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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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Kopfschütteln.
    „Das ist dumm von dir, sehr dumm! Ich will dir doch helfen, Junge!“
    Lutz wollte sich aber nicht helfen lassen, auf gar keinen Fall.
    Da hob die Dame bedauernd die Schultern und wandte sich zum Gehen.
    „Dann eben nicht“, sagte sie. „Aber höre, sollte es ganz schlimm werden, bei euch in Bremerhaven, gehst du zum dortigen Jugendamt. Da hilft man dir bestimmt, glaub es mir!“
    Und schon schritt sie mit ihrem Dackel davon.
    Lutz blickte ihr unsicher nach. Als er sich zu Joachim umdrehte, stand plötzlich ein älterer Mann neben ihm, ein Mann in einem schäbigen, fleckigen Sommermantel. Er stützte sich auf einen Stock und atmete heftig, wie jemand, der erschöpft ist.
    „Hast du das verstanden?“ stieß er hervor. „Hast du das, was die elegante Fürsorgerin gesagt hat, verstanden, ja? Dann bewege es in deinem Herzen und befolge es! Sie meint es gut mit dir, sehr gut! Sie ist nämlich eine edle Frau! Sie hat einen Mann zu Haus, ein Auto und einen Geschirrspüler. Sonntags geht sie in die Kirche, und werktags führt sie ihren Hund spazieren, und sie spendet regelmäßig etwas für Menschen in Not, in Afrika und Südamerika und überall. Da kann sie natürlich für Kinder, die von ihren Eltern mißhandelt werden, weil sie 20 Mark verloren haben, nicht auch noch etwas spenden, das muß man doch verstehen! Eine Fürsorgerin kann ja nicht für alle sorgen! Oh, wie ich diese scheinheiligen Puten hasse! Komm, Junge, halt die Hand auf, es müßte doch mit dem Teufel zugehen, wenn ich nicht noch 20 Mark aus meinen Taschen zusammenkratze!“
    „Aber nein doch!“ stammelte Lutz. „Bitte, lassen Sie das!“
    Der Mann kümmerte sich nicht darum. Er fischte aus den beiden Taschen seines abgewetzten Mantels einige Münzen hervor, griff dann in die Taschen seiner Jacke, förderte von dort einiges Hartgeld ans Licht und durchwühlte zu guter Letzt auch noch seine Hosentaschen.
    „Nun wollen wir mal zählen“, sagte er. „Streck die Hand aus!“
    Lutz wäre vor Scham am liebsten davongelaufen, der Mann jedoch bestand darauf, daß er ihm die offene Hand hinhielt.
    „5 Mark, 7, 9,11“, zählte er. „Das ist schon mal was. Ah, hier sind ja noch zwei Silberdollars! 12,13,13 fünfzig, 14! Verflixt, hoffentlich reicht es!“ Und nun zählte er Lutz die Zehn- und Fünfpfennigstücke in die Hand. Als er zum Schluß auch noch die Pfennige dazulegte, kam er auf 18 Mark 7. „Verdammt, es langt nicht!“ rief er. „Was machen wir nun?“ Er sah Lutz mit zusammengekniffenen Augen an. „Warte mal!“ jauchzte er plötzlich. „Junge, ich hab’s! Sagtest du nicht, du solltest für deinen Vater Zigaretten kaufen?“
    Lutz nickte.
    „Gut!“ rief der Mann. „Welche Sorte raucht er denn?“ Lutz schluckte. Mit einer solchen Frage hatte er nicht gerechnet, und darum fiel ihm im Augenblick keine einzige Zigarettenmarke ein. Aber da ließ Joachim, der während der ganzen Szene wortlos neben dem Mann gestanden hatte, sich hören.
    „Sein Vater raucht Rothändle“, rief er hastig, „aber er nimmt auch Lux oder Peter Stuyvesant, so genau kommt es ihm nicht darauf an.“
    „Gut, gut“, sagte der Mann, „die soll er haben. Kommt, drei Straßen von hier ist ein Geschäft, wo ich die Zigaretten auch kriege, wenn ich erst nächste Woche bezahle.“ Er winkte den beiden zu und humpelte an seinem Stock voran.
    Zehn Minuten später drückte er Lutz eine Packung Zigaretten in die Hand. „Hier“, sagte er, „bring sie deinem Vater! Und beeil dich mit dem Erwachsenwerden, damit du aus dem Haus kommst und er dich nicht mehr verhauen kann.“
    „Sie können mir doch nicht Ihr letztes Geld geben!“ rief Lutz. „Das kann ich auf keinen Fall annehmen!“
    Der Mann tippte ihm mit dem Stock vor die Brust. „Nimm es ruhig“, sagte er, „übermorgen ist die nächste Rente fällig, bis dahin werde ich schon nicht verhungern. Und damit du es weißt, ich geb’ dir das Geld nur, weil ich auch mal ein gutes Werk tun möchte wie die feinen Leute. Ich bin nämlich ein sündiger Mensch, und vielleicht wird mir dafür ein Platz im Himmel reserviert.“ Er winkte noch einmal mit dem Stock und humpelte davon.
    Lutz sah auf die vielen Münzen in seiner linken und die Zigaretten in seiner rechten Hand hinab und fühlte sich todunglücklich.
    „Weißt du, wie ich mir vorkomme?“ sagte er zu Joachim. „Wie das gemeinste Schwein! Am liebsten würde ich dem Mann das Geld zurückgeben und den Rest, den wir noch haben, dazu.“
    „Red

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