Zwanzigtausend Meilen unter'm Meer
dem Mahl Ehre zu machen. Es bestand aus verschiedenen Fischen und Stücken Holothurien, trefflichen Thierpflanzen, Bei essen von eröffnenden Algen. Zum Trunk diente klares Wasser, worin ich nach dem Beispiel des Kapitäns einige Tropfen Liqueur mischte, der, wie zu Kamtschatka, aus einer Algenart gewonnen war.
Der Kapitän Nemo aß zuerst, ohne ein Wort zu sprechen. Dann sagte er:
»Herr Professor, als ich Ihnen den Vorschlag einer Jagdpartie auf der Insel Crespo machte, glaubten Sie, ich sei mit mir selbst im Widerspruch. Als ich Ihnen mittheilte, daß es sich um unterseeische Wälder handle, haben Sie mich für einen Narren angesehen. Herr Professor, man muß nie so leicht ein Urtheil über die Menschen fassen.
– Aber, Kapitän, glauben Sie …
– Hören Sie mich gefälligst an, dann werden Sie sehen, ob Sie mir Widerspruch mit mir selbst, oder Narrheit vorwerfen dürfen.
– Ich höre Sie an.
– Herr Professor, Sie wissen so gut, wie ich, daß der Mensch unter dem Wasser leben kann, wenn er seinen Bedarf an Luft zum Einathmen bei sich hat. Bei unterseeischen Arbeiten bekommen die Werkleute in wasserdichter Kleidung und den Kopf in einer metallenen Kapsel, die Luft von außen vermittelst Druckpumpen und Luftregulatoren.
– Sie meinen den Skaphander-Apparat, sagte ich.
– Allerdings, aber unter diesen Bedingungen ist der Mensch nicht frei. Er ist an die Pumpe gebunden, welche ihm die Luft durch einen Schlauch von Kautschuk zusendet, eine wirkliche Kette, die ihn an die Erde fesselt, und wären wir so an den Nautilus gebunden, so würden wir nicht weit kommen.
– Und wie kann man sich frei machen? fragte ich.
– Durch den Apparat Rouquayrol-Denayrouze, den zwei Ihrer Landsleute ersonnen, ich aber für meinen Gebrauch verbessert habe, so daß man im Stande ist, sich in diese neue physiologische Lage zu wagen, ohne daß die Organe irgend dabei zu leiden haben. Es besteht in einem Behälter von dickem Blech, worin ich die Luft unter einem Druck von fünfzig Atmosphären zusammenpresse und aufbewahre. Dieser Behälter wird mit Tragriemen, wie ein Tornister, auf dem Rücken befestigt. Sein oberer Theil bildet eine Kapsel, woraus die Luft vermittelst einer Balg-Vorrichtung nur in normaler Spannung herausdringen kann. Bei dem Apparat Rouquayrol, so wie er in Gebrauch ist, laufen zwei Kautschukröhren von dieser Kapsel aus zu einer Art von Gehäuse, welches die Nase und den Mund dessen, welcher ihn gebraucht, umgiebt; der eine dient, um die einzuathmende Luft herbeizuleiten, der andere, um die ausgeathmete fortzuschaffen, und die Zunge schließt nach Bedürfniß des Einathmens, den einen oder den andern. Ich aber, der es mit einem so bedeutenden Druck auf dem Meeresgrund zu thun habe, habe meinen Kopf, wie den der Skaphander, mit einer Hohlkugel von Kupfer umgeben müssen, und in dieser Kugel endigen die beiden zum Einathmen bestimmten Röhren.
Ich ließ mir das Mahl schmecken. (S. 126.)
– Vollkommen richtig, Kapitän Nemo; aber die Luft, welche Sie mitnehmen, muß sich doch bald verbrauchen, und sobald sie nur noch fünfzehn Procent Sauerstoff enthält, wird sie zum Einathmen unbrauchbar.
In voller Rüstung. (S. 132.)
– Allerdings, aber wie ich Ihnen gesagt habe, Herr Arronax, vermittelst der Pumpen des Nautilus bin ich im Stande, sie sehr bedeutend zusammenzupressen, und unter diesen Bedingungen kann der Behälter des Apparats für neun bis zehn Stunden athmungsfähige Luft liefern.
– Nun habe ich keinen Einwand mehr. Nur frage ich noch, Kapitän, wie können Sie Beleuchtung für Ihren Weg so tief im, Meeresgrund schaffen?
– Mit dem Ruhmkorff’schen Apparat, Herr Arronax. Wie der andere auf dem Rücken, so befestigt man diesen am Gürtel. Er besteht aus einer Bunsen’schen Säule, welche ich nicht mit doppeltchromsaurem Kali, sondern mit Sodium in Thätigkeit setze. Eine Inductionsröhre sammelt die erzeugte Elektricität und leitet sie zu einer Laterne von eigenthümlicher Einrichtung.
In dieser Laterne befindet sich eine gläserne Serpentine, welche nur einen Rest von Kohlensäure enthält. Wenn der Apparat in Thätigkeit tritt, wird dieses Glas leuchtend und giebt ein weißliches andauerndes Licht. Auf diese Art versehen kann ich athmen und sehen.
– Kapitän Nemo, auf alle meine Einwendungen haben Sie so überwältigende Antworten, daß ich nicht mehr zu zweifeln wage. Jedoch bin ich auch genöthigt, den Apparaten von Rouquayrol und Ruhmkorff ihre Geltung zu
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