Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
hier, einige Bahnen zu ziehen. Das ist wunderbar erfrischend. Zum Abendbrot haben wir noch eigenen Proviant, den wir vor der Herberge verzerren. In Hontanas gibt es kein Geschäft, so dass wir für den nächsten Tag mit dem auskommen müssen, was noch vorrätig ist. Am Abend sitzen wir bis 22.00 Uhr vor der Herberge. Vor der Herberge bedeutet, auf der Strasse die durch Hontanas führt. Hier entgeht einem nichts, keiner kommt hier ungesehen durch. Also ist es wieder hoch interessant. Den ganzen Nachmittag und Abend ziehen die Pilger vorbei. Manche fragen nach einer Unterkunft und bleiben vielleicht oder erfrischen sich nur kurz und ziehen dann noch weiter. Es ist wieder ein reges Treiben und wir staunen, wie viele Pilger heute unterwegs sind. Zwischendurch schreibe ich Tagebuch, denn wenn ich es vernachlässige, kann ich schnell in Verzug kommen und mich dann später nicht mehr so genau erinnern. Also plane ich dafür jeden Tag Zeit ein. In der Hausordnung unserer Herberge steht, das Licht wird 22.00 Uhr gelöscht, deshalb begeben wir uns nun langsam in unsere Unterkunft. Als wir dort die Tür öffnen ist das Licht bereits aus. Meine Vermutung, wir übernachten also wieder zwischen lauter Frühaufstehern, wird sich am Morgen bestätigen. 3.00Uhr macht sich der erste auf den Weg und das geht dann bis 6.00 Uhr immer so weiter. Wir schleichen uns also in unsere Betten und können am Ende unserer Reise wenigstens behaupten, dass wir unsere Lampen nicht hätten entbehren können.
06.August 2009, Donnerstag, Hontanas - Itero de la Vega, 22 km
Heute soll es etwas früher losgehen. Als so ziemlich alle anderen Pilger fort sind, rappeln wir uns langsam hoch. Nun können wir das große Licht anmachen und sehen auch gleich, was geschieht, wenn man mit Taschenlampenlicht seine sieben Sachen des Nachts zusammen sucht. Jemand hat eine Socke liegen gelassen. Wenn man bedenkt, dass gute Wandersocken ziemlich teuer sind und der Pilger sicher nur 2 Paar bei sich hat, ist das ein großer Verlust. In der Rezeption können wir für den Weg noch Croissants kaufen. Jeder nimmt gleich eins auf die Faust. Gegen den ersten Hunger muss es genügen.
Wir haben uns heute 22 km vorgenommen. Itero ist unser Ziel. Die Sonne ist noch nicht aufgegangen, aber es ist hell genug, um die Pfeile zu sehen. Um diese Zeit ist es noch recht frisch und wir kommen gut voran. Martin hat heute keine Probleme mit dem Laufen, obwohl heute einige schwierige Stellen zu bewältigen sind. Wir haben uns vorgenommen, dass ab jetzt
Camino 2009, Zeitiger Aufbruch
jeden Tag jemand Anderes den Fotoapparat nimmt und die Tagesfotos macht. Heute geht der Apparat an Martin. Die Art und Weise seiner Fotos unterscheidet sich manchmal schon enorm von den Aufnahmen, die Juliane und ich machen, das ist eigentlich ganz lustig und letztendlich lockert es die Bildergalerie auf. Ganz „Mann” finden sich beim Durchsehen der Fotos interessante Autos, Motorräder oder die verschiedensten Hunderassen, die sowieso einen Extrabildband wert sind. Heute ist der Weg etwas abwechslungsreicher. Zunächst geht es über einige leichte Anhöhen. Als die Sonne hinter uns aufgeht, zückt Martin im rechten Moment die Kamera und fängt den wunderbaren Sonnenaufgang ein. Das ist das schönste Foto dieses Tages. Irgendwann laufen wir ein längeres Stück direkt auf der Straße, aber am frühen Morgen ist noch nicht viel Verkehr. Dafür sehen wir heute viel mehr Pilger, aber so früh waren wir ja auch noch nie auf den Beinen. Auf den abgeernteten Feldern liegen noch die Strohballen. Wir machen hier Rast und klettern zum Ausruhen auf so eine riesige Sitzgelegenheit. Einige Reste vom Proviant werden aufgegessen, dabei beobachten wir andere vorbeiziehende Pilger und was sonst noch so in der Umgebung geschieht. Ein Schäfer zieht mit seinen Schafen und 2 Hunden über die Felder, mit dabei hat er einen Esel, der auf dem Rücken eine Tragetasche geschnürt hat. Sicher enthält sie die Versorgung für den Schäfer und die Hunde. Aber wir müssen auch weiter, denn 2/3 der Strecke liegt noch vor uns. Bald kommen wir am Kloster San Anton vorbei, mitten durch das Kloster führt uns der Weg. Der Weg verläuft weiter auf der Straße, wir können dann auch bald den Ort Castrojeriz sehen. Wir erblicken einen Berg auf dem eine Festung zu sehen ist. Zum Glück müssen wir nicht auf den Berg hinauf, denn er macht schon einen gewaltigen Eindruck auf uns. Der Ort befindet sich direkt am Fuße des Bergs und schlägt einen
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