Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
Juliane ist genauso froh wie wir, dass sie uns gefunden hat. Sie hat uns auch tatsächlich ein Dach über den Kopf, für die Nacht, besorgt. Unser Nachtlager befindet sich in dem Nonnenkloster, bei dem wir nach Juliane gefragt haben. Es lässt sich nun nicht mehr ergründen, was da schief gelaufen ist. Ich konnte kaum noch laufen. Glücklich bezogen wir unsere Plätze. Der Raum war früher wohl mal die Wäscherei oder Großküche. Die Wände sind mit braunen Kacheln verziert. Luxus ist uns heute sowieso egal, wir sind über unseren Schlafplatz überglücklich und dankbar. Wir duschen, richten uns ein, waschen unsere Wäsche und ruhen uns etwas aus. Ich hätte nicht gedacht, dass meine Kräfte heute noch wiederkehren würden. Jetzt wagen wir uns wieder raus, wir wollen uns die Stadt anschauen und noch etwas einkaufen. Der Ort besteht aus Chaos. Ein Stadtfest, eine riesige Hochzeit und dann noch Samstag, füllt die Stadt mit Menschen und Autos. Es ist anstrengend: der Lärm, das ganze Durcheinander, wir kehren bald wieder zum Kloster, zur Ruhe, zurück. Dort setzen wir uns in den Hof und essen unser Abendbrot. Der Hof ist sehr groß und ringsherum sind Tische und Stühle aufgestellt. Mit vielen anderen Pilgern sitzen wir hier bis es kühler wird und die Nachtruhe heranrückt. Circa 25 Pilger in unserem Raum, beziehen müde ihre Lager. Wir wollen morgen versuchen, einen Bus nach Leon zu bekommen.
09. August 2009, Sonntag, Carrión de los Condes
4.00Uhr brechen die ersten Pilger wieder auf. Wir sind schon so daran gewöhnt, das wir gleich wieder weiter schlafen.
7.30 erheben wir unsere schmerzenden Knochen. Heute ist Sonntag. Wir frühstücken auf dem Klosterhof und ziehen dann, in aller Ruhe, zu der Bar, die uns die Bus-Tickets verkaufen soll. Der Besitzer ist sehr freundlich. Mit großer Mühe verständigen wir uns. Das Ergebnis des komplizierten Gesprächs, heute fährt kein Bus, nirgendwo hin. Er bucht aber unsere Busplätze für den nächsten Tag. Da unsere Füße sowieso noch Erholung nötig haben, sind wir über die ungewollte Auszeit nicht unglücklich. Juliane hat gestern noch eine Herberge gesehen. Dort werden wir jetzt hin gehen und unsere Rucksäcke schon mal davor stellen. Es ist gleich um die Ecke. Wir sind die ersten die ihr Gepäck hier abstellen. Die Herberge macht um 12.00 Uhr auf, wir haben also noch Zeit. Es ist gerade 11.00 Uhr. In Sichtweite gibt es einen von Bäumen beschatteten Platz. Hier sind Bänke aufgestellt und wir können auf die Öffnung in Ruhe warten. Ich vervollständige meine Aufzeichnungen und lese etwas, Juliane schreibt einige Postkarten. Es kommen immer neue Pilger und stellen ihre Rucksäcke zu unseren. Pünktlich um 12.00 Uhr kommt ein Auto angefahren. Ihm entsteigen 3 freundliche Nonnen und ein junger Mann. Wir dürfen als erste die Herberge betreten. Wir werden, wie wir es nun schon kennen, in Listen eingetragen. Dann bezahlen wir unser Bett, heute 5,-€ und zuletzt gibt es den Stempel. Es stört nicht, daß wir 2 Nächte in der selben Stadt verbringen, wir könnten auch noch die dritte Herberge aufsuchen. Man darf aber keinesfalls 2 Nächte in einer Herberge bleiben. Der junge Mann weist uns auf englisch ein und schickt uns in die erste Etage. Es gibt verschiedene Räume. Wir gehen in den mit weniger Betten. Da kommt auch schon der junge Mann hinterher und sagt, dass die Betten zugewiesen werden und im Nachbarraum die Nummern beginnen. Wir jammern ein bisschen und er lässt uns da wo wir sind. Glück gehabt! Nun sammeln wir unsere Sachen alle, auch unsere großen Handtücher, zusammen. Denn heute, wie wunderbar, gibt es eine Waschmaschine und Internet. Wir stopfen unsere Wäsche, unter Aufsicht einer Nonne, in die Waschmaschine. Sie setzt sie dann in Gang. 4,- kostet uns das Vergnügen, das wir sehr gerne zahlen. Wir können in einer ¾ Stunde unsere Wäsche wieder abholen. Sie ist leider nicht so sauber geworden, wie gewünscht, aber sie duftet verführerisch. Es gibt sogar einen Trockner, aber wir wollen mal nicht übertreiben. Sonne und Wind sind schließlich umsonst. Auf dem Hof sind die Leinenplätze bereits voll und unsere eigene Leine kommt wieder einmal zum Einsatz. Das Teil möchte ich nicht entbehren. In der Zeit, als sich unsere Wäsche in der Maschine ihre Runden dreht, werden wir am PC aktiv. Wir schreiben allen, denen wir es versprochen haben. Ich habe ein Problem mit meinem Passwort. Ein „Ö“ ist nicht gut, wenn man in Spanien eine Tastatur bedienen will.
Weitere Kostenlose Bücher