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Zwei bemerkenswerte Frauen

Zwei bemerkenswerte Frauen

Titel: Zwei bemerkenswerte Frauen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tracy Chevalier
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einmal eines Blickes würdigte. Er schien durch mich hindurchzusehen.
    Er wollte die Tür wieder schließen, doch Johnny hatte bereits seinen Fuß vor den Pfosten gestellt, so dass sie nicht zuging. «Nun, in dem Fall möchte John Philpot, Esquire, Professor Buckland sprechen.»
    Der Portier musterte ihn von oben bis unten. «In welcher Angelegenheit?»
    «Es hat mit dem Plesiosaurier zu tun.»
    Der Portier runzelte die Stirn. Das Wort sagte ihm nichts, aber es klang kompliziert und war damit möglicherweise wichtig. «Ich werde eine Nachricht hochschicken.»
    «Ich kann nur mit Professor Buckland persönlich sprechen», erwiderte Johnny in herablassendem Ton. Ihm schien die Sache richtig Spaß zu machen.
    Der Portier wirkte ungerührt. Ich trat vor und zwang ihn, mich doch noch anzusehen und meine Gegenwart zu registrieren. «Da es um genau das Thema geht, das in der gleich beginnenden Tagung verhandelt wird, täten Sie gut daran, Professor Buckland zu informieren, dass wir hier warten, um mit ihm zu sprechen.» Mit aller Entschlossenheit und Stärke, die ich an Bord der Unity in mir entdeckt hatte, blickte ich ihm fest in die Augen.
    Es wirkte. Nach einem kurzem Moment wich der Portier meinem Blick aus, schaute nach unten und nickte kaum wahrnehmbar. «Warten Sie hier», sagte er und knallte uns die Tür vor der Nase zu. Mein Erfolg war eindeutig begrenzt, denn ich hatte mich nicht über die Regel hinwegsetzen können, dass Frauen drinnen nicht erlaubt waren. Sie mussten draußen in der Kälte bleiben. Während wir warteten, bestäubten Schneeflocken meine Haube und meinen Umhang.
    Wenige Minuten später hörten wir Schritte die Treppe hinuntergepoltert kommen. Die Tür ging auf, und wir blickten in die erregten Gesichter von Mr Buckland und Reverend Conybeare. Es passte mir gar nicht, den Letzteren zu sehen; Reverend Conybeare war bei Weitem nicht so umgänglich und entgegenkommend wie Mr Buckland.
    Auch sie schienen wenig begeistert von unserem Anblick zu sein. «Miss Philpot!», rief Mr Buckland. «Was für eine Überraschung. Ich wusste gar nicht, dass Sie in der Stadt sind.»
    «Ich bin erst vor zwei Tagen angekommen, Mr Buckland. Reverend Conybeare.» Ich nickte beiden grüßend zu. «Dies ist mein Neffe John. Dürfen wir eintreten? Es ist sehr kalt hier draußen.»
    «Natürlich, natürlich!» Während Mr Buckland uns hereinführte, spitzte Reverend Conybeare indigniert die Lippen. Es war ihm deutlich nicht recht, dass eine Dame die Türschwelle der Geologischen Gesellschaft überschritt. Doch er war nicht der Präsident, und Mr Buckland würde es in wenigen Minuten sein, deshalb sagte er nichts, sondern verneigte sich nur uns gegenüber. Seine lange schmale Nase war rot, ob vom Wein, von einem Platz in der Nähe des Feuers oder vor Wut konnte ich nicht sagen.
    Der Eingangsbereich des Hauses war schlicht gehalten und der Boden mit eleganten schwarzweißen Fliesen ausgelegt. An den Wänden hingen die Porträts ernst und feierlich dreinblickender Männer: George Greenough, John MacCulloch und weitere ehemalige Präsidenten der Gesellschaft. Bald würde ein Porträt des scheidenden Präsidenten William Babington dazukommen. Ich hatte eigentlich Ausstellungsstücke erwartet, die auf die Interessen der Gesellschaft hinwiesen: Fossilien oder Steine. Doch es gab nichts. Die interessanten Dinge waren versteckt.
    «Haben Sie Neuigkeiten über den Plesiosaurier, Miss Philpot?», fragte Reverend Conybeare. «Bitte sagen Sie es mir. Der Portier hat etwas angedeutet. Wird der Plesiosaurier unsere Tagung schmücken?»
    Jetzt verstand ich ihre Aufregung. Es war nicht der Name Philpot, sondern die Erwähnung des noch nicht eingetroffenen Fossils, wegen der diese beiden Männer die Treppe hinuntergestürmt waren.
    «Ich bin vor drei Tagen an der auf Grund gelaufenen Dispatch vorbeigefahren.» Ich gab mich sachkundig und informiert. «Ihre Fracht wird jetzt auf dem Landweg weiter befördert und so schnell eintreffen, wie es die Straßenverhältnisse erlauben.»
    Beide Männer reagierten mit Enttäuschung, als sie hörten, was sie ohnehin schon wussten. «Warum sind Sie dann hier, Miss Philpot?», fragte Reverend Conybeare. Für einen Geistlichen war er recht unverfroren.
    Ich richtete mich zu voller Größe auf, drückte den Rücken durch und versuchte die Männer so fest und selbstsicher anzusehen wie den Angestellten am Kai und den Portier. Doch diesmal war es schwieriger, da ich mich gleich zwei Augenpaaren gegenübersah,

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