Zwergenkinder (04) - Der Kristall der Zwerge
seinem Kopf drehte sich alles.
Olba beugte sich über ihn. »Alles in Ordnung?«, fragte sie. »Ich war mir nicht ganz sicher, ob es wirklich funktionieren würde.«
»Das hättest du mir vorher sagen müssen!«, beschwerte sich Olfalas.
»Dann hättest du weiterhin nur herumgestanden, anstatt etwas zu unternehmen«, entgegnete Olba. »Ich selbst kann ja weder mit dem Bogen schießen noch zaubern, sonst hätte ich selbst eingegriffen.«
Kräftige Arme fassten Tomli unter den Achseln. Es war Arro, der seinen Freund auf die Füße zog. Dann hob er dessen Zwergenhelm auf, den Tomli verloren hatte. »Wir sind hier zwar nicht unter der Erde, wo einem immer etwas auf den Kopf fallen kann, aber ein Zwerg sollte niemals ohne Helm herumlaufen.«
Tomli war noch gar nicht in der Lage, auch nur ein einziges Wort hervorzubringen. Er setzte den Helm wieder auf, dann wandte er sich an seinen Meister.
Um den kümmerte sich bereits Ambaros – oder versuchte es zumindest. Doch dem Zaubermeister war das offenbar nicht recht, denn mit einer Handbewegung scheuchte er den Zentauren weg.
Saraduls einzige Sorge schien dem Inhalt seines Rucksacks zu gelten. Er öffnete ihn, um nachzusehen, ob mit der Drachenschuppe und dem magischen Buch des Heblon alles in Ordnung war.
Olfalas kniete sich neben Lirandil, der noch immer benommen am Boden lag. Er sprach eine Elbenformel und hielt Lirandil eine Prise geraspelter Heilkräuter unter die Nase. Sogleich kam der elbische Fährtensucher zu sich und richtete den Oberkörper auf. Er sagte etwas in der Elbensprache zu Olfalas, und obwohl Tomli sie nicht beherrschte, begriff er, dass Lirandil seinen Schüler lobte.
Dann lenkte ein lauter Seufzer der Erleichterung Tomlis Aufmerksamkeit wieder auf Saradul. Mit dem Buch des Heblon und der Drachenschuppe war offenbar alles in Ordnung.
Für etwas anderes galt das allerdings überhaupt nicht.
Tomli bemerkte es, als Saradul sich umdrehte.
Er starrte seinen Meister ebenso fassungslos an wie Arro, der seinen Mund nicht mehr zubekam.
Nur Olba sah nicht ganz so entsetzt aus. Vielleicht hatte sie es schon vorausgesehen und war darauf vorbereitet gewesen.
Saradul runzelte die Stirn und setzte sich den Rucksack wieder auf. »Was glotzt ihr mich denn an, als wäre ich ein Zwerg ohne Bart?«
»Ganz so schlimm es ist nicht, Meister«, sagte Tomli und überlegte fieberhaft, wie er Saradul beibringen sollte, was geschehen war.
»Wovon redest du, Schüler?«
»Das solltet Ihr Euch besser selbst ansehen«, sagte Arro.
Saradul blickte in seine Handfläche und murmelte eine Formel, die darin einen Spiegel erscheinen ließ.
Sein Bart war völlig verkohlt. Die magischen Kräfte, denen er ausgesetzt gewesen war, hatten ihn furchtbar verunstaltet. Man hätte meinen können, sein prächtiger, zu Zöpfen geflochtener Bart wäre einem Feuer zum Opfer gefallen.
Als Saradul sah, in welch erbärmlichem Zustand sich die Zierde seines Zwergentums befand, stieß er einen lauten Schrei des Entsetzens aus. Unwillkürlich griff er sich an die Reste seines Barts. Ein Fehler, denn seine Hände waren noch magisch aufgeladen. Es zischte, und der ohnehin schon völlig ramponierte Bart zerfiel zu bröseliger schwarzgrauer Asche.
»Das darf nicht wahr sein!«, jammerte Saradul.
»Meister, er wächst doch nach!«, versuchte Tomli den Zwergenmagier zu trösten.
»Er hat recht«, mischte sich Olba ein. »Ich sehe es.«
»Ach, wirklich?«, giftete Saradul.
»Euer Bart wird prächtiger denn je zuvor. Und Ihr werdet die doppelte Anzahl von Zöpfen daraus flechten können«, bekräftigte Olba.
Meister Saradul starrte sie aus zornfunkelnden Augen an. »Auf den Beistand einer Zwergin, die ihr wahres Zwergentum verrät, indem sie sich den Bart entfernen lässt, kann ich verzichten!«, knurrte er. »Will aussehen wie eine Menschin, weil die angeblich hübscher sind!«
»Meister, sie wollte Euch doch nur trösten«, verteidigte Tomli das Zwergenmädchen.
Saradul stampfte mit dem Fuß auf. »Ich bin aber un tröstlich!«
Er betastete sein Gesicht, das an ein gerupftes Huhn erinnerte. Es war kaum noch Bart übrig geblieben.
»Ihr wisst doch sicher einen Zauber, der Euch helfen kann«, wagte Tomli zu hoffen.
»So einfach ist das nicht«, antwortete Meister Saradul. »Schon Zwergenbärte verschwinden zu lassen ernährt ganze Kolonnen von unbegabten Möchtegern-Zwergenmagiern, die es niemals schaffen würden, in die Bruderschaft aufgenommen zu werden. Seit Bärte bei den Zwerginnen
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