Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
disputiren. Ich habe meine Meinung gesagt, Sie haben mich gehört. Was haben Sie zu erwidern?«
    Man mußte offenbar zum Schluß kommen, und Ausflüchte waren mir zuwider.
    »Freund Ned, sagte ich, ich will Ihnen meine Antwort sagen. Sie haben Recht gegen mich, und meine Gründe können gegen die Ihrigen nicht Stich halten. Auf den guten Willen des Kapitäns Nemo darf man nicht rechnen. Die gewöhnlichste Klugheit verbietet ihm, uns in Freiheit zu setzen. Dagegen räth die Klugheit, daß wir die erste Gelegenheit benutzen, den Nautilus zu verlassen.
    – Richtig, Herr Arronax, das heißt verständig gesprochen.
    – Nur, sag’ ich, eine Bemerkung, eine einzige. Die Gelegenheit muß eine ernstliche sein. Unser erster Fluchtversuch muß glücken; denn wenn er fehl schlägt, werden wir die Gelegenheit zu einem abermaligen Versuch nicht wieder bekommen, und der Kapitän Nemo wird uns nicht verzeihen.
    – Alles dies steht richtig, erwiderte der Canadier. Aber Ihre Bemerkung gilt für jeden Fluchtversuch, mag er in zwei Jahren oder in zwei Tagen stattfinden. Folglich kommt die Frage immer darauf hinaus: wenn eine günstige Gelegenheit sich darbietet, muß man sie ergreifen.
    – Einverstanden. Und nun, sagen Sie mir, was verstehen Sie unter einer günstigen Gelegenheit?
    – Wenn bei einer dunkeln Nacht der Nautilus einer europäischen Küste nahe käme.
    – Und Sie würden versuchen, durch Schwimmen zu entkommen?
    – Ja, wenn wir einem Ufer nahe genug wären, und wenn der Nautilus auf der Oberfläche führe. Nein, wenn wir zu fern wären, und wenn wir unter’m Wasser führen.
    – Und in diesem Falle?
    – In diesem Falle würde ich mich bemühen, in Besitz des Bootes zu gelangen. Ich verstehe es zu führen. Wir würden uns in’s Innere schleichen, die Zapfen wegnehmen und uns wieder auf die Oberfläche begeben, ohne daß selbst der vorne befindliche Steuermann unsere Flucht bemerkte.
    – Gut, Ned. Spüren Sie diese Gelegenheit aus; aber behalten Sie im Sinn, daß ein Fehlschlagen unser Verderben wäre.
    – Das werd’ ich nicht vergessen, mein Herr.
    – Und jetzt, Ned, wollen Sie meine Gedanken über Ihr Project vollständig kennen?
    – Gerne, Herr Arronax.
    – Nun, ich denke – ich sage nicht hoffe, – ich denke, daß diese günstige Gelegenheit sich nicht ergeben wird.
    – Weshalb?
    – Weil der Kapitän Nemo sich nicht verhehlen kann, daß wir die Hoffnung, unsere Freiheit wieder zu erlangen, nicht aufgegeben haben, und daß er achtsam sein wird, zumal in den Meeren und an den Küsten Europa’s.
    – Ich theile meines Herrn Ansicht, sagte Conseil.
    – Wir werden’s wohl sehen, erwiderte Ned-Land, der mit entschiedener Miene den Kopf schüttelte.
    – Und jetzt, Ned-Land, fügte ich hinzu, bleiben wir dabei. Kein Wort weiter über das alles. Wenn Sie dazu gerüstet und bereit sind, melden Sie’s uns, und wir werden uns Ihnen anschließen. Ich verlasse mich gänzlich auf Sie.«
    Diese Unterredung, welche später so schwere Folgen haben sollte, schloß also. Ich darf jetzt sagen, daß die Thatsachen mein Voraussehen zu bestätigen schienen, zur großen Verzweiflung des Canadiers. Mißtraute uns der Kapitän Nemo in diesen vielbesuchten Meeren, oder wollte er sich nur dem Angesicht der vielen Schiffe aller Nationen, welche das Mittelländische befahren, entziehen? Ich weiß es nicht, aber er hielt sich meistens in mäßiger Tiefe unter Wasser und weit ab von den Küsten. Der Nautilus fuhr entweder so unter Wasser, daß nur des Steuermanns Gehäuse hervorragte, oder er verschwand in große Tiefen, denn zwischen dem griechischen Archipel und Kleinasien fanden wir bei zweitausend Meter noch keinen Grund.
    Am 14. Februar beschloß ich, einige Stunden darauf zu verwenden, die Fische des Archipelagus zu studiren; aber, aus irgend welchem Grunde blieben die Läden geschlossen. Wir fuhren in der Richtung nach der Insel Kandia. Am Abend befand ich mich mit dem Kapitän allein im Salon. Derselbe schien voll Gedanken, schweigsam. Dann ließ er die beiden Läden öffnen, ging von einem zum andern und beobachtete sorgfältig die Gewässer. Diese Insel war, als ich auf dem Abraham Lincoln mich einschiffte, in vollem Aufstande gegen den türkischen Despotismus; ich hatte aber nie mit dem Kapitän Nemo davon gesprochen, da er ja außer Verbindung mit der Oberwelt war. Ich machte mich an die Betrachtung der Fische, und es fielen mir gleich einige schon im Alterthum bekannte Arten auf. Unter andern sah ich den schon von

Weitere Kostenlose Bücher