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Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum

Titel: Zwei Katzen unterm Weihnachtsbaum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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weißer Soße wurde ihr vor die Nase gestellt. Sie erlaubte sich lediglich einen hochmütigen Blick und setzte sich regungslos daneben.
    Von Würstchen war die Rede gewesen.
    »Das willst du nicht, du verzogenes Biest?«
    Eine Antwort darauf erübrigte sich doch, oder?
    Die Frau wuselte in dem Vorratsschrank herum und zog eine Packung mit diesen komischen Stangen hervor, riss sie auf, brach ein Stück ab und warf es vor ihr auf den Boden.
    Was war das denn für ein Benehmen? Ungeheuerlich!
    Normalerweise mochte sie diese Sticks ganz gerne, wenn sie auch mit echten Würsten nicht vergleichbar waren, aber dann bitte höflich mit den Fingerspitzen gereicht und nicht VOR DIE PFOTEN geknallt.
    Sie versammelte ihre ganze königliche Energie, ließ sie vom Schwanz über den Rücken bis in den Kopf aufsteigen und dann durch die Augen austreten.
    Das dumme Huhn bemerkte noch nicht einmal, dass ihm gerade die Federn abgesengt wurden.
    Na gut. Dann noch deutlicher.
    Als die Frau an ihr vorbeiging, hob sie einmal schnell die Pfote.
    Schrapp – durch die zerfetzte Strumpfhose quoll das Blut.
    Der Schrei fiel auch befriedigend aus.
    Mit hochaufgerecktem Schwanz schlenderte die rote Königin aus der Küche.
    Und in der Stille ihres hohen Verstecks hinter blutigen Krimis und Psychothrillern bedachte sie die Strategien, die sie einsetzen würde, wenn die zweite Frau – jene Ginger – wieder nach Hause kam.
    6. Zu viel Plunder
     
    Nach dem Anruf meiner Catsitterin brauchte ich erst einmal etwas Bewegung. Diese hochnäsige, missgünstige und undankbare Katze hatte meine Wohnung offenbar nach allen Regeln der Kunst zerlegt. Warum hatte ich dieses arrogante, selbstgefällige Tier nur übernommen? Es war doch von Anfang an klar, dass wir uns nicht verstehen würden.
    Ich ging mit schnellen, wütenden Schritten die Straße entlang.
    Hilka war meine Freundin, und als ich vor zwei Jahren aus Italien zurückgekommen war, hatte sie mir beim Einstieg in den neuen Job und das neue Leben ohne Marco aufopferungsvoll geholfen. Natürlich revanchierte ich mich damit, dass ich ihre vornehme Katze versorgte, wenn sie auf Dienstreisen ging. Peluche hatte sie die schlanke Schönheit mit dem roten Samtfell genannt und sprach es auch immer französisch aus. Nie wäre sie auf die Idee gekommen, das edle Geschöpf einfach »Plüsch« zu rufen, obwohl das die korrekte Bedeutung des Namens war.
    Nachdem ich mich an die Eigenarten von Majestät gewöhnt hatte – kein unaufgefordertes Streicheln, nur Futter der höchsten Preisklassen, Leckerchen immer von gepflegten Fingerspitzen gereicht und so weiter –, kam ich mit ihr, so dachte ich zumindest bisher, einigermaßen friedlich aus. Darum tat ich Hilka auch den Gefallen, Peluche ganz zu mir zu nehmen, als sie ihren Job bei einemamerikanischen Fernsehsender antrat. Seit einem halben Jahr lebten die Katze und ich zusammen, und bis auf einige kleinere Versuche, gewisse Dinge auf meinen Bücherborden umzudekorieren, war es bislang zu keinen größeren Ausschreitungen gekommen.
    Vor meinen Augen entstand eine Horrorszene dessen, was passieren könnte, wenn ich den armen, verschüchterten Plunder mit nach Hause bringen würde.
    Tief in unerquickliche Gedanken versunken war ich einmal um den Block gegangen und erstand dann eine Tüte mit – passenderweise – Plunderteilchen beim Bäcker, die ich zu einer Tasse Kaffee verspeisen wollte. Zucker beruhigt aufgewühlte Nerven. Als ich wieder an dem Laden angekommen war, trat Olli mit einem Skateboard unter dem Arm aus dem Nachbarhaus.
    Eine Idee funkelte in mir auf.
    »Hallo, Olli!«
    »Ja, Frau Valentino?«
    »Valenti, aber lassen wir es bei Ginger. Ich muss dir eine Frage stellen. Hast du einen Moment Zeit?«
    »Klar.«
    »Bei Milchkaffee und Teilchen.«
    »Au ja. Gerne.«
     
    Plunder öffnete schreckhaft die Augen, als wir eintraten, beruhigte sich aber sofort, als Olli sich neben ihn setzte und ihn kraulte.
    »Haben Sie super hingekriegt. Jetzt sieht er wieder wie früher aus.«
    »Der Kater war nur staubig und hungrig. Weißt du, wie meine Tante zu ihm gekommen ist?«
    »Mhm. Aus dem Tierheim. Ich wollte für uns einen Mauser, und da ist sie mit mir hingefahren. Ich habe Marzan gefunden, und sie hat den Wuschel hier mitgenommen. Er tat ihr leid.«
    »Ja, das kann ich mir vorstellen. Was ist mit deinem Mauser?«
    »Der war klasse, aber … Ist im Sommer unter ein Auto gekommen.«
    Tiefe Trauer zeichnete sich in seinem Gesicht ab, und obwohl er mir leidtat,

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