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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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auf Baron Cuvier eingehen. Wenn dann dessen Einwände in der Öffentlichkeit bekannt werden, müssten die oben versammelten Herren einschätzen können, was Sie mit dieser Vertrauenserklärung bezweckt haben. Damit wäre uns allen geholfen. Wäre das nicht eine Möglichkeit?»
    Mr Buckland dachte über diesen Vorschlag nach. «Wir können es nicht ins Protokoll der Gesellschaft aufnehmen», sagte er schließlich, «aber wenn Ihnen damit geholfen wäre, Miss Philpot, bin ich gerne bereit, im vertraulichen Rahmen etwas über Mary zu sagen.»
    «Danke, das würde mich sehr freuen.»
    Dann schaute er mit Reverend Conybeare zu Johnny hoch. «Das genügt jetzt, Junge», brummte Reverend Conybeare. «Komm runter.»
    «War das alles, Tante Elizabeth? Soll ich wirklich runterkommen?» Johnny wirkte enttäuscht, dass er seine Drohung nicht wahrmachen konnte.
    «Eine Sache noch», sagte ich. Reverend Conybeare stöhnte. «Ich würde gern hören, was Sie der Versammlung über den Plesiosaurier vortragen.»
    «Leider sind Frauen zu den Tagungen der Gesellschaft nicht zugelassen», sagte Mr Buckland. Es klang fast bedauernd.
    «Vielleicht könnte ich draußen im Flur sitzen und zuhören? Außer Ihnen würde niemand wissen, dass ich dort bin.»
    Mr Buckland dachte einen Moment lang nach. «Vom hinteren Ende des Raums geht ein Treppenhaus ab, das in die Küche führt. Die Dienstboten nutzen es, um Geschirr, Speisen und Ähnliches hoch- und runterzutragen. Sie könnten auf dem Treppenabsatz Platz nehmen. Von dort müssten Sie uns hören können, ohne gesehen zu werden.»
    «Das wäre sehr nett, danke.»
    Mr Buckland winkte dem Portier, der bislang unbeteiligt zugehört hatte. «Würden Sie die Dame und den jungen Mann bitte zur Hintertreppe führen? Kommen Sie, Conybeare, wir haben die anderen schon lange genug warten lassen. Die denken sicher schon, wir wären nach Lyme und zurück gefahren!»
    Die beiden Männer eilten die Treppe hoch und überließen Johnny und mich dem Portier. Niemals werde ich den giftigen Blick vergessen, den mir Reverend Conybeare über die Schulter zuwarf, als er den oberen Treppenabsatz erreicht hatte und sich zum Versammlungssaal wandte.
    Johnny grinste. «Da hast du keinen neuen Freund gewonnen, Tante Elizabeth!»
    «Das ist mir egal, aber ich fürchte, ich habe ihn aus dem Konzept gebracht. Nun, wir werden es gleich hören.»
    Ich hatte Reverend Conybeare keinesfalls aus dem Konzept gebracht. Als Geistlicher war er es gewohnt, in der Öffentlichkeit zu sprechen, und dank dieser Erfahrung gewann er jetzt schnell seine Fassung zurück. Bis William Buckland die Formalien der Tagung abgehandelt hatte – er bestätigte das Protokoll der letzten Zusammenkunft, schlug neue Mitglieder vor und zählte die verschiedenen Zeitschriften und Exponate auf, die der Gesellschaft seit der letzten Tagung gestiftet worden waren –, konnte Reverend Conybeare seine Notizen durchgehen und sich die entscheidenden Punkte seiner Rede noch einmal einprägen. Als er dann zu sprechen begann, klang seine Stimme ruhig und sich ihrer Autorität gewiss.
    Allerdings konnte ich seinen Vortragsstil nur nach der Stimme beurteilen, denn Johnny und ich saßen versteckt auf unseren Stühlen auf dem Treppenabsatz. Die Tür zum hinteren Teil des Saals stand zwar einen Spaltbreit offen, damit wir etwas hörten, aber sehen konnten wir nur die Rücken der Tagungsteilnehmer, die in dem überfüllten Saal direkt vor der Tür standen. Ich hatte das Gefühl, dass mich eine Mauer aus Männern von diesem wichtigen Ereignis abschnitt.
    Zum Glück drang die Predigerstimme von Reverend Conybeare bis zu uns durch. «Es ist mir eine große Freude, der Gesellschaft heute von dem fast perfekten Skelett eines Plesiosaurus berichten zu können. Nach dem Studium verschiedener unabhängig voneinander gefundener Fragmente fühlte ich mich im Jahr 1821 befugt, die Theorie einer neuen Fossiliengattung zu entwickeln. Der Besitzer des neuen Fundstücks, der Herzog von Buckingham, war so freundlich und großzügig, es meinem Freund Professor Buckland vorübergehend zum Zweck der wissenschaftlichen Forschung zur Verfügung zu stellen. Das außerordentliche Fossil wurde vor kurzem in Lyme gefunden und bestätigt meine früheren Theorien zum Bau des Skeletts in allen wesentlichen Punkten.»
    Den Männern im Saal musste dank zweier Kohleöfen und der Körperausstrahlung von sechzig Menschen angenehm warm sein, doch Johnny und ich froren im Flur erbärmlich. Obwohl ich mein

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