Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
Bogen um Diesen. Es macht den Anschein, als ob niemand zu Hause ist. Der Ort zieht sich endlos hin, ohne das wir jemanden treffen.
Die Kinder haben sich vorgenommen, einen Kranz von Pilgeransteckern rund um ihren Hut anzuheften. Es findet sich auch heute wieder ein schöner Kramladen, in dem es fast alles gibt, vor allem aber die erwähnten Anstecker. Als der Ladenbesitzer merkt, dass wir Deutsche sind, zeigt er uns das Buch von H. P. Kerkeling „Ich bin dann mal weg“, natürlich in Spanisch. Spontan machen wir mit dem netten Mann ein Erinnerungsfoto. Dann geht es weiter. Wir verlassen den Ort und können schon bald einen großen Berg vor uns sehen. Das ist der „Tafelberg“, den es jetzt zu überwinden gilt. Nun geht es 20-30 Minuten immer steil den Berg hoch. Wir kommen mächtig ins Schwitzen. Auf unserem Weg nach oben gelingt es uns noch, einige Radpilger zu überholen. Das ist doch auch mal was! Oben angekommen, müssen wir erst einige Minuten verschnaufen, bis unser Puls wieder auf Normal sinkt. Wir schauen uns um und sehen eine Wüstenlandschaft vor uns, man kann kaum den Weg erkennen. Wir genießen noch einen Augenblick die gigantische Aussicht und ziehen dann weiter. Etwa 500 Meter haben wir zu laufen und nun geht es auch schon wieder bergab. Der Abstieg ist zwar nicht so schweißtreibend, aber für die Knie das reinste Gift. Wir müssen vorsichtig die Schritte setzen, die Teleskopstöcke unterstützen uns. Wir sind froh, als wir wieder im Tal sind. Die Radfahrer werden wieder mutig und rauschen nur so an uns vorüber. Bald kommen wir zu einem Pilgerrastplatz und die Ruhe haben wir wirklich nötig. Wir stärken uns erst mal mit unseren restlichen Vorräten und trinken ordentlich Wasser, denn hier gibt es frisches Wasser. Bevor es weiter geht, füllt jeder noch seine Flaschen auf. Auf der Straße und dann über Feldwege geht es bis zu einem Fluss. Diesem folgen wir nun und wir werden von großen Weidenbäumen beschattet. Es ist angenehm frisch. Außerdem werden die Felder zu unserer linken Seite bewässert und der Wind schickt uns einige erfrischende Schauer rüber. Gleich haben wir nach 6 Stunden Fußmarsch Itero erreicht. Die Herberge ist nicht zu übersehen, direkt an unserem Weg steht ein helles, freundliches, großes Gebäude.
Das kann nur eine Pilgerherberge sein, denn der ganze Hof ist mit Wäsche behängt. Wir gehen in die dazu gehörende Bar und melden uns an. Jeder erhält einen Stempel in seinen Ausweis und wir bezahlen gleich unsere Betten für die Nacht, jeder 5,- Euro.
Camino 2009, Vorsichtiger Abstieg
Dafür dürfen wir unsere Wäsche waschen, uns duschen und heute Nacht mit 20 anderen Pilgern das Zimmer teilen. Wir können uns unsere Betten selbst aussuchen, das ist nicht immer selbstverständlich. Das Publikum ist wieder bunt gemischt. Die Plätze für die Wäsche sind heute rar, da ist es gut, dass wir unsere eigene Wäscheleine dabei haben. Jeden Tag kommt von uns Dreien ein Einkaufsbeutel Wäsche zusammen, also diese Pflicht hängt uns jeden Tag an.
Am Nachmittag schlafen beide Kinder, der Marsch war heute doch ziemlich anstrengend. In der Zeit schreibe ich Tagebuch und beobachte das Treiben der anderen Pilger. In Itero können wir wieder unsere Vorräte auffüllen. Zum Abendbrot gehen wir zu einen Spielplatz, den wir bei unserer Ankunft entdeckt haben. Dort gibt es Bänke und Tische und wir können unsere Köstlichkeiten ausbreiten. Frisches Weißbrot, Obst, Tomaten, Oliven, Joghurt, Wurst und Käse. Wir genießen das Essen und gesättigt gehen wir zur Herberge zurück. Juliane hat sich 3 Fußblasen gelaufen. Wir verarzten unsere Füße gegenseitig. Die Blasen werden mit einer Nadel mit Faden durchstochen, der Faden durch die Blase gezogen und dort belassen. So können sich die Einstichstellen nicht wieder verschließen und in der Blase verbleibt das nötige Wasser zum Heilen. Mit dieser Methode fahren wir gut. Blasen sind unvermeidlich und das kleinere Übel. Heute lerne ich eine Frau aus Frankreich kennen, die wirklich ein Problem hat. Sie liegt im Bett neben mir. Den ganzen Nachmittag liegt sie dort, ich denke sie schläft, aber irgendwann hör ich sie unter ihrer Decke stöhnen und jammern.
Ich setze mich auf mein Bett und als wir Augenkontakt haben, frage ich sie, was denn los ist. Darauf zeigt sie mir ihre Knie. Es ist nicht zu glauben, das rechte Knie ist doppelt so dick wie das linke. Sie weint bitterlich, weil sie die Reise auf gar keinen Fall abbrechen will. Vor ihr liegen
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