Zusammen ist man weniger allein
das?«
»Eine Suppe.«
»Ja?« sagte Camille und versuchte den seltsamen, unappetitlichen Brei umzurühren.
»Eine Suppe nach Art des Hauses … Eine Art Borschtsch, wenn Sie so wollen.«
»Aaah! Perfekt«, wiederholte sie lachend.
Auch diesmal wieder ein nervöses Lachen.
TEIL 2
1
»Hast du mal zwei Minuten? Wir müssen reden.«
Philibert trank zum Frühstück immer heiße Schokolade, und sein größtes Vergnügen bestand darin, das Gas abzudrehen, kurz bevor die Milch überkochte. Mehr als ein Ritual oder eine Manie war es sein täglicher kleiner Sieg. Sein Heldenstück, sein heimlicher Triumph. Die Milch fiel in sich zusammen, und der Tag konnte beginnen: Er hatte die Situation im Griff.
Doch an diesem Morgen, verunsichert oder überfahren vom Ton seines Mitbewohners, drehte er den falschen Knopf. Die Milch lief über, und ein unangenehmer Geruch verbreitete sich im Raum.
»Pardon?«
»Ich sagte: Wir müssen reden.«
»Reden wir«, antwortete Philibert ganz ruhig und weichte den Topf ein, »ich höre.«
»Wie lange bleibt sie hier?«
»Wie bitte?«
»Komm, tu nicht so! Dein Mäuschen? Wie lange bleibt sie noch hier?«
»Solange sie es wünscht …«
»Du bist in sie verknallt, stimmt’s?«
»Nein.«
»Lügner. Ich seh doch, welchen Zirkus du aufführst. Deine feinen Manieren, dein Burgherrengehabe und alles.«
»Bist du eifersüchtig?«
»Um Gottes willen! Das fehlte noch! Ich eifersüchtig auf einen Haufen Knochen? He, hier steht ja wohl nicht Abt Pierre drauf!« sagte er und zeigte auf seine Stirn.
»Nicht eifersüchtig auf mich, eifersüchtig auf sie. Möglicherweise fühlst du dich hier ein wenig bedrängt und hast keine Lust, deinen Zahnputzbecher einige Zentimeter weiter nach rechts zu schieben?«
»Er nun wieder, mit seinen großen Sprüchen. Jedesmal, wenn du den Schnabel aufmachst, klingt das so, als sollten deine Worte irgendwo aufgeschrieben werden, so toll hört es sich an.«
»…«
»Moment, ich weiß, das hier ist deine Wohnung, das weiß ich. Das ist nicht das Problem. Du lädst ein, wen immer du willst, du beherbergst, wen du willst, du machst hier auch die Suppenküche für Obdachlose, wenn du Bock drauf hast, aber Scheiße, Mann, ich weiß nicht … ir zwei waren doch ein gutes Team, oder?«
»Findest du?«
»Ja, finde ich. Okay, ich hab meinen Kopf und du hast deine bescheuerten Zwangsvorstellungen, deine Schrullen, deine Macken, aber insgesamt lief es bis heute doch ganz gut.«
»Und warum sollte sich das jetzt ändern?«
»Pfff … Da sieht man, daß du die Weiber nicht kennst. Keine Angst, ich sag das nicht, um dich zu beleidigen, okay? Aber es stimmt halt. Setz irgendwo ’ne Tussi hin, und sofort gibt’s Chaos, Alter. Alles wird kompliziert, alles wird nervig, und selbst deine besten Kumpels sind irgendwann eingeschnappt, weißt du? Was lachst du denn?«
»Wie du dich ausdrückst. Wie ein Cowboy. Ich wußte nicht, daß ich dein … dein Kumpel bin.«
»Okay, laß gut sein. Ich finde nur, du hättest es mir vorher sagen können, das ist alles.«
»Ich wollte es dir sagen.«
»Wann?«
»Hier, jetzt, über meinem Kakao, wenn du mir die Zeit gelassen hättest, ihn zuzubereiten.«
»Entschuldige mich. Das heißt, nein, Scheiße, du kannst mich nicht entschuldigen, stimmt’s?«
»Richtig.«
»Mußt du zur Arbeit?«
»Ja.«
»Ich auch. Beeil dich. Ich geb dir unten eine Schokolade aus.«
Als sie schon im Hof waren, spielte Franck seine letzte Karte aus:
»Außerdem wissen wir gar nicht, wer sie ist. Wir wissen nicht mal, wo die Kleine herkommt.«
»Ich will dir zeigen, wo sie herkommt. Komm mit.«
»Tzz … Glaub nicht, daß ich die sieben Etagen zu Fuß hochlatsche.«
»Doch, genau das glaube ich. Komm mit.«
Es war das erste Mal, seit sie sich kannten, daß Philibert ihn um etwas bat. Er schimpfte vor sich hin und folgte ihm zur Hintertreppe.
»Verflucht, ist das kalt hier drin!«
»Das ist noch gar nichts. Wart nur, bis wir unterm Dach sind.«
Philibert öffnete das Vorhängeschloß und stieß die Tür auf.
Franck sagte einige Sekunden lang gar nichts.
»Hier haust sie?«
»Ja.«
»Bist du sicher?«
»Komm, ich zeig dir noch etwas.«
Er führte ihn zum Ende des Flurs, stieß mit dem Fuß
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