Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
jetzt nur, warum Karola einen etwas verstimmten Eindruck macht. Der Gauner denkt wohl wir sind nicht ganz auf der Höhe. Damit hat Lothar sein Ansehen bei uns verspielt. Wir sehen ihn mit anderen Augen. Nun wollen wir erst recht wissen, mit wem wir es hier zu tun haben und ich bemühe im Hotel augenblicklich das Internet.
Wir erfahren also sogleich, dass es auch unehrliche Friseure gibt. Im Zimmer zurück befühlen wir unsere Wäschestücke und unsere Schuhe und hoffen inständig, dass die Sachen bis morgen trocknen. Wir möchten ordentlich an der Kathedrale ankommen. Eine Geschichte wird es heute nicht geben. Wir sind einfach zu müde.
24. Oktober, Montag, Einzug in Santiago, Nieselregen, 19 °C, 5 km
Wir stehen 9.00 Uhr auf und suchen unsere Sachen zusammen, die wirklich getrocknet sind. Wer hätte das gedacht. In der Bar nebenan frühstücken wir mit Lothar, der uns wohl von nun an begleitet. Dass sein Geheimnis keines mehr ist, weiss er nicht und wir amüsieren uns insgeheim, wie wichtig seine Anonymität ihm weiterhin ist. Wir brechen gestärkt zu unserem letzten Gang auf.
Den Pfeilen und den Muscheln folgend, pilgern wir dem Ziel entgegen, die vielen Pilger die mit uns ziehen, streben zum Höhepunkt, der Kathedrale. Karola ist aufgeregt, um jede Ecke vermutet sie das Bauwerk, Lothar und ich haben noch so viel Erinnerung, dass wir wissen, wann der große Augenblick da ist. Und dann stehen wir vor ihr. Karola ist total ergriffen, muss weinen. Wir umarmen uns, es war ein schöner Weg zu zweit, den wir nie vergessen werden.
„Unser WEG!“
24. Oktober, Montag, Einzug in Santiago, Karola, Lothar und Sandra
Wir gehen, nachdem die Fotos gemacht sind, in die Kathedrale und kommen gerade zur richtigen Zeit. In Kürze beginnt die Pilgermesse. Es ist wunderbar, Karola ist glücklich, man kann es nicht übersehen. Wir legen noch die kleinen Steine, Schutzengel und Dinge die uns Menschen von zu Hause mitgaben in eine kleine Nische in der Kathedrale und hoffen es bringt Glück.
Nach der Messe holen wir unsere Compostella aus dem Pilgerbüro und verstauen sie wasserdicht. Im Info-Büro bekommen wir einen Stadtplan und noch einige wertvolle Auskünfte. Wir finden nach einigem Suchen die auserwählte Herberge mitten in der Stadt und richten uns ein. Zunächst will Lothar mit in unsere Herberge ziehen. Bekommt aber noch rechtzeitig mit, dass er hier kein Einzelzimmer bekommt. Lothar hat nur in Pensionen übernachtet. Mit anderen Menschen gemeinsam über Nacht den Schlafraum zu teilen, ist für ihn unvorstellbar. Er erinnert uns sehr an H. P. Kerkeling und zwar nicht nur wegen seines Argwohns Herbergen gegenüber. Er verlässt die Herberge und wird gleich in der Nachbarschaft ins Hotel ziehen. Heute Abend verlassen wir das Haus nur noch, um Getränke vom Laden nebenan zu holen. Ich habe mir eine starke Erkältung eingefangen und bin froh im Bett zu bleiben, außerdem regnet es immer wieder. Eigentlich wollen wir morgen nach Finesterra fahren, sind aber wegen des schlechten Wetters noch unschlüssig. Wir schlafen auch in dieser Herberge gut. Wir sind ja allerhand gewöhnt. Ein glücklicher Tag endet.
Auch 2009 war dieser besondere Tag für Martin, Juliane und mich sehr ergreifend. Unser Weg führte uns von Monto do Gozo 5 Kilometer bergabwärts zu der wunderbaren Kathedrale in Santiago de Compostela. Ganz gemütlich gehen wir durch die Stadt. So wie in den vorangegangenen Wochen, immer in Richtung Westen. Über unzählige Zebrastreifen und Ampelkreuzungen führen uns die Pfeile durch die Stadt.
Die Kathedrale ist so früh am Morgen, es ist vielleicht 8.00 Uhr, noch in Nebel gehüllt. Nichtsdestotrotz machen wir eifrig unsere Fotos. Die Kathedrale erscheint uns gigantisch. So früh am Morgen besuchen zumeist Einheimische und Pilger, die von Monto do Gozo kamen, die Kathedrale. Erst am späten Vormittag bevölkern Touristen die Stadt. Jetzt können wir den heiligen Ort noch in Ruhe betrachten und erkunden. Wir kommen an einem Seiteneingang in das Gebäude. An den Reliquien des heiligen Jacobs wird man durch einen schmalen Gang geführt. Einige Gläubige knien vor dem Schrein ergriffen nieder und beten, manche weinen sogar. Wir schauen uns weiter in der ruhigen Kathedrale um und kommen an einem Raum vorbei, in dem gerade eine deutsche Morgenmesse abgehalten wird. Wir lauschen den Worten. Wir setzen uns dann einfach in den Kirchenraum in eine Bank und betrachten von hier die Schönheit des Gotteshauses. Nun wird es Zeit unsere
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