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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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dieser Aussage brachte sich Reverend Conybeare geschickt auf eine Linie mit Baron Cuvier, so dass mögliche Kritik von Seiten des Franzosen auf keinen Fall an seine Adresse gehen konnte. Ich fiel nicht in den Applaus mit ein. Mein Brustkorb fühlte sich mittlerweile so schwer an, dass schon das Atmen mühsam war.
    Nun begann eine lebhafte Diskussion, von der ich nicht alles mitbekam, da mir ein wenig schwindelig war. Endlich hörte ich, wie Mr Buckland sich räusperte und das Wort ergriff. «Ich möchte mich an dieser Stelle bei Miss Anning bedanken, die das wunderbare Fossil gefunden und ausgegraben hat. Es ist bedauernswert, dass es nicht rechtzeitig für den glänzenden und höchst aufschlussreichen Vortrag von Reverend Conybeare eingetroffen ist, doch sobald wir es hierhaben, sind Sie, verehrte Mitglieder und Freunde, herzlich eingeladen, es zu besichtigen. Diese bahnbrechende Entdeckung wird Sie verblüffen und erfreuen.»
    Mehr wird sie nicht bekommen, dachte ich. Ein kleines Dankeschön, das untergeht im allgemeinen Ruhmestaumel. Ihr Name wird in den wissenschaftlichen Zeitschriften und Büchern nicht auftauchen und bald vergessen sein. Es war wieder typisch! Ein Frauenleben ist ein einziger Kompromiss.
    Ich hatte genug gehört, mehr musste ich nicht wissen. Stattdessen wurde ich ohnmächtig.

IX
    Der Blitz, der mein größtes
    Glück ankündigte
    E s war reines Glück, dass ich sie noch sah.
    Joe hatte mich geweckt. Morgens, als Mam aus dem Haus gegangen war, beugte er sich plötzlich über mich. Tray lag neben mir auf dem Bett. «Mary.»
    Dann hat er eine Minute gar nichts gesagt und mich nur angeguckt. Es passte ihm nicht, dass ich im Bett lag, ohne krank zu sein. Jeder andere hätte Joes Gesichtsausdruck als gleichgültig empfunden, aber ich sah, wie er sich von innen in die Backen biss, was seinen Kiefer schärfer vortreten ließ. Doch um das zu bemerken, musste man ihn schon genau kennen.
    «Du kannst jetzt aufstehen», sagte er. «Miss – Mam kümmert sich drum.»
    «Worum kümmert sie sich?»
    «Um dein Problem mit dem Franzosen.»
    Ich setzte mich auf und zog die Decke fest um mich, weil ich trotz des warmen Trays neben mir fror. «Und wie will sie das machen?»
    «Hat sie nicht gesagt. Aber steh endlich auf. Ich will nicht schon wieder an den Strand raus müssen.»
    Das hatte gesessen. Ich fühlte mich so schuldig, dass ich aufstand. Tray bellte vor Freude, und ich selbst war auch froh. Nach einem Tag im Bett war mir schon langweilig geworden, doch aufstehen konnte ich trotzdem nicht. Es musste erst jemand kommen und es mir befehlen.
    Ich zog mich an, nahm Hammer und Korb und rief Tray, der mir die ganze Zeit im Bett Gesellschaft geleistet hatte und es jetzt kaum abwarten konnte, wieder nach draußen zu kommen. Als Colonel Birch ihn mir schenkte, kurz bevor er Lyme für immer verließ, hatte er versprochen, dass Tray mir stets treu sein würde. Er hat Recht gehabt.
    Ich trat vor die Tür. Mein Atem verwandelte sich vor meinem Gesicht in Nebel, so kalt war es. Der graue Himmel sah nach Schnee aus. Weil Hochwasser war, konnte ich nicht zum Black Ven und in Richtung Charmouth gehen, deshalb schlug ich die andere Richtung ein. Unter den Klippen am Monmouth Strand würde es noch einen schmalen Landstreifen geben. Auch wenn ich in diesen Klippen selten größere Tiere fand, schleppte ich manchmal riesige Ammos von dort mit nach Hause. Sie glichen denen im Ammofriedhof, bloß dass sie nicht fest im Stein eingebettet waren, sondern sich recht leicht aus der Klippe brechen ließen. Tray rannte vor mir her über die Promenade. Manchmal kam er zurück, um an mir zu schnuppern und sich zu versichern, dass ich hinter ihm her lief und nicht wieder nach Hause ging. Doch selbst wenn es noch so kalt war, ich hatte jetzt das Bedürfnis, draußen zu sein. Es war, als würde ich aus einem Fiebernebel zurück in die kalte, klare Welt treten.
    Als ich am Cobb vorbeikam, sah ich an seinem hinteren Ende die Unity vor Anker liegen. Sie wurde gerade beladen, was nichts Ungewöhnliches war, nur fielen mir zwischen den umhereilenden Männern drei Frauengestalten auf – zwei trugen Hauben, die dritte einen unverwechselbaren, mit Federn geschmückten Turban.
    Tray kam bellend zu mir zurück gerannt. «Psst, Tray, sei still.» Ich packte ihn, weil ich Angst hatte, sie könnten was hören und in meine Richtung schauen. Dann duckte ich mich hinter ein umgedrehtes Ruderboot, mit dem die Leute sonst zu den Schiffen transportiert

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