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Zwei auf Achse

Zwei auf Achse

Titel: Zwei auf Achse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Schrader
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fingen sofort an. Darum konnten wir schon nach einem Jahr gemeinsamer harter Arbeit unser Haus beziehen und uns einrichten in unserm kleinen Paradies.“
    „Was denn“, fragte Joachim, „Sie haben das hier alles selbst gebaut, gemauert und gezimmert und so?“
    „Natürlich“, sagte Herr Tepel. „Oh, das war eine schöne Arbeit, schwer, aber schön. Wir sahen ja unser Werk täglich wachsen! Als wir eingezogen waren, schafften wir uns Tiere an, erst die Hühner, dann ein Pferd und einen Hund. Nicht Ferdinand, sondern Lux, seinen Vorgänger. Das Pony, das jetzt hinten im Stall steht, war natürlich auch nicht das erste. Wir mußten uns sehr abrackern und kamen anfangs überhaupt nicht zur Ruhe in unserer Einsiedelei. Wir gruben den Brunnen, bauten Stallungen, fällten Bäume und legten Ackerland an. Aber wir arbeiteten nicht verbissen, sondern mit Freude. Waren wir einen Tag nicht in Form oder hatten einfach keine Lust, uns zu bewegen, so blieben wir auch mal im Bett oder setzten uns in die Sonne oder in den Schatten und freuten uns aneinander. Da meine Frau ihren Dienst als Krankenschwester natürlich aufgegeben hatte, mußten wir mit meiner Versehrtenrente auskommen. Das gelang uns aber ganz gut, da wir beide genügsame Menschen sind und außerdem schon im zweiten Jahr unsere ersten eigenen Kartoffeln und anderes Gemüse ernteten.“
    „Finde ich ja super“, sagte Joachim, „sich das Haus selbst bauen, Kartoffeln pflanzen und ernten und so und einfach alles hinknallen, wenn man mal nicht auf Zack ist!“
    Herr Tepel nickte.
    „Wir waren auch sehr glücklich in all den achtundzwanzig Jahren, obwohl unser Leben hier draußen einfach war und ohne Höhepunkte verlief. Uns fehlte ja nichts. Wir hatten ein Haus, Kleidung, zu essen, Tiere, die uns Gesellschaft leisteten, bald auch einen kleinen Kutschwagen, mit dem wir weite Spazierfahrten machen konnten, und jeder einen Partner, mit dem er sich verstand. Kein Mensch auf der Welt kann mehr haben, als wir besaßen. So sieht das Glück aus.“
    Herr Tepel machte eine Pause, klopfte seine Pfeife aus und stopfte sie neu.
    „Tja, so sieht das Glück aus“, wiederholte er. Und dann mit Nachdruck: „So sah das Glück aus! Wir wußten bis vor einem Vierteljahr nicht, daß es auf tönernen Füßen stand und jäh zerbrechen konnte. Vor einem Vierteljahr nämlich kam ein junger Mann in einem grauen Volkswagen vorgefahren, nannte seinen Namen und teilte mir mit, daß wir bald unser Haus verlassen müßten, weil man mit dem Bau der neuen Autobahn beginnen wolle, die genau über unser Grundstück hinwegführe.“
    „Genau über Ihr Grundstück?“ rief Joachim. „Die sind ja bescheuert! Als wenn daneben nicht Platz genug wäre!“
    „Ich glaubte auch zuerst, der Mann erlaube sich einen Scherz“, erzählte Herr Tepel weiter, „und ging mit ihm über den Hof und in die Ställe und zeigte ihm alles, was wir in den vielen Jahren hier gebaut und angelegt hatten. Ich fragte ihn, ob er schon mal einen Baum gefällt und die Wurzeln gerodet hätte, und sagte ihm, daß ich mit meiner Frau zusammen neununddreißig Stück davon umgesägt und ausgegraben hätte. Ob er sich vorstellen könne, was dazugehört habe.“
    „Davon können wir ein Liedchen singen, was, Lutz?“ warf Joachim ein. „Wir haben gestern auch einige umgelegt. Eine Mordsarbeit war das!“
    „Kurz, ich redete und redete“, fuhr Herr Tepel fort, „pausenlos. Ich kam mir vor wie ein Nichtschwimmer, den man von einem Schiff aus in den Ozean stoßen will und der sich mit Händen und Füßen dagegen wehrt. Aber das schien alles keinen großen Eindruck auf den Mann zu machen. Er blieb sachlich und ruhig und sagte wiederholt, daß er nur der Überbringer dieser Nachricht sei und den Bau der Autobahn weder gewollt habe noch ihn aufhalten könne. Auch die Gemeinde Bärndorf könne nichts daran ändern, denn Autobahnen würden vom Bund und nicht von den Gemeinden gebaut, darum hießen sie ja auch Bundesautobahnen. Ich solle verständig sein und ihm keine Schwierigkeiten machen. Im übrigen bekäme ich es auch noch schriftlich, daß ich das Haus zu verlassen hätte. Ich zitterte, war völlig außer mir, fing an zu stottern und geriet nach und nach in einen Zustand höchster Erregung. Als er sich zum Gehen wandte, hielt ich ihn am Ärmel fest und fragte ihn, ob man die Autobahn nicht in einem Bogen um mein Grundstück herumführen könne. Bei so vielen Kilometern Länge mache doch ein winziger Schlenker von zwei-,

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