Zwei Jahre Ferien
lassen wollte. Die Andern folgten, die Gewehre schußfertig, einige Schritte hinterher, während Phann mit aufgerichteten Ohren und erhobenem Schwanze dahintrottete.
Sie befanden sich nur nach zwanzig Schritte von der Grube, als das Geschrei sich verdoppelte. In der Mitte der Zweigdecke zeigte sich ein großes Loch, das nur durch das Hindurchstürzen eines Thieres entstanden sein konnte.
Welcher Art dieses Thier war, hätte Niemand sagen können; jedenfalls empfahl es sich aber, zu einer Vertheidigung bereit zu sein.
»Vorwärts, Phann, vorwärts!« rief Doniphan.
Der Hund sprang bellend, aber ohne besondere Unruhe zu zeigen, voraus.
Briant und Doniphan liefen nach der Grube, und sobald sie sich über dieselbe gebeugt, riefen sie:
»Hierher! Kommt nur heran!
– Es ist kein Jaguar?… fragte Webb.
– Und auch kein Cuguar?… setzte Croß hinzu.
– Nein, belehrte sie Doniphan. Es ist nur ein Thier mit zwei Pfoten, ein – Strauß!«
In der That war es ein Strauß, und sie hatten alle Ursache, sich über das Vorkommen dieser Thiere im Walde hier zu beglückwünschen, denn das Fleisch derselben ist vortrefflich, vorzüglich an dem die Brust bedeckenden Fettpolster.
Wenn es auch nicht zweifelhaft sein konnte, daß sie einen Strauß vor sich hatten, so zeigten dessen geringere Größe, die kleineren Federn, welche den ganzen Körper mit einem weißlich-grauen Vließ bedeckten, daß derselbe zu der in den Pampas von Südamerika so häufig vorkommenden Sippe der »Nandus« gehörte Obwohl diese sich mit dem afrikanischen Strauß nicht messen können, bilden sie doch eine Zierde der Fauna jedes Landes.
»Den müssen wir lebend bekommen! rief Wilcox.
– Ei, das wünscht’ ich auch! jubelte Service.
– Es dürfte aber nicht so leicht sein, meinte Croß.
– So versuchen wir es wenigstens,« erklärte Briant.
Das kräftige Thier hatte offenbar nicht entkommen können, weil seine Flügel ihm nicht erlaubten, sich bis zur Erdoberfläche zu erheben, und seine Füße an den lothrechten Wänden keinen Stützpunkt fanden. Wilcox mußte sich also nach dem Grunde der Grube selbst auf die Gefahr hin hinabgleiten lassen, einige Schnabelhiebe wegzubekommen, die ihn ernstlich verletzen konnten. Da es ihm jedoch bald gelang, dem Thiere seine Wollenjacke über den Kopf zu werfen, so wurde dieses hierdurch völlig unbeweglich gemacht. Nun war es auch leicht, dessen Füße mit zwei oder drei aneinander geknüpften Taschentüchern zu fesseln, und so gelang es Allen durch Vereinigung ihrer Kräfte, die Einen von unten, die Anderen von oben her nachhelfend, ihn aus der Grube zu ziehen.
»Endlich haben wir ihn, rief Webb erfreut.
– Was fangen wir aber mit dem Burschen an? fragte Croß.
– Das ist sehr einfach, antwortete Service, der an nichts verzweifelte. Wir führen ihn nach French-den, füttern ihn gut und benutzen ihn als Reitthier. Ich werde das schon nach dem Vorgange meines Freundes, des schweizerischen Robinson, fertig bringen.«
Ob es möglich sein sollte, den Strauß in dieser Weise zu benutzen, erschien trotz des von Service dafür angezogenen Beispiels mindestens zweifelhaft. Da es jedoch keine Schwierigkeit machte, ihn nach French-den mitzunehmen, so wurde das ausgeführt.
Als Gordon den Nandu ankommen sah, erschrak er wohl ein wenig über die Aussicht, noch einen Magen mehr sättigen zu sollen, nahm ihn aber, in Berücksichtigung, daß dazu Gras oder Laub genügen würde, doch gut auf. Für die Kleinen war es eine Freude, sich dem Thiere zu nähern – natürlich nicht allzusehr – nachdem dasselbe an einen langen Strick gebunden war, und als sie hörten, daß Service dasselbe zum Reiten abrichten wolle, nahmen sie ihm schon das Versprechen ab, hinter ihm aufsitzen zu dürfen.
»Ja, wenn Ihr hübsch artig seid, Ihr Kleinen! antwortete Service, den die Kinder schon als Helden anstaunten.
– Gewiß, gewiß! rief Costar.
– Wie? Auch Du, Costar, erwiderte Service, auch Du wolltest es wagen, dieses Thier zu besteigen?
– Hinter Dir… und wenn ich mich an Dir festhalten kann, ja!
– Du denkst wohl gar nicht mehr an die ausgestandene Angst, als Du auf dem Rücken der Schildkröte rittest?
– Das war ein ganz anderes Ding, antwortete Costar. Das Thier hier geht wenigstens nicht unters Wasser.
– Nein, aber möglicherweise in die Luft!« sagte Dole.
Das machte die Kinder freilich etwas nachdenklich.
Seit sie French-den endgiltig bewohnten, hatten Gordon und seine Kameraden eine regelmäßige
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