Zweifel in Worten
sollen?
Er hypnotisierte die Profilseite in der Gay-Community und aktualisierte wieder und wieder.
Irgendwann musste sich doch mal was tun!
Er seufzte tief und aktualisierte ein letztes Mal. Blinzelnd sah er, dass tatsächlich endlich eine Nachricht angekommen war. Er rief sie auf und brüllte zeitgleich nach seinem Liebsten. „Gabriel! Wir haben endlich eine vernünftige Antwort!“
Gabriel erschien hinter ihm, setzte sich in einen Sessel in der Nähe und sagte: „Na, dann lass mal hören.“
„Okay, also Absender: Frank’nFurter_26. Betreff: Palmenstrand und Sonnenbrand? “, berichtete Sam und lehnte sich zurück, während er den Rest der Nachricht vorlas und Gabriel eine Hand hinstreckte, die dieser sofort ergriff und liebevoll streichelte.
„ Hallo Ihr,
Meine Antwort an Euch wäre, dass ich nicht mit fremden Männern reden darf, weil meine Mami mir das immer verboten hat. Auch wenn das mittlerweile über 20 Jahre her ist, gelten bestimmte Regeln noch immer. Das Reden (oder in diesem Fall Schreiben) lasse ich mir jedoch schon lange nicht mehr verbieten und daran sehe ich auch nichts Schlechtes.
Beim Mitmachen dagegen sieht die Sache schon ganz anders aus. Ich würde weder zusehen noch aktiv werden wollen. Weil ich über jene zwei Kerle auf der Decke überhaupt nichts weiß. Ich bin nicht lebensmüde oder draufgängerisch genug, um mit wildfremden Menschen spontan in eine wie auch immer geartete Interaktion zu treten.
Ich hoffe, das wird mir jetzt nicht schonungslos als übertriebene Prüderie ausgelegt, jedoch lege ich heutzutage deutlich mehr Wert darauf, diejenigen, mit denen ich meinen Spaß habe, wenigstens ein wenig zu kennen.
Grüße Frank
P.S.: Nein, ich bin kein Transvestit, auch wenn mein Nickname hier das vermuten ließe. =) “
„Wow“, entfuhr es Gabriel, völlig untypisch für ihn, so dass Sam ihn erstaunt musterte.
„Na? Der weiß, wie man sich ausdrückt, was?“
Gabriel grinste. „Vor allem scheint er zu wissen, wie man sich benimmt. Wo kommt er her?“
Sam wandte sich wieder dem PC zu und rief das Profil von Frank’nFurter_26 auf. „Aus Berlin. Sein Motto lautet: Lesen gefährdet die Dummheit.“
„Gefällt mir“, befand Gabriel und zu Sams Freude schien er ebenso angetan von diesem Frank wie er selbst.
„Ja, mir auch! Was wollen wir ihm antworten?“
„Hm, vielleicht zunächst einmal, dass er als Einziger eine Antwort geschickt hat, die nicht von Körperteilen und Kraftausdrücken strotzt?“, schlug sein Freund vor.
„Gute Idee. Du oder ich?“
„Mach du, wenn mir an deiner Antwort noch was fehlt, sage ich es ...“
Sam tippte:
Hallo Frank,
Ehrlich mal, mit einer derart vernünftigen, gescheit formulierten und zu unseren Erwartungen passenden Antwort hatten wir nicht mehr gerechnet. Morgen sollte die Annonce offline gehen, weil wir keine Lust mehr auf dumme Eindeutigkeiten oder plumpe Anmachen hatten.
Wie Du bereits angedeutet hast, fehlt Dir einiges an Info über uns, um Dir überhaupt ein Bild von den Typen machen zu können, die eine solche Kontaktanzeige schalten.
Das würden wir nun gern ändern. Deshalb schlagen wir vor, dass wir zunächst mal mit den Fakten beginnen. Jeweils ein Fakt zum Umfeld (Beruf, Leben etc.) und ein Fakt zum Aussehen.
Es gibt natürlich haufenweise Fotos von uns, aber wir können über eine Seite wie diese oder auch sonstige Emails einfach keine davon verschicken. Wir hoffen, es reicht Dir (erst mal), wenn wir das mit unseren Berufen erklären. Gabriel ist der Boss einer europaweit agierenden Firma, Sam ist Ermittler.
Das zunächst zum Umfeld, jetzt noch zwei „sichtbare“ Fakten:
Gabriel hat dunkelblondes Haar und dunkelblaue Augen. Sam ist hellblond und über zwei Meter groß.
Es ist etwas unfair, weil wir den Anfang damit machen, aber Du darfst in deiner nächsten Antwort natürlich auch gern Fragen stellen. Hier sind unsere:
1. Was machst Du nach Feierabend am liebsten?
2. Welche Haarfarbe hast Du?
Wenn Dir das lieber ist, schreib’ Deine Antwort gern an unsere Emailadresse (ganz unten).
Hoffentlich haben wir dich jetzt nicht gleich wieder vergrault.
Viele Grüße von Sam und Gabriel
Sam las seinen Text laut vor und Gabriel nickte ihn ab. Kurz darauf befand sich die neue Nachricht an Frank bereits in dessen Postfach.
Ehrliche Emails
Nachdem er noch seine normalen Emails gecheckt hatte, wollte Frank seinen PC herunterfahren und stellte erstaunt fest, dass er vergessen hatte, sein Browserfenster wieder zu
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