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Zwei Jahre Ferien

Zwei Jahre Ferien

Titel: Zwei Jahre Ferien Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Nachmittags ließ sich kein weiteres Geräusch vernehmen, bis endlich gegen neun Uhr Abends erneuertes Knurren deutlich durch die Wand drang.
    Da stürzte Phann wüthend in den Schacht hinein und kam aus demselben mit emporgesträubtem Fell und bis über die Fangzähne zurückgezogenem Maule wieder hervor, während er in unverkennbarer Aufregung grimmig anschlug, als wollte er auf das aus dem Felseninnern heraustönende Knurren Antwort geben.
    Was bei den Kleinen bisher nur ein mit Verwunderung gepaarter Schreck gewesen war, steigerte sich nun zur wahrhaft kläglichen Angst. Die Phantasie des englischen Knaben nährt sich stets mit den in den nordischen Ländern heimischen Sagen, nach welchen Gnomen, Kobolde, Luft-und Wassergeister, Sylphen und Gespenster jeder Art schon um seine Wiege kreisen. Dole, Costar und selbst Jenkins und Iverson verhehlten gar nicht ihre tödtliche Furcht. Nach vergeblicher Bemühung sie zu beruhigen, veranlaßte sie Briant doch, ihre Lagerstätten aufzusuchen, wo sie, wenn auch erst ziemlich spät, einschliefen. Aber auch da träumten sie noch von Geistern, Gespenstern und übernatürlichen Wesen, welche ihren Spuk in der Höhle trieben – kurz, sie litten am schönsten Alpdrücken.
    Gordon und die Anderen unterhielten sich noch mit gedämpfter Stimme über die seltsame Erscheinung. Wiederholt konnten sie sich überzeugen, daß jenes Geräusch noch fortdauerte und daß Phann eine auffallende Gereiztheit erkennen ließ.
    Endlich übermannte sie die Müdigkeit, und außer Moko und Briant legten sich Alle schlafen. Dann herrschte bis Tagesanbruch tiefes Schweigen im Innern von French-den.
    Am folgenden Morgen war die ganze Gesellschaft sehr zeitig munter. Baxter und Doniphan krochen wieder in den Stollen…. Kein Geräusch ließ sich vernehmen. Der Hund lief umher, ohne irgend welche Unruhe zu zeigen, und sprang auch nicht, wie am Tage vorher, gegen die Wand an.
    »Gehen wir wieder aus Werk! sagte Briant.
    – Ja, antwortete Baxter. Es wird immer Zeit sein, damit einzuhalten, wenn sich wieder ein verdächtiges Geräusch hören läßt.
    – Wär’ es nicht möglich, bemerkte da Doniphan, daß jenes Geräusch nur von einer Quelle herrührte, welche sich murmelnd durch die Felsmassen zwängt?
    – Dann würde es stets hörbar sein, wandte Wilcox ein, und augenblicklich ist das nicht der Fall.
    – Richtig, stimmte ihm Gordon zu; ich glaubte vielmehr, es vom Winde herleiten zu sollen, der sich vielleicht in einem Spalt am Kamme der Anhöhe fängt…
    – Steigen wir hinauf, sagte Service, und da entdecken wir wahrscheinlich…«
    Dieser Vorschlag wurde angenommen.
    Gegen fünfzig Schritte am Ufergelände hingehend, fanden sie einen Pfad, der den Obertheil der Felsmasse zu erreichen gestattete. Binnen wenigen Augenblicken hatte Baxter nebst zwei bis drei Anderen denselben erklommen und Alle gingen auf der Höhe bis gerade über French-den zurück. Auf der Oberfläche dieses Höhenrückens fand sich aber kein Spalt, durch den ein Luftstrom oder eine Wasserader hätte eindringen können, und als sie zurückkamen, wußten sie auch nicht mehr über jene merkwürdige Erscheinung, welche die Kleinen in ihrer Naivität für übernatürlich erklärten.
    Die Arbeit wurde also wieder aufgenommen und bis zum Ende des Tages fortgesetzt. Das Geräusch vom Vortage hörte man nicht wieder, obwohl nach Baxter’s Angabe die Wand, an welcher die Schläge bisher nur matt widerhallten, jetzt einen mehr klingenden Ton gab. Befand sich in dieser Richtung also eine natürliche Höhle, auf welche der Stollen zufällig treffen sollte, und entstand das vernommene Geräusch vielleicht in dieser selbst? Die Voraussetzung einer zweiten, an die Höhle grenzenden Aushöhlung erschien nicht unannehmbar; ja, es war sogar wünschenswerth, daß sich dieselbe bestätigte, weil dadurch die Arbeit, bezüglich der Vergrößerung der Räumlichkeiten, wesentlich vermindert werden mußte.
    Erklärlicher Weise mühten sich nun Alle mit größtem Eifer ab, und dieser Tag gehörte zu den anstrengendsten, die sie bisher verlebten. Nichtsdestoweniger verlief er ohne nennenswerthen Zwischenfall, wenn wir davon absehen, daß Gordon am Abend das Verschwinden seines Hundes meldete.
    Zur Essenszeit stellte sich Phann sonst regelmäßig neben dem Sessel seines Herrn ein; heute blieb der Platz des Hundes leer.
    Man rief nach ihm… Phann antwortete nicht.
    Gordon trat auf die Thürschwelle und rief von neuem… Alles still!
    Doniphan und Wilcox

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