menschen weinten und schienen sich danach besser zu fühlen. Aber da ich ja offensichtlich emotional verkrüppelt war, konnte ich nicht weinen. Außerdem würde ich dann nicht die wunderbaren Sterne sehen – und die waren tatsächlich sehenswert! Hoch über mir zogen sie am dunkellila Firmament in all ihrer Herrlichkeit ihre Bahnen. Ein Meteor schoss über den Himmel und war wieder verschwunden, einfach so.
Vielleicht sollte ich hierherziehen. Eine Köchin auf einer Ranch werden oder so etwas … nicht, dass ich besonders gutkochen konnte. Na gut, ich konnte … Leuten bei der Scheidung helfen. Allen neunundzwanzig, die in Montana lebten. Aber wenn ich ausreißen … aussteigen wollte, müsste ich ein paar überlebenswichtige Dinge lernen. Vielleicht könnte ich Cowboy werden. Dann gäbe es nur mich und das Vieh und mein treues Pferd, das ich Seabiscuit nennen würde.
Aussteigen … das klang tatsächlich verlockend. In Zeiten wie diesen konnte ich nachempfinden, warum manche Menschen es taten. Dennis würde in null Komma nichts eine andere Frau finden, da machte ich mir keine Illusionen. Er liebte mich, sicher, aber er war auch nur ein Mann. Vielleicht würde er mich eine Weile vermissen, aber dann würde er eine andere finden, und zwar schnell. Das war unumgänglich, so wie die Frauen sich ihm an den Hals, die Brust oder sonstige Körperteile warfen, derer sie habhaft werden konnten.
Was BeverLee und Dad betraf … die würden mich auch nicht allzu sehr vermissen. Kim schon, aber sie würde sich schnell mit derjenigen anfreunden, die in mein Haus einzöge, so wie sie sich mit mir angefreundet hatte. Willa würde gelegentlich anrufen, vielleicht auch mal auf einer ihrer Reisen vorbeischauen, fröhlich und unbeschwert. Pater Bruce würde andere Seelen finden, die er retten konnte. Meine Kolleginnen und Kollegen würden mich ersetzen und nur noch hin und wieder an mich denken, wenn
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