Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
Vom Netzwerk:
Blut?« Dann starrte er ihr mit offenem Mund ins Gesicht und brach die Untersuchung abrupt ab.
    »Ich habe mir in die Hand geschnitten«, antwortete Annabella. Aber nicht so stark, dass man sie von Custo wegreißen musste.
    Der Soldat aktivierte das Funkgerät in seinem Ohr. »Medizinischer Notfall. Wir müssen sofort evakuieren.«
    »Ich gehe nirgends hin. Es ist nur meine Hand.« Und selbst das war nicht so schlimm. Sie deutete in Richtung Lagerraum. » Er ist verletzt!«
    Weitere Schüsse hallten durch den Tunnel und prasselten auf ihr Trommelfell ein. Sie zuckte zusammen und hielt sich die Ohren zu, aber das Knallen erschütterte weiterhin ihren Schädel. Rechts von ihr legte ein maskierter Soldat eine Art Rucksack an, an dem eine seltsam geformte Waffe befestigt war. Das musste ein Flammenwerfer sein.
    »Ja, ja, ja«, sagte sie, »grillt ihn.«
    »Hier sind Sie nicht sicher.« Wieder der erste Soldat. »Sie sehen sehr krank aus und brauchen einen Arzt.«
    »Ich werde nicht … «
    Plötzlich ertönte ein Schrei, die Reihe der Soldaten wurde durchbrochen, und es folgte eine Kakofonie aus heftigen Gewehrsalven. Man brachte Custo blutüberströmt heraus, den rechte Arm gebrochen, der lahm an seiner Seite hing. Wenigstens stand er auf beiden Beinen.
    Jetzt konnten sie von hier fliehen.
    Das Gewehrfeuer ließ nach. Während einer Feuerpause wichen die Soldaten zurück. Dann breiteten sich in dem Keller eine unerträgliche Hitze sowie der Geruch von Feuer aus. Die Schüsse hatten den Wolf verletzt, doch das Feuer würde seinen Körper vernichten. Das gab Custo und Annabella Zeit wegzulaufen, bis der Wolf sich in den Schatten neu geformt hatte und ihnen folgte.
    Obwohl ihre Beine einwandfrei funktionierten, griff jemand Annabella unter den Armen und trug sie zu dem gelben Aufzug. Sie hätte sich gewehrt, wäre Custo nicht neben ihr gewesen und hätte sich mit dem gesunden Arm ebenfalls auf einen Soldaten gestützt. Der Aufzug ruckte, dann fuhren sie quälend langsam in die obere Etage.
    »Ich brauche einen Hubschrauber«, erklärte Custo. »Sofort.«
    »Erst einmal benötigen Sie beide dringend medizinische Hilfe, Sir«, erwiderte ein Soldat. Er schien der Einsatzleiter zu sein, ein etwas älterer Typ mit so kurz geschorenen Haaren, dass sein Schädel glänzte.
    »Ich heile von allein, und« – Custo sah besorgt zu Annabella – »ich glaube nicht, dass Sie irgendetwas für sie tun können. Sie braucht eine spezielle Behandlung, und ich sorge dafür, dass sie sie erhält.«
    Zum dritten Mal deutete jemand an, mit ihr stimme etwas nicht. »Wovon zum Teufel reden die alle?«
    Annabella registrierte ein paar Seitenblicke, aber niemand antwortete ihr. Der Aufzug stoppte quietschend. Einer von diesen lustigen Golfwagen im Armeestil erwartete sie.
    Custo half ihr auf die Rückbank, sprang neben sie, drückte beruhigend ihre Hand und schrie dem Fahrer zu: »Los!«
    Als Annabellas Blick auf ihren Arm fiel, erbleichte sie.
    Unter dem verschmierten Blut war ihre Haut leichenblass und von feinen schwarzen Linien überzogen, als wären winzige Kapillaren geplatzt. Sie reckte den Hals, um im Rückspiegel einen Blick auf ihr Gesicht zu erhaschen, und wünschte, sie hätte es nicht getan. Sie konnte ohne Weiteres in einer Raritätenshow auftreten.
    Ihre Gesichtsform war unverändert, ihr Gesicht blutbefleckt aber erkennbar, doch der Rest schien nicht zu passen, sah hässlich aus. Ihre Augen, die Pupillen und die Iris, sahen aus wie die einer Voodoo-Hexe, ganz schwarz. Ihr Teint war wächsern, viel stärker als das Bühnenweiß von Giselle. Und nun, da ihr Adrenalinspiegel sank, hatte sie das Gefühl krank zu werden; ihr war eiskalt und alles tat ihr weh.
    Sie senkte den Blick. »Was ist mit mir passiert?« Würde sie sterben?
    »Ich weiß es nicht, Liebes«, sagte Custo. Er atmete ein und hielt die Luft an.
    »Was?«
    »Hat er dir wehgetan? Hat er … ?«
    Sie schüttelte den Kopf und kämpfte mit den Tränen. »Wir haben nur getanzt, aber … ich habe mich eine Weile darin verloren. Bis du gekommen bist.« Ein feines, heißes Rinnsal lief über ihre Wange. »Komme ich wieder in Ordnung?«
    »Ganz bestimmt. Wir fahren zum Weißen Turm und bleiben so lange, bis Luca dich geheilt hat. Der Orden muss wissen, wie man dir helfen kann.«
    Plötzliche Angst ergriff Annabella. »Meine Mutter. Der Wolf wird zu meiner Mutter gehen.«
    »Hat er dich so dazu gebracht, mit ihm zu kommen?«
    Annabella nickte. »Und er wird seine Drohung wahr

Weitere Kostenlose Bücher