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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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Was er als überaus quälend empfand, jede Faser seines Körpers rebellierte.
    Das war nicht Adam. Es musste ein Trick, ein Spiel oder ein Test sein. Aber es war nicht Adam.
    Custo preschte voran. Es spielte keine Rolle, in welche Richtung er lief, solange die Bäume und die Schatten mit seinem Verstand spielten. Er musste einfach weitersuchen. Irgendwo hier war Annabella. In seinem Kopf musste er den Kurs halten, nicht in dem Wald, dann würde er sie finden.
    Die Bäume öffneten sich etwas. Custo lief schneller und stieß prompt auf ein neues Hindernis.
    Sein Vater. In einem eleganten Anzug, aus dem die weißen Ärmel seines Hemds hervorlugten, stand Evan Rotherford vor ihm. Die Manschettenknöpfe der Familie Rotherford, die Custo niemals gehören würden, funkelten, obwohl es kein Licht gab.
    Custo erkannte in seinem Vater einen weiteren Test, aber er musste dennoch tief durchatmen, ehe es ihm gelang zu fragen: »Was willst du?«
    »Ich will meinen Sohn zurück«, erklärte sein Vater und streckte die Hand aus.
    Die Jahre voller Verbitterung und Wut ließen sich in einem einzigen Wort zusammenfassen, das Custo auf der Zunge brannte. Nein . Sein Vater hatte ihn jahrelang verleugnet. Er durfte sich nicht einfach umstimmen lassen. Nicht jetzt, nie. Sein Vater sollte zur Hölle fahren.
    Custo schloss die Augen und biss die Zähne zusammen. Sein Hass ließ ihn erstarren. Custo war festgewachsen, und die Wurzeln reichten bis tief in seine Seele hinein.
    Aber das hier war genauso wenig sein Vater wie Adam zuvor Adam gewesen war. Es handelte sich um einen Trick, den er knacken musste, ansonsten kam er nicht weiter.
    Denk an Annabella.
    Annabella war seine Zukunft so wie dieser Mann seine Vergangenheit.
    Wieder fühlte sich die Luft wie ein Widerstand an, der sich Wandel, Einsicht und Klarheit entgegenstellte. Custo atmete mühevoll ein, und als müsste er etwas Widerliches schlucken, arbeitete er mit Zunge und Zähnen daran, das Nein zu verwandeln. Mit einem scharfen Zischen stieß er ein »Ja« hervor und ergiff zum ersten Mal in seinem Leben die Hand des alten Mannes.
    Überrascht zuckte sein Vater zurück, aber Custo hielt ihn fest. Die Illusion löste sich auf, und in Custos Griff zitterte eine Fee. Sie erstrahlte bleich und schön im Mondlicht. Wie ein Schleier bedeckte ihr langes Haar den unteren Teil ihres Gesichtes, aber aus ihren Augen sprach Schmerz.
    Das nahm er ihr nicht ab. Er hatte eine Fee gefangen und würde sie nicht loslassen.
    »Wo ist sie?«, fragte Custo scharf.
    »Sie gehört nicht hierher«, sagte die Fee und starrte ängstlich auf ihre Hand, an der er sie festhielt. Er ließ sich nicht erweichen.
    »Hör auf, mich zu verarschen und zeig mir, wo sie ist«, erwiderte Custo. Die Frau hatte schlanke kalte Finger, die ein taubes Gefühl verursachten.
    »Es entspricht nicht unserer Natur, etwas zu verraten«, antwortete sie hochmütig.
    »Selbst, wenn ihr sie loswerden wollt?« Das war typisch für die Zwielichtlande, in denen der Wahnsinn stärker war als die Vernunft.
    – gehörtnicht, gehörtnicht, gehörtnicht –
    »Sie tanzt mit dem Wolf und gehört ihm.« Die Fee senkte die Lider und verzog angewidert den Mund, ganz offenbar gefiel ihr diese Verbindung überhaupt nicht.
    »Sie gehört mir«, widersprach Custo. »Ich hole sie mir zurück. Hilf mir, sie zu finden.«
    »Das kann ich nicht«, zischte sie, als gefiele ihr das selbst nicht.
    Die schwere Luft geriet in Bewegung, der Wind strich durch die Blätter und heulte wie … Geigen. Ein neuer Windstoß trug tiefere Töne herüber und ging in die Eröffnungstakte von Giselles Tanz als Geist über.
    Annabella.
    Custos Herz schlug aufgeregt. Er drückte die Hand der Fee. »Ist das wieder ein Trick?«
    »Vielleicht«, antwortete sie mit einem schiefen Grinsen.
    Custo spähte in die dunklen Bäume, die ihm wie große Wachposten Weg und Blick versperrten. Die Zwielichtlande widersetzten sich der Logik, also musste er seinem Herzen folgen.
    Und das wollte durch diese Bäume.
    Er ließ die Fee los. Mit Lichtgeschwindigkeit entriss sie ihm ihre Hand und hinterließ mit ihren Nägeln einen langen, tiefen Schnitt in seinem Handteller.
    Schmerz schoss durch Custos Hand, sein Blut strömte auf den Waldboden. Als er aufblickte, stellte er fest, dass die Fee gegangen war. Sie hatte ihre Rache bekommen und war verschwunden. Er fasste sein Handgelenk und wartete darauf, dass das heilende Brennen einsetzte.
    – Blut, Blut, Blut, Blut, Blut –
    Doch im

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