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Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge

Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge

Titel: Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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Schweißperlen glänzten auf seiner Stirn. Und die rührten nicht von dem schweren Rucksack her, den er trug. Mit seiner kräftigen Zwergenstatur machte ihm das Gewicht nicht viel aus.
    Er stand ungefähr drei Schritte von Tomli entfernt, und der Zwergenjunge warf ihm einen schnellen Blick zu. Er war bei Saradul aufgewachsen und kannte ihn gut genug, um sofort zu erkennen, wie erschrocken er war. Ja, er musste zutiefst entsetzt sein.
    Saradul war oft übellaunig und mürrisch, auch wenn er es eigentlich gut meinte. Aber richtig entsetzt hatte Tomli ihn nur ganz selten erlebt.
    Was sich gerade ereignete, musste also wirklich schlimm sein, und Tomli hatte plötzlich das Gefühl, als würde sich eine eiskalte Hand auf seine Schulter legen.
    Der Weltenriss war vor langer Zeit in den tiefsten Höhlen unterhalb der Zwergenstadt Ara-Duun entstanden. Der Zwergenzauberer Ubrak hatte ihn versehentlich bei einem magischen Experiment erzeugt, und im Laufe der Zeit hatte er sich immer weiter ausgebreitet. Inzwischen drohte er die ganze Welt zu verschlingen. Die Magie, die von ihm ausging, wurde offenbar immer stärker und war an manchen Stellen bereits an der Oberfläche zu spüren.
    Es wurde höchste Zeit, dass Tomli und seine Gefährten die Prophezeiung erfüllten. Sie besagte, dass drei Zwergenkinder, direkte Nachfahren des Zauberers Ubrak, die Rettung bringen würden: Tomli, der Zauberlehrling, Arro, der Schmiedelehrling und Olba, die in die nahe Zukunft blicken konnte.
    Vor einiger Zeit war Tomli dafür zusammen mit Meister Saradul, seinen Freunden Arro und Olba, dem elbischen Fährtensucher Lirandil und dessen Schüler Olfalas von Ara-Duun aus zu einer langen Reise aufgebrochen. Der Zentaur Ambaros, ein Mischwesen aus Pferd und Mensch, hatte sich ihnen angeschlossen. Dem geheimnisvollen Buch des Heblon zufolge mussten die Zwergenkinder sieben magische Gegenstände finden, um den Weltenriss wieder zu schließen, den ihr Vorfahr Ubrak durch seinen Leichtsinn erschaffen hatte.
    Drei dieser Gegenstände – Ubraks Amulett, seine Zauberaxt und die Schuppe eines Drachen von Rugala – hatten sie bereits in ihren Besitz gebracht. Aber vier magische Artefakte mussten noch gefunden werden, und damit lag der Großteil ihrer Mission noch vor ihnen.
    Aber vielleicht war ja auch schon alles zu spät, befürchtete Tomli.
    Wenn er in den düsteren Himmel blickte, schien es ihm jedenfalls so.
    »Das Ende der Welt ist gekommen«, hörte Tomli einen der Hafenwächter erschrocken ausrufen. Der Mann ließ vor Schreck seinen Speer fallen.
    Tiefste Nacht brach herein, und es wurde eisig kalt. Selbst der schmale Sonnenkranz verschwand.
    Aus dem Wasser quollen immer weitere Blasen. Aber es war kein Gas, was da vom Meeresgrund aufstieg. Die Blasen waren mit Licht gefüllt, grellem weißem Licht, wie es auch aus dem Weltenriss strahlte.
    Tomli hatte ihn in den Höhlen unterhalb der Tiefenstadt von Ara-Duun schon gesehen. Außerdem spürte er die besondere Art von Magie, die von diesen Lichtblasen ausging. Er murmelte eine Formel, die ihn vor ihrer verderblichen Kraft schützen sollte.
    Wasser spritzte über die Hafenmauer von Hiros, die das Hafenbecken zum offenen Meer hin abgrenzte. Auch im Hafen selbst geriet das Wasser in Bewegung und ließ die Schiffe schaukeln.
    »Sogar die Wassergeister sind auf der Flucht«, erklärte Lirandil, und während er in die dunkle Nacht hinausstarrte, wurden seine Augen ganz schmal.
    Tomli konnte nichts erkennen. Aber Lirandil war ja auch ein Elb, und die waren für ihre besonders scharfen Augen bekannt.
    »Nichts wie weg hier!«, jammerte Ambaros. Der Zentaur stand immer noch auf dem Schiff, das nun seinem Namen alle Ehre machte: Es schaukelte wie eine Nussschale auf den Wellen und zerrte an den Tauen, mit denen es festgemacht war. Die Landungsbrücke drohte auseinanderzubrechen. In Kürze würde sie nicht einmal mehr mit Magie zu stabilisieren sein.
    »Dann bewegt endlich Euren Pferdehintern und kommt an Land!«, rief Saradul. »Was zwei empfindliche Elbenpferde schaffen, die schon ein falscher Gedanke verrückt machen kann, wird ja wohl auch ein zentaurischer Halsabschneider hinkriegen, der dummen Menschen zu überteuerten Preisen Heilkräuter verkauft, von denen man nur Durchfall bekommt!«
    »Erlaubt mal, Meister Saradul!«, empörte sich Ambaros.
    »Hopp!«, befahl Saradul mit knarzender Stimme. »Wir sollten wirklich nicht hier bleiben, denn es könnte sehr ungemütlich werden.«
    Ambaros schnaufte aufgeregt.

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