Zwei Worte bis zu Dir - Die Wildrosen-Insel 1: Ein Serienroman (German Edition)
gemacht«, verteidigte sich Carina. »Ich hatte Angst, dass du dich in etwas verrennen würdest, dass es dir am Ende noch schlechter gehen würde als vorher. Ich kenne dich einfach so gut, dass es mir unmöglich war, zu übersehen, wie wenig dein Verhalten noch mit dir zu tun hat.«
Carina griff nach ihrem Ellbogen, doch Vanessa entzog sich ihr augenblicklich. Das Letzte, was sie jetzt gebrauchen konnte, war falsches Mitgefühl, geschweige denn körperliche Nähe.
»Du hast mich hintergangen«, sagte Vanessa. »Du hast dich in Dinge eingemischt, die dich nichts angehen, ohne Rücksicht auf Verluste. Aber ich kann dich beruhigen, du hast dein Ziel erreicht: Gregor hat sich von dir einlullen lassen, er hat den Kontakt zu mir komplett abgebrochen. Ich hoffe, du bist zufrieden.«
»Abgebrochen?« Carina dachte nach.
»Ja, abgebrochen. Aus. Schluss. Ende. Das war es doch, was du wolltest. Und das hast du auch bekommen. Herzlichen Glückwunsch, Fräulein Klosterfrau. Du kannst dir sicher sein, dass ich dich in meinem Roman ›Wie ich zur Nonne wurde‹ dankend erwähnen werde.«
Vanessa ließ sich atemlos neben dem fremden Mann aufs Sofa fallen. Ein Tourist, wie es schien, vermutlich Ende fünfzig, mit dem Wortschatz einer Stubenfliege, denn noch immer beobachtete er schweigend das Szenario, dessen Zeuge er unfreiwillig geworden war.
Carina blieb vor dem Sofa stehen. »Es tut mir leid, Vanessa. Ich wollte dir nicht weh tun und ich wollte dir nichts kaputtmachen. Ich wollte nur, dass … ich weiß doch selbst nicht, was in mich gefahren ist. Ich hatte einfach Angst um dich. Du warst immer so etwas wie eine kleine Schwester für mich, da konnte ich doch nicht mit ansehen, wie du dich in eine skrupellose Frau verwandelst, die du nun mal einfach nicht bist. Ich habe befürchtet, dass du mit dem Echo deiner Handlungen nicht würdest umgehen können.«
Vanessa hatte sich mittlerweile der Wortlosigkeit des Porträtierten auf dem Sofa angepasst. Vielmehr saß sie dort, weil sie nicht wusste, wohin sie gehen oder was sie tun sollte. Neben der Wut über ihre Freundin, die in ihrer Überfürsorglichkeit wieder einmal weit übers Ziel hinausgeschossen war, kreisten ihre Gedanken nämlich vor allem um Gregor. Hatte er sich tatsächlich mehr erhofft als eine unverbindliche Affäre? Und warum hatte sie es nicht eher bemerkt, dass er es sehr viel ernster mit ihr meinte, als sie angenommen hatte?
Das Schlimmste war jedoch, sich selbst dabei zu ertappen, dass ihr der Gedanke, Gregor wolle mehr von ihr, plötzlich keine Angst mehr einjagte. Ganz im Gegenteil, ihr gefiel die Vorstellung, ihn von nun an noch öfter zu sehen als bisher. Vielleicht hatte sie Carinas fragwürdiges Eingreifen gebraucht, um sich dieser Tatsache bewusst zu werden. Gleichzeitig war es aber auch Carinas Anruf zu verdanken, dass Gregor jegliches Interesse an einer Liaison oder Ähnlichem verloren hatte. Der Zug war abgefahren, und zwar in Richtung Das war’s .
»Ich habe es nur gut gemeint«, sagte Carina. »Und ich weiß jetzt auch, dass das falsch war. Aber glaub mir, es geschah einfach nur aus Sorge um dich.«
Vanessa stand auf. »Falls es dir noch nicht aufgefallen sein sollte, ich habe schon eine Mutter, die sich in alles einmischt. Was ich brauche, ist eine Freundin, keine überfürsorgliche Glucke, die mir das Denken abnehmen will.«
»Aber ich bin deine Freundin«, beteuerte Carina. »Und so etwas wird nie wieder geschehen. Das verspreche ich dir.«
»Dafür ist es jetzt wohl zu spät.«
»Aber wenn es dir wirklich ernst ist mit Gregor, dann ist das vielleicht die Chance, alles wieder geradezubiegen.«
»Ich weiß nicht, was ich von ihm will. Ich weiß nur, dass das zwischen uns etwas Gutes war.« Vanessas Blick wanderte über Carinas Schulter hinweg durch das Fenster auf einen Fetzen Meer, der darauf zu warten schien, dass die Mittagssonne Gnade walten ließ. »Und das ist jetzt vorbei.«
Das Bedauern in Carinas Augen war unübersehbar, trotzdem tröstete es Vanessa nur wenig.
»Aber vielleicht nicht endgültig«, sagte Carina.
»Ich muss jetzt gehen«, entgegnete Vanessa knapp.
»Aber …«, setzte Carina an, doch da hatte sich Vanessa bereits von ihr abgewandt und das Atelier verlassen.
* * *
»Du solltest nicht zu hart mit ihr sein. Klar, sie hat Scheiße gebaut, das sehe ich genauso, aber letztendlich hat sie es, so seltsam sie das auch manchmal zum Ausdruck bringt, nur gut gemeint.«
»Und das ausgerechnet aus deinem Mund«,
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