Zweifel in Worten
stimmte vermutlich, Helmi gehörte so sehr zu diesem Haus wie niemand sonst. Sie würde nie kündigen und Sam auch niemals ernsthaft böse werden, weil er naschte.
„Also? Willst du die Anzeige ändern oder rausnehmen?“, hakte Gabriel noch einmal nach.
„Nein, ich denke, zwei Wochen geben wir der Sache noch, dann ist dieses Experiment offiziell gescheitert ...“ Sam schlang seine Arme um ihn und küsste ihn erneut. „Vielleicht ist es mir auch viel lieber, dass ich dich nicht teilen muss.“
Gabriel nickte. Das mit dem Teilen war sowieso so eine Sache. Im Grunde wussten sie beide, dass sie sich liebten und das ja auch nicht erst seit gestern, sondern immerhin schon seit sieben Jahren!
„Du musst doch sowieso nicht, Sammy. Wie du dich sicherlich erinnern wirst, hast du dir diesen Floh ins Ohr setzen lassen, nicht ich.“
Zu Anfang hatte die Idee eines guten Freundes aus New York für Sam und ihn wirklich seltsam geklungen. Immerhin waren sie lange Jahre zusammen und sahen überhaupt keine Notwendigkeit, mehr ‚Pepp‘ in ihre Beziehung zu bringen, aber bei längerem darüber Nachdenken entstand am Ende die Überlegung, eine Art Testballon zu starten und einfach abzuwarten. Jeromé hatte ihnen erzählt, dass man so am schnellsten herausfand, wie die Mitglieder einer Gay-Community tickten. Man schrieb eine Annonce, die gegen jeglichen Mainstream lief und wartete ab. Mit etwas Glück fand man auf diese Art neue Kontakte, vielleicht Freunde, die über die allgemein auf den Online-Plattformen vorherrschende Oberflächlichkeit und Schnelllebigkeit hinausging.
Nun aber zeigte sich wohl doch, dass Sams angeborene Neugier einen enormen Reiz auf ihn ausübte und er tatsächlich mit dem Gedanken spielte, mehr als nur neue Freunde zu finden.
„Du sagst das, als hätte ich es allein entschieden ...“ Sams betroffene Miene ließ Gabriel schlucken und lächeln.
„He, schon vergessen? Wir tragen alle Entscheidungen zusammen. Und du weißt, dass der Reiz des Neuen mich auch längst gepackt hat. Also, gesetzt den Fall, derjenige, der sich meldet, entspricht dem, was wir uns vorstellen.“
„Hm, ich grüble schon die ganze Zeit, was ich mir vorstelle ... vielleicht zur Abwechslung mal etwas Rothaariges?“ Sam lachte und küsste Gabriel.
„Nein, dann lieber dunkle Haare. Und welche Augenfarbe?“, alberte Gabriel mit. Er wusste, dass auch Sam das alles nicht allzu ernst nahm.
„Hm, vielleicht ... grün? Ich finde grüne Augen voll sexy!“
„Oh, na danke ...! Sind dir meine blauen also nicht mehr schön genug?“
„Deine Augen sind der Wahnsinn, Engel, das weißt du sehr genau! Aber denk mal an so richtig feurige grüne und sag mir, dass sie auf dich nicht sexy wirken ...“
„Hm, also mir gefallen die himmelblauen, die mich grade ansehen, als wäre ich eine besonders appetitliche Vorspeise ...“ Gabriel knurrte leise und ließ seine Hand verlangend in Sams Nacken gleiten, um ihn dicht an sich zu ziehen.
„Vorspeise?“, flüsterte Sam gegen seine Lippen und übernahm die Initiative auf so fordernde Weise, dass Gabriel sich stöhnend ergab.
~*~
Sam starrte schon wieder auf die Annonce, die er und Gabriel aufgegeben hatten, überlegte, wie ratsam das Ganze wohl war und vor allem auch, welche Auswirkungen es haben könnte, wenn sie tatsächlich jemanden fänden, mit dem sie einmaligen Spaß oder vielleicht sogar eine Affäre anfangen könnten.
Immerhin wollten sie den oder die sich meldenden Typen ja vorher kennenlernen. Per Email zunächst und dann mal weitersehen.
Sein Erzengel und er hatten zwar schon so einige Eventualitäten durchgesponnen, aber alles blieb so hypothetisch!
Und genau das gefiel ihm gar nicht. Er wollte gern alles und sofort. Wieso verflucht noch mal meldete sich denn nicht einfach mal einer, damit sie es testen konnten? Immerhin waren die zwei Wochen beinahe um!
Inzwischen waren wirklich genug Bekloppte in ihre Mailbox getappt, um mit unschönen Umschreibungen und wirklich plattem Sex in gruseliger Ausdrucksweise und Rechtschreibung von ihren Schwänzen und diversen Löchern zu schreiben, die sie zu stopfen gedachten. Absolut nicht passend.
Also wartete er auf einen, der es ernst meinte ...
Morgen würde die Anzeige noch online stehen, danach nicht mehr. Aber noch war Sam einfach nicht bereit, das Experiment für gescheitert zu erklären.
Aufgeben war einfach keine Option für ihn. Noch nie. Wie hätte er sich sonst vor so vielen Jahren Gabriel, seinen Boss!, schnappen
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