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Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer

Titel: Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Frühstück an die Arbeit, und war bis fünf Uhr mit meinem Tagebuch beschäftigt. Dann empfand ich eine so außerordentliche Hitze, daß ich mein Byssuskleid ablegen mußte. Unbegreiflich, denn wir befanden uns nicht unter Breitegraden von hoher Temperatur, und zudem durfte der Nautilus in der Tiefe eine Erhöhung derselben nicht verspüren. Ich sah auf das Meer-Manometer. Es zeigte eine Tiefe von sechzig Fuß, wohin die atmosphärische Luft nicht hätte dringen können.
    Ich fuhr fort zu arbeiten, aber die Temperatur stieg dermaßen, daß es nicht zum Aushalten war.
    »Sollte ein Brand an Bord sein?« fragte ich mich.
    Ich war im Begriff, den Salon zu verlassen, als der Kapitän Nemo eintrat. Er trat zum Thermometer, sah nach und sprach zu mir:
    »Zweiundvierzig Grad.
    – Ich spür’ es wohl, Kapitän, erwiderte ich, und sollte diese Hitze noch steigen, so können wir’s nicht aushalten.
    – O, Herr Professor, diese Hitze wird nur dann steigen, wenn wir wollen.
    – Sie können sie also nach Belieben ändern?
    – Nein, aber ich kann mich von der Quelle derselben entfernen.
    – Also kommt sie von außen?
    – Ja wohl. Wir fahren in siedendem Wasser.
    – Ist’s möglich? rief ich aus.
    – Schauen Sie her.«
    Die Läden öffneten sich, und ich sah das Meer um den Nautilus herum ganz weiß. Dicke Schwefeldünste entwirbelten inmitten der Wogen, welche sprudelten wie siedendes Wasser im Kessel. Ich hielt meine Hand an eins der Fenster, aber es war so heiß, daß ich sie zurückziehen mußte.
    »Wo befinden wir uns? fragte ich.
    – Nächst der Insel Santorin, Herr Professor, erwiderte der Kapitän, und gerade in dem Canal, welcher Nea-Kamenni von Palea-Kamenni scheidet. Ich wollte Ihnen den merkwürdigen Anblick eines unterseeischen Vulkanausbruchs gewähren.
    – Ich meinte, sagte ich, die Bildung dieser neuen Inseln sei fertig.
    – In vulkanischen Gegenden ist nie etwas fertig, erwiderte der Kapitän Nemo, und die Arbeit der unterirdischen Feuer dauert da stets fort. Bereits im Jahre neunzehn unserer Zeitrechnung zeigte sich, nach Cassiodorus und Plinius, eine neue Insel, die göttliche Theia, an derselben Stelle, wo sich neuerdings diese Eilande bildeten. Nachher versank sie wieder, um im Jahre neunundsechzig wieder zu erscheinen und dann abermals zu versinken. Seit jener Zeit bis auf unsere Tage war die plutonische Arbeit unterbrochen. Aber am 3. Februar 1866 tauchte ein neues Eiland, dem man den Namen Georgsinsel gab, aus den Schwefeldünsten auf nächst Nea-Kamenni, und vereinigte sich mit dieser am 6. desselben Monats. Sieben Tage nachher, am 13. Februar, erschien das Inselchen Aphroessa so nahe bei Nea-Kamenni, daß nur ein Canal von zehn Meter dazwischen blieb. Ich befand mich, während diese Naturerscheinung sich begab, in diesen Meeren, und ich konnte alle ihre Phasen beobachten. Das Eiland Aphroessa war von runder Gestalt und hatte dreihundert Fuß Durchmesser bei dreißig Fuß Höhe. Es bestand aus schwarzer glasartiger Lava, verbunden mit Feldspathstücken. Endlich, am 10. März, zeigte sich noch ein kleineres Inselchen, Reka genannt, nahe bei Nea-Kamenni, und seitdem bilden diese drei zusammengelötheten Eilande nur eine einzige Insel.
    – Und der Canal, worin wir uns in dem Augenblick befinden? fragte ich.
    – Hier ist er, erwiderte der Kapitän Nemo, und wies auf eine Karte des Archipel. Sie sehen, daß ich die neuen Inselchen darauf eingetragen habe.
    – Aber dieser Canal wird sich einmal ausfüllen?
    – Wahrscheinlich, Herr Arronax, denn seit 1866 sind acht kleine Lava-Eilande dicht vor dem Hafen St. Nicolas zu Palea-Kamenni aufgetaucht. Es ist also klar, daß Nea und Palea in kurzer Zeit sich vereinigen werden. Wie im Stillen Ocean die Continente durch Infusorien gebildet werden, so geschieht es hier durch vulkanische Ausbrüche. Sehen Sie, mein Herr, so vollzieht sich die Arbeit unter diesen Wogen.«
    Ich trat wieder an’s Fenster. Der Nautilus fuhr nicht weiter. Die Hitze ward unerträglich. Die weiße Farbe des Meeres wurde roth durch Hinzukommen eines Eisensalzes. Trotzdem, daß der Salon hermetisch verschlossen war, entwickelte sich ein unerträglicher Schwefelgeruch, und ich bemerkte scharlachrothe Flammen, die so lebhaft waren, daß der Glanz des elektrischen Lichtes sich darin verlor.
    Ich war über und über in Schweiß, war am Ersticken. Wahrhaftig, ich fühlte, wie ich im Begriff war zu braten!
    »Man kann in diesem siedenden Wasser nicht länger verweilen, sagte ich zum

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