Zwei auf Achse
bemerkten sie, daß die dort aufgestapelten Steine von einer dicken Plastikhaut überzogen waren, die von den Arbeitern einfach aufgeschlitzt wurde, bevor die Ladung in die Höhe schwebte. „Mensch“, rief Joachim, „wenn wir uns zwei, drei von diesen Folien besorgen, können wir unsere Höhle sogar regensicher ausbauen! Hier, faß mal an, das ist eine ganz feste Ware!“
Die Männer erlaubten ihnen, sich so viele von den Plastikhäuten zu nehmen, wie sie wollten. Lutz bedankte sich, faltete drei zusammen und stopfte sie in eine vierte. Er fischte ein Band aus der Hosentasche, schlang es herum und klemmte das Bündel unter den Arm. Dann winkte er Joachim zu und trat wieder auf die Straße.
„Ich komm ja schon!“ rief der und lief seinem Freund nach. Da fand er im Rinnstein unmittelbar vor der Baustelleneinfahrt, von Straßenstaub und Zement halb verdeckt, ein handliches Zimmermannsbeil.
„Ei, was läuft mir denn da über den Weg?“ rief er, indem er sich bückte und es aufhob. „Das hat uns zum Bau unserer Höhle gerade noch gefehlt! Guck dir das Schmuckstück an! Ein toller Fund, was? Mit der scharfen Seite kannste Bäume fällen und mit der stumpfen Nägel in die Wand schlagen und Pfähle in die Erde rammen!“ Seelenruhig ließ er es unter seinem Parka verschwinden.
Lutz blickte sich vorsichtig um.
„Mensch, das hat bestimmt jemand verloren“, flüsterte er. „Wenn die Arbeiter es vermissen, ist der Teufel los. Die laufen glatt hinter uns her und verhauen uns!“
„Schon möglich“, sagte Joachim grinsend. „Aber erst suchen sie die ganze Baustelle ab. Bis sie hier auf die Straße ‘rauskommen, sind wir schon fünfzig Meilen mit der Bimmelbahn gezuckelt. Außerdem tun wir doch nichts Unrechtes! Wir bringen das Beil nämlich aufs Fundbüro, wenn uns einer fragen sollte. Und da gehören Fundsachen ja wohl hin, oder?“
Auf dem Bahnhof studierten sie die Streckenkarte, die neben einem Schalter an der Wand hing, und kamen überein, nach Straubing zu fahren und von dort weiter mit dem Vorortzug in Richtung Miltach. Unterwegs wollten sie dann einfach irgendwo aussteigen, möglichst da, wo der Wald schon neben der Eisenbahn begann. Damit der Weg zu ihrem Nachtquartier nicht mehr so weit war!
Und das Glück war wieder auf ihrer Seite!
Im Eilzug schlüpften sie sofort, als die anderen Fahrgäste noch nach einem Abteil suchten und keine Augen für ihre Mitreisenden hatten, in die Toilette und blieben dort während der ganzen Fahrt. Sie ließen die Tür zwar unverriegelt, Joachim stellte aber einen Fuß davor, so daß kein Reisender sie überraschen konnte. Als der Zug nach etwa 20 Minuten seine Geschwindigkeit herabsetzte, sagte Joachim: „Das muß Straubing sein. Los, ‘raus jetzt!“
Tatsächlich gelangten sie unangefochten auf den Bahnsteig. Dort verschwanden sie erst einmal in der Unterführung und warteten die Weiterfahrt des Zuges ab. Dann schauten sie nach, von welchem Gleis der Zug nach Miltach fuhr, setzten sich auf eine Bank, tranken Sprudel und aßen ein Stück Brot. Eine knappe halbe Stunde später bestiegen sie den Vorortzug. Da er in Straubing eingesetzt wurde, mußte der Schaffner alle Fahrgäste kontrollieren und brauchte viel Zeit. Das kam ihnen zustatten, denn in dem Großraumwagen konnten sie sich nicht so leicht verstecken. Sie beobachteten ihn durch die Schiebetür und stiegen, als er in ihre Nähe gekommen war, einfach aus. Zu ihrem Glück wurde der Schaffner gerade durch eine Nachlösung abgelenkt. Hätte er sie bemerkt, wäre er ihnen möglicherweise nachgelaufen.
„Na also“, sagte Joachim, „jetzt sind wir in Bärndorf. Was wollen wir mehr? Wo du hinguckst, ist Wald. Wer weiß, ob wir es so gut getroffen hätten, wenn wir noch weitergefahren wären.“
„Mensch, Mensch“, flüsterte Lutz, „das kostet ganz schön Nerven! Guck mal, ich zittere richtig!“
„Alles halb so schlimm“, schwächte Joachim ab. „Wenn wir erst in unserm selbstgezimmerten Bungalow sitzen und dem süßen Gezwitscher der Vögelein lauschen, ist alle Angst wie weggeblasen.“
Es war drei Uhr. Der Ort lag verlassen in der Sonnenhitze. Nur ein radfahrender Junge klingelte an ihnen vorbei. Sie verließen die Straße und bogen in einen Weg ein, der in den Wald führte. „Wir brauchen ein Stelle, wo es Wasser gibt und Nadelbäume“, sagte Joachim. „Noch besser wäre vielleicht ein Mischwald mit ein paar Fichten mittendrin. Wenn du da reinkriechst, bist du selber gut geschützt und kannst
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