Zwei Krankenschwestern auf dem Jacobsweg oder im Oktober gibt es keine Nachtpilger (German Edition)
an. Hier holen wir uns in der kleinen Kapelle unseren Stempel und gehen dann zum Denkmal, das mächtig oben auf dem Berg thront. Anlässlich des Papstbesuches 1993 wurde das Denkmal hier errichtet. Übersetzt heißt Monte do Gozo: „Berg der Freude“ oder des „höchsten Genusses“. Das ist wohl war, wir sind wirklich erleichtert, als wir hier angekommen sind und ein Gefühl des Glücks macht sich breit. Wir bleiben einen Moment unten auf der Mauer sitzen, ruhen uns einfach nur aus und schauen dem bunten Treiben der ankommenden Pilger zu. Sie sind überall, umarmen einander, machen gegenseitig Fotos und umrunden das Denkmal, um sich die darauf befindlichen Bilder anzuschauen. Nicht weit von hier liegt das Pilgerdorf. Wir gehen also weiter, um das viel erwähnte Pilger-Auffangbecken in Augenschein zu nehmen.
Es sieht beim Näherkommen wirklich wie ein Lager aus.
Als wir ankommen sind, ist es noch nicht geöffnet und wir reihen unsere Rucksäcke mal wieder in die lange Schlange ein. Wir haben noch Zeit und schauen uns das Gelände an. Martin bleibt bei unserem Gepäck, er will seine Ruhe haben.
In 30 Wohnbaracken finden hier 500 Leute Platz, im heiligen Jahr kann auf 800 Betten aufgestockt werden. Das ist enorm und sichert einem auch im Sommer einen Platz. Man ist auf dem Gelände bestens versorgt, es gibt Krankenstationen, Kaffee-Bars, Einkaufsmöglichkeiten und die Herbergsbaracken sind bestens ausgestattet. Hier kochen wir unsere letzten Nudeln und genießen die Abschiedsstimmung, die in der Luft liegt. Wir treffen Wiebke und verabreden uns mit ihr, um am nächsten Tag nach Santiago einzuziehen.
Heute, 2011, schlendern wir so dahin, als wollten wir die letzte Strecke noch etwas dehnen. Wir kommen an eine Straße und auf der gegenüberliegenden Straßenseite gibt es eine Bar, in der sitzt unser Pilgerfreund Lothar, denn wir vor einigen Tagen und gestern wieder getroffen haben. Er winkt uns heran und wir trinken einen Kaffee mit ihm. Anschließend sind wir zu dritt. Wir reden über Gott und die Welt. Persönliche Dinge spart Lothar wohl bewusst aus. Er tut sehr geheimnisvoll um seine Person, wir sollen ihn vielleicht für prominent halten. Vielleicht ist es ja sogar so? Das werden wir rauskriegen. In der nächsten Bar machen wir noch einen Kaffeestopp und bekommen unseren ersten Tagesstempel, dabei gelingt mir ein Blick in sein Stempelheft und ich erfahre seinen vollständigen Namen. Den Wohnort wissen wir bereits und am Abend braucht es nur 5 Minuten bis das Internet ein Ergebnis ausspuckt. Er hat in M. ein Friseurgeschäft.
Wir müssen weiter und es regnet jetzt ohne Unterlass. Was wir erst noch als recht angenehm empfanden, wird uns jetzt doch lästig. Wir merken, dass wir allmählich durchweichen. Was für ein Glück hatten wir in den vergangenen Wochen mit dem Wetter. Als wir in Monte do Gozo ankommen sind, erhalten wir die letzten Stempel und nach uns wird die Kirche verschlossen. Unsere Schuhe sind total durchgeweicht, wir schwimmen. In der Herberge Monte do Gozo bleiben wir nicht, wir gehen der Stadt entgegen und finden ein Hotel. Wir sind glücklich endlich trockenen Boden unter den Füssen zu haben. Der Portier versucht uns sein miesestes Zimmer anzudrehen. Karola wird jetzt aber richtig sauer. Die Heizung geht nicht, der Boden ist schmutzig und in der Wanne fehlt mal wieder der Stöpsel. Das ist in Spanien wohl so Usus. Man sollte sich für Spanien also wirklich einen Universal-Stöpsel zulegen. Sie geht ins Erdgeschoß und zitiert den Portier heran. Er streitet auch gar nicht, gibt uns prompt ein gemütliches, warmes und sauberes Zimmer. Na geht doch! Zum Abendbrot sind wir mit Lothar verabredet und treffen uns beim Italiener auf der gegenüberliegenden Straßenseite. Heute ist Sonntag und mein Mann nimmt Kontakt auf. Wir lassen ihn an unserer Freude teilhaben und erfahren das Wichtigste aus der Heimat. Das Essen war wieder ausgezeichnet und Karola will die Finanzen regeln. Sie legt den Betrag plus guten Trinkgeldes auf den kleinen Teller bereit und Lothar soll seine Summe einfach dazu tun. Da haben wir aber nicht mit der Schlitzohrigkeit unseres Mitpilgers Lothar gerechnet. Er kramt umständlich in seiner Börse und beschließt, weil er es nicht ganz passend hat, mit seiner Karte zu bezahlen. Da er ja die gesamte Rechnung bezahlt, steckt er sich frech den Betrag, der auf dem Teller liegt, ein. Ich habe die Situation, weil ich mit anderen Dingen beschäftigt bin, gar nicht erfasst. Ich wundere mich
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