Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
aber noch 450 km Strecke, es ist ausgeschlossen, dass sie es mit diesem Knie schaffen wird. So kann sie nicht weiter laufen. Sie hat auch keine Schmerzmittel mehr und ich gebe ihr von meinen welche ab. Das Knie reibe ich ihr mit Heparinsalbe ein und bandagiere es mit einer festen Binde. Dann gebe ich ihr noch den Rat, mit diesem Knie auf keinen Fall weiter zu laufen und besser einen Doktor aufzusuchen. Die Verständigung klappt mit Händen und Füßen und etwas stümperhaftem Englisch besser als gedacht. Ich glaube nicht, dass sie es so gemacht hat, wie ich ihr geraten habe, denn als wir am nächsten Morgen wieder mal als Letzte erwachen, ist ihr Platz schon geräumt.
Wir haben sie nicht wieder gesehen. 22 Uhr wird das Licht heute gelöscht und der Tag findet ein müdes Ende.
07. August 2009, Freitag, Itero de la Vega - Población de Campos, 18 km
Ich habe gut geschlafen. 4.30 Uhr kommt wieder Bewegung in die Pilgerschar. Die übliche Unruhe unterbricht kurz meinen Schlaf, aber ich schlafe gleich wieder ein und erwache ungefähr 7.00 Uhr. Nur noch wenige sind von der Nacht über. Wir machen uns fertig und holen uns in der Bar noch ein Getränk. Ich habe festgestellt, dass mir der Kaffee hier sehr gut bekommt und auch schmeckt. Und so trinke ich, wenn möglich morgens auf dem Weg einen Kaffee. Unser Frühstück essen wir vor der Herberge. Hier sind Tische und Stühle aufgestellt. Heute zeigt uns der Wettergott, dass es in Spanien auch mal ohne Sonne geht. Es ist kalt und der Wind ist böig, alles ist grau in grau. Heute ziehen wir unsere Wetterjacken an. Unsere Augen bekommen heute mal etwas mehr Grün zu sehen. In der Nähe gibt es den Fluss Pisuerga und alles was hier aus Wasser ist, wird kanalisiert. Die Landschaft ist von einbetoniertem Wasser zerschnitten. Mit dem Wasser werden rings herum Felder bewässert und es macht schon einen merkwürdigen Eindruck, plötzlich nach ein paar Kilometer wieder in der Wüste zu laufen. Unsere Stimmung passt heute zum Wetter. Juliane und mir schmerzen die Füße und Martin hat Rückenprobleme.
Endlich überqueren wir über eine schmale Brücke den Canal de Castilla (Kastilischer Kanal), der für die grüne Umgebung zuständig ist. Hier wird das Wasser des Pisuerga reguliert. Die Schleuse wurde im 18. Jahrhundert gebaut und ist sehr beeindruckend. Es gibt Bänke, wir ruhen uns aus und essen etwas, bevor wir in Fromista einschreiten. Fromista sollte nach 15 km unser Tagesziel sein, aber Juliane, die selbst eine dicke Blase am Hacken hat, überredet uns noch 4 km drauf zu legen. Bevor wir für den Ort Población de Campos unsere letzten Kräfte sammeln, suchen wir in Fromista nach einer Apotheke. Wir brauchen elastische Binden für Martins Sprunggelenk und noch Schmerztabletten. Ich hatte vorher gelesen, dass die Apotheken in Spanien preiswert sind. Das kann ich nicht bestätigen. Die Stadt lassen wir dann schnell hinter uns. Auf den letzten 4 km überqueren wir die Autobahn und gegen 15.00 Uhr erreichen wir das Dorf Poblacion de Campos. Die Herberge finden wir schnell. Hier ist es heute ganz anders, in der Herberge gibt es keinen zuständigen Herbergsvater. Wir müssen in ein Gemeindebüro ein paar Straßen weiter. Dort melden wir uns an, zahlen unsere Betten, 3,00 € pro Bett, und erhalten unseren Stempel. Dann gehen wir zur Herberge zurück und betreten das Haus. Vielleicht ist es ein altes Gemeindehaus. Die Räume befinden sich hintereinander. Erst kommt der Vorraum mit Küche, dann ein Aufenthaltsraum, danach 2 Schlafräume, für je 10 Leute und ganz hinten die Waschräume. Die müssen alle zusammen benutzen. Als wir ankommen, sind 3 andere Pilger im Haus und wir können noch in Ruhe duschen, bevor sich die Herberge füllt. Aber heute bleiben etwa die Hälfte der Betten leer. Die meisten haben sich sicher in Fromista eine Unterkunft gesucht. Es ist eine sehr angenehme Stimmung. Am Nachmittag, als ich mit der Wäsche beschäftigt bin, bekomme ich nebenbei mit, dass ein Pilger mit Martin spricht. Ich frage Martin, was der Mann wollte. Martin hat es nicht so richtig verstanden, aber er glaubt, das der Mann für alle kochen möchte und wir für 1,- € mit ihm essen können. Das ist eine gute Idee, finde ich. Aber dann liegt der Mann, ca. 55 Jahre, klein und untersetzt, den ganzen Nachmittag auf seinem Bett und unternimmt nichts, was nach Kochen aussieht. Wir beschließen, das es wohl ein Missverständnis war und machen uns selbst auf Nahrungssuche. Wir besorgen uns Spagetti
Weitere Kostenlose Bücher