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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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Hände und sein Rücken fühlten, wie ihre Kraft nachließ. Er riss ihr die Arme nach hinten und es gelang ihm, seine Gegnerin umzudrehen. Während er sein Knie in ihr Rückgrat stieß, hielt er sie mit einem Arm an sich gepresst. Mit der freien Hand zog er seinen Dolch und setzte ihr die Spitze an die Kehle. Seine Stimme war vor Anstrengung nur noch ein heiseres Flüstern. »Ergib dich oder du bist des Todes!«
    Er konnte ihr Gesicht nicht sehen, doch er spürte, wie sie keuchte. Kein Zeichen verriet, ob sie ihn verstanden hatte. Immerhin wusste Usir, dass die Amazonen die Sprache der Atlantiden kannten. Aber sie war nicht die Frau, die auch nur einen Augenblick nachgegeben hätte. So hütete er sich seine Umklammerung zu lockern. Ein rascher Blick genügte ihm, um festzustellen, dass das Näherkommen der Schiffe die Krieger zu neuem Mut angespornt hatte.
    Mit herausfordernden Rufen verfolgten sie die Frauen und versuchten ihnen den Weg abzuschneiden.
    Plötzlich bemerkte eine der fliehenden Amazonen, dass die Königstochter sich in der Gewalt des Feindes befand. Sie riss ihr Pferd herum und raste mit einem schrillen Schrei dem Ufer entgegen. Usir sah die Reiterin mit donnernden Hufen auf sich zukommen. Ihre Haut glänzte wie Kupfer, ihr hübsches Gesicht war zur fauchenden Fratze eines Raubtieres verzerrt, als sie kraftvoll und behände ihren Speer schwang. Da traf der Pfeil eines Atlantiden sie mitten in die Brust. Sie stürzte ohne einen Laut von sich zu geben und ihr schwarzes, schaumbedecktes Pferd flüchtete verstört in die Klippen …
    Die Schlacht schien gewonnen; dennoch spürte Usir, dass ihnen das Schlimmste noch bevorstand. Seine angeborene Vernunft riet ihm, seine Gefangene, offensichtlich ein Mädchen von hohem Rang, in Gewahrsam auf die Galeere zu bringen.
    Â»Vorwärts!«, befahl er.
    Sie rührte sich nicht. Er verstärkte den Druck des Dolches und sah die Spitze in die Haut des Mädchens dringen. Sie presste die Kiefer derart zusammen, dass die Sehnen an ihrem zarten, bronzefarbenen Hals hervortraten. Ungestüm stieß Usir sie vor sich her. Er hielt die Spitze seines Dolches weiterhin an ihrer Kehle und beobachtete unablässig jede ihrer Bewegungen. Er wusste, dass sie die geringste Unaufmerksamkeit wahrnehmen würde, um ihm zu entschlüpfen.
    Immer tiefer wateten sie durchs Wasser. Die gewaltigen Ausmaße des »Riesen« ragten vor ihnen auf. Die ausgestreckten Ruder bewegten sich wie feuchte Greifer eines Schalentieres. Usir zwang das Mädchen sich an der Strickleiter hochzuziehen und schwang sich hinter ihr an Deck. Dann winkte er zwei Wachen herbei und wies auf die Gefangene: »Legt sie in Ketten und bewacht sie gut!« Ein vielstimmiger Schrei wurde am Ufer laut. Usir wandte den Kopf. Trotz seiner Selbstbeherrschung fühlte er sein Herz schneller schlagen. Vor seinen Augen schienen sich die Steilhänge der Insel in Bewegung zu setzen. Wie aus dem Erdboden gewachsen erschienen neue Reiterinnen in unzähligen, dicht gedrängten Reihen. Tausende mussten es sein.
    Die Sonne spiegelte sich in unzähligen Schwertern, Streitäxten und Dolchen, schillerte wie ein feuriges Emblem an den hakenförmigen Spitzen der Lanzen. In langsamem Trab rückte das Heer näher. Ihm voraus ritt eine Frau, die in einer perlmutterglänzenden Rüstung wie mit Fischschuppen bekleidet schien. Sie trug lederne Beinschützer und eine Kette von Tierkrallen um den Hals. Ihr schwarzer Helm, der mit den geschnitzten Zähnen von Ebern geschmückt war, ließ ihr rotbraunes Haar sehen, das in ungebändigter Fülle über Schultern und Rücken flutete. Sie ritt einen Fuchs mit so mächtiger Brust, so schmalen und doch kräftigen Beinen, dass er an Stärke und Schönheit alle anderen Pferde übertraf. Der Schweif war hochgebunden, die Mähne mit Amuletten durchflochten und zwischen den Ohren zu zwei Stirnlocken gestutzt.
    Jemand schrie: »Das ist Zena, die Königin!«
    Wie ein Echo lief der Name von Mund zu Mund, dann erstarb jedes Geräusch.
    Usir spürte ein seltsames Prickeln auf der Haut. Er hatte das Gefühl, dass etwas Unnatürliches den Anblick dieser Frauen umgab. Plötzlich wurde es ihm klar: Es war die Stille. Über tausend Amazonen standen ihnen gegenüber und doch erreichte sie kein Wort, kein Schrei. Es war unheimlich. Das Rauschen der Brandung übertönte das

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