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Zwei Sonnen am Himmel

Titel: Zwei Sonnen am Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Federica de Cesco
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die nur ab und zu durch ein aufgeregtes Schnauben und Wiehern unterbrochen wurde. Am Strand war das Stöhnen der Verwundeten deutlich zu vernehmen. Ein verletztes Pferd wälzte sich blutüberströmt auf dem weißen Sand …
    Dann, mit einem Male, ertönte wieder das gespenstische, lang gezogene Kreischen. Die Reiterinnen gingen zum zweiten Angriff über! Usir sah die Schatten der Pferde wie riesige schwarze Vögel über den Sand gleiten. Unter seinem Harnisch lief ihm der Schweiß über den Rücken. Die Amazonen jagten ihnen entgegen, Welle um Welle. Das blonde Mädchen ritt an der Spitze. Usir sah ihr Haar im Wind flattern, sah ihre Peitsche kreisen. Die Falten des weißen Mantels blähten sich wie Schwingen. Die Reiterinnen brausten über Felsen und Gestrüpp hinweg, durchbrachen die feindlichen Linien, gleichsam wie die scharfen Kiele der Galeeren sich den Weg durch schäumende Meereswogen bahnen. Ungeachtet der schwirrenden Speere, der Schwerthiebe und Dolchstöße raste der weiße Hengst, von seiner eigenen Kraft beflügelt, vorwärts. Die Reiterin schien die Lanzen nicht zu bemerken, die wie ein funkelndes, messerscharfes Strahlenbündel auf sie zukamen. Mit voller Wucht warf sich das Streitross den Speeren entgegen: Tief drangen die tödlichen Spitzen in das weiße, schweißnasse Fell. Roten Quellen gleich quoll das Blut aus der Brust des Hengstes; er stieß ein Wiehern aus, so rau wie das Schnauben einer Wildkatze. Ein Zucken durchlief seinen Körper. Die Beine gaben nach, er fiel in die Knie, während ihm blutiger Speichel aus dem Maul rann. Dann stürzte er mit seinem ganzen Gewicht ins aufspritzende Wasser.
    Noch während das Tier stürzte, ließ sich das blonde Mädchen zur Seite fallen. Mit der Schulter prallte es gegen ein Felsgestein. Die Kinnhalterung ihres Helmes zerriss und ihr Kopf wurde entblößt, doch sie hatte die Peitsche nicht aus der Hand gelassen. Usir erreichte sie mit zwei Sprüngen. Schon war das Mädchen wieder auf den Füßen. Ihr Mantel hatte sich gelöst und die Wogen spülten ihn fort. Das nasse Haar bedeckte ihre Schultern.
    Sie hob den Arm. Die Peitsche pfiff haarscharf an Usirs Gesicht vorbei. Er wich dem Schlag geschickt aus und versuchte seine Gegnerin zu packen. Das Schwert nahm er nicht zur Hand, denn er wollte sie nicht töten. Es bedurfte seiner ganzen Geschicklichkeit, um die furchtbaren Peitschenhiebe abzuwehren. Die Amazone war sehr jung, fast noch ein Kind, doch sie hatte die Kraft eines Mannes. Stets zielte sie nach seinen Augen oder seinem Hals. Dort, wo die Peitsche die bloße Haut traf, hinterließen die Stacheln lange, blutige Striemen. Der Schmerz steigerte Usirs Wut. Er versuchte die Amazone zu Fall zu bringen, doch sie war behände wie eine Katze. Keuchend kämpften sie inmitten des Schlachtgetümmels. Die Wellen spülten Schilde und zerbrochene Waffenteile fort. Tote und Verwundete lagen im feuchten Sand. Das Blau des Himmels und des Meeres vermengte sich zu einem funkelnden Prisma, in dem die Silhouetten der Reiterinnen mit ihren Pferden verschmolzen, sich wie Fabelwesen aus der Tiefe des Ozeans bewegten.
    Usir war sich nicht bewusst, in welchem Augenblick die Schlacht ihre entscheidende Wendung nahm. Hatten die Amazonen eingesehen, dass sie den Vorstoß des Feindes nicht aufhalten konnten? Zwangen sie ihre Verluste dazu, den Kampf aufzugeben? Oder war es der Anblick der beiden Galeeren, die jetzt mit geblähten Purpursegeln in die Bucht einfuhren und die kriegerischen Frauen in Schrecken versetzten?
    Das Kampfgeschrei erstarb. Unschlüssigkeit schien sich unter den Amazonen zu verbreiten.
    Jemand rief: »Sie weichen zurück!«
    Das blonde Mädchen hatte das Herannahen der Schiffe bemerkt. Für den Bruchteil eines Atemzuges wandte sie ihre Aufmerksamkeit von Usir ab. Dieser nutzte blitzschnell seinen Vorteil. Er schlug ihr mit der flachen Hand so hart an die Kehle, dass ihr die Luft ausblieb und sie nach hinten taumelte. Schon stürzte sich Usir auf sie und drückte ihren Kopf unter Wasser. Die Peitsche entglitt ihrer Hand, doch sie wehrte sich mit einer Kraft, die der seinen so gut wie ebenbürtig war. Sie stießen, schlugen und wanden sich, während die Wellen sie wieder und wieder überspülten. Das Mädchen war wie biegsame Bronze, aber Usir spürte, dass sie jetzt zu verwirrt war, um kaltblütig zu ringen. Seine

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