Zwei wie wir: Roman (German Edition)
Mund: »Ach ja, kann sein, dass ihr bald Großeltern werdet.«
Inna wird blass, ich spucke mein verbranntes Würstchen aus. »Wie bitte? Heißt das, Rosie ist schwanger?«
Rosie, Julians Freundin, ist ein nettes Mädchen, und die beiden sind immerhin schon seit drei Wochen zusammen. Sex gehört sowieso dazu. Dafür ist in der Generation Zusammensein nicht mal notwendig. Wir sollten uns freuen.
Ich sehe meinen Ziehsohn überrascht an. »Und du Trottel hast nicht verhütet?«
»Wieso ich? Sag das Rosie«, sagt Julian schulterzuckend.
»Nenn ihn nicht Trottel«, fährt Inna mich an.
»Aber er ist einer! Jungs müssen genauso darauf achten«, sage ich.
»Hat Inna damals auch nicht getan«, sagt Julian.
Ich grinse. Inna schüttelt entschieden den Kopf.
»Was ist verhüten?«, will Emma wissen.
»Das ist eine Technik, mit der man verhindert, dass Idioten wie dein Bruder und dein Vater auf die Welt kommen«, erklärt ihr Inna.
»Ach so«, sagt Emma. Sie ist unser Nesthäkchen, aber sie versteht mit ihren neun Jahren eine Menge.
»Nicht witzig«, sagt Julian.
»Bleibt beim Thema, Leute. Unser Sohn wird Vater. Mit siebzehn«, werfe ich ein.
Inna schüttelt sich, als wäre ihr eine haarige Spinne ins Hosenbein gekrochen. »Gott, das ist doch ein Unterschied. Ich war immerhin … Moment mal … neun Jahre älter!«
»Du würdest ihn auch verteidigen, wenn er uns erzählt, dass er in New York eine Atombombe gezündet hat, oder?«
»In New York nicht. Aber in München.«
»Großartig.«
»Habt ihr eigentlich schon mit Rosies Eltern gesprochen?«, will Inna von Julian wissen.
Der Junge grinst uns an wie ein Aktienberater der Sparkasse. »Ich fasse es nicht, dass ihr es mir wirklich zutraut.«
»Dann stimmt’s gar nicht?«, frage ich misstrauisch.
»Natürlich nicht. War ein Witz«, erklärt Julian.
»Oh«, sagt Inna.
»Nicht witzig«, sage ich.
»Find ich schon«, sagt Julian.
»Ich auch«, sagt Emma.
»Ich brauch einen Schnaps. Auf den Schock«, sage ich.
»Ich auch«, sagt Julian.
»Nein, du bist zu jung.«
»Ein Mädchen zu schwängern, traust du mir zu? Aber einen Schnaps darf ich nicht?«
»Genau.«
Es wird ein guter Abend. Friedlich bis auf Ausnahmen. Harmonisch bis auf kurze Gewitter. Gehört alles dazu.
3
M o ntagmorgen, neun Uhr. Ich beuge mich nach unten und öffne das kleine Vorhängeschloss, mit dem das Schaufenster des Schuster’s gesichert ist. Mit einem lauten Rasseln schiebe ich den Metallrollladen hoch und betrete das Geschäft, das mit einer Fläche von gerade einmal fünfzehn Quadratmetern nicht gerade riesig für ein Café ist. Aber was heißt schon Café? Eher eine Espresso-Bar. Meine Espresso-Bar. Ich blicke mich kurz um, lächele und fühle mich gut. Der Arbeitstag kann beginnen. Die Woche kann beginnen. Mein anderes Leben kann beginnen.
A l s Inna und ich damals zusammenzogen, war klar, dass ich mein bisheriges Leben nicht einfach fortführen konnte. Ich betrieb einen Klub, die Fortuna-Bar im Hamburger Schanzenviertel. Ich ging abends aus dem Haus und kam am Morgen nach Hause. Da sie schon damals als Journalistin bei einer Zeitschrift arbeitete, sahen wir uns nur kurz zum Frühstück. Danach ging sie in die Redaktion und ich ins Bett. Abends war es umgekehrt.
Eine Zeit lang bildeten wir uns ein, dass es klappen könnte. Sie war so, und ich war anders. Schließlich hatten wir uns geschworen, uns nicht zu verändern, nur weil wir zusammen waren. Das war nicht reifer als Julian heute ist. Ehrgeizig und sympathisch, aber eben auch verträumt.
Als wir dann heirateten und beschlossen, ein gemeinsames Kind zu bekommen, sahen wir ein, dass wir eben doch anders werden mussten. Jedenfalls ein Stück weit.
Ich stieg aus dem Klub aus, den ich damals mit meinem Freund Gerrit betrieb, und arbeitete ein paar Jahre als Onliner in einem Verlag. Inna hatte mir den Job besorgt. Ich hatte zwar keine Ahnung vom Internet, aber für meine Arbeit musste ich das auch gar nicht. Ich machte von morgens bis abends nicht viel anderes, als Artikel, die in Zeitschriften erschienen waren, fürs Internet aufzubereiten, zu formatieren und zu kürzen. In den Medienhäusern herrschte Pionierstimmung, die Manager glaubten, eine Menge Geld mit Online-Angeboten verdienen zu können. Klar, im Mittelalter glaubten die Leute ja auch, dass die Erde eine Scheibe wäre und man aus Quecksilber Gold machen könnte. Jedenfalls stellten sie einfach jeden ein, der auch nur www sagen konnte.
Nach einer Weile merkte
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