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Zwielichtlande

Zwielichtlande

Titel: Zwielichtlande Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E Kellison
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lesen konnte, wusste er, dass sie es ernst meinte. Sie wollte nichts essen, obwohl er wusste, dass sie vorher an Essen gedacht hatte. Annabella interpretierte die Angriffe des Wolfes genauso wie er.
    Der Wolf, der Jäger, wollte, dass sie willig war, und niemand konnte etwas dagegen unternehmen.
    Sie waren alle zusammen zurück nach Segue gefahren, auch Abigail und Zoe, als würde Segue Sicherheit bedeuten. Bis Talia niedergekommen war und sich um den Wolf kümmern konnte, herrschte nirgendwo Sicherheit. Oder bis sie einen neuen Weg gefunden hatten, den Wolf aus der Welt zu locken – was keine leichte Aufgabe darstellte, da er zunehmend ungeduldiger wurde. Immerhin hatten sie heute herausgefunden, dass Custo sterblich war und der Wolf praktisch nicht.
    Das fühlte sich allerdings mehr nach einem Rück- als nach einem Fortschritt an.
    … Idiot sollte lieber kooperieren … Das kleine Stück aus Adams Gedanken verriet Custo, dass er näher kam. Und tatsächlich ertönte erst ein leises Rascheln im Flur der Wohnung, anschließend ein Schlürfen – mehrere Personen durchquerten das Wohnzimmer. Custo stand im Schlafzimmer und wartete, dass sie hereinkamen. Sie sollten bloß leise sein.
    Als Adam eintrat, hatte er seine Ich-lasse-nicht-mit-mir-reden-Miene aufgesetzt. Hinter ihm betrat Dr. Lin den Raum. Klein, rundlich und glatzköpfig bildete er einen Gegensatz zu den beiden muskulösen Pflegern, die eine Trage und ein Tablett mit Instrumenten und Arbeitsmaterialien hereinschoben.
    Bevor Adam etwas sagen konnte, formte Custo mit den Lippen die Worte »Nein, danke« und wandte seine Aufmerksamkeit wieder Annabella zu, damit die Truppe sich verzog.
    »Hast du nun eine Kugel in deinem Bauch oder nicht?«, fragte Adam leise, mit einem unausgesprochenen du armer Mistkerl dahinter.
    Gemäß Luca, vermutlich eine vertrauenswürdige Quelle, hatte Custo eine Kugel im Körper. Ganz zu schweigen davon, dass sein Bauch auf der linken Seite heftig schmerzte. Also wäre er nicht überrascht, dort eine Kugel zu finden.
    Custo runzelte die Stirn. Wenn er zuließ, dass der gute Doktor sie herausholte, war er eine Weile außer Gefecht gesetzt, auch wenn er schnell heilte. Was, wenn der Wolf wieder in Segue eindrang? Was, wenn er sich gerade jetzt im Raum befand? Was, wenn der Wolf sich genau diesen Augenblick für seinen nächsten Angriff aussuchte?
    Was wenn … was wenn … was wenn … ? Die Frage machte ihn verrückt.
    »Oder hast du Angst vor der Nadel?«
    Custo bedachte Adam mit einem tödlichen Blick. Das war nicht lustig. Außerdem war das Jahre her, und es gab mildernde Umstände.
    Adam zuckte mit den Schultern. »Du weißt, du musst in Topform sein. Gib dir einen Ruck, und lass Dr. Lin die Kugel entfernen. Vorher verrate ich dir nicht, was passiert ist.«
    Was passiert ist?
    Nichts leichter als das, Custo drang in seine Gedanken ein und besorgte sich die Antwort: Man hatte Geoffrey, den mutmaßlichen Verräter, tot aufgefunden. Er war von Geistern ermordet worden.
    Custos Blick verfinsterte sich. Das überraschte ihn nicht. Er hatte gewusst, dass er es nicht gewesen sein konnte. So leicht war es nicht, den Verräter ausfindig zu machen. Blieben noch die siebenundzwanzig übrig, die sich freiwillig in Haft befanden. Er musste sie persönlich befragen und sehen, was er mit seinen direkten Mitteln herausfinden konnte. Es konnte nur einer von ihnen sein; niemand anders war in ihre Pläne eingeweiht gewesen. Bei allem anderen, was vor sich ging, musste diese Bedrohung ausgeräumt werden, und zwar schnell.
    Solange ihnen der Wolf auf den Fersen war, hatten sie einem weiteren Angriff der Geister nichts entgegenzusetzen.
    Aber zuerst musste Custo sich um sich selbst kümmern. Luca wusste es, Adam wusste es, und er wusste es auch. Eine Operation war verdammt unangenehm, aber die Wunde belastete ihn. Und das würde sich nicht ändern, auch wenn er noch so viel fluchte oder den Schmerz ignorierte.
    Gillian wäre Custo lieber gewesen, denn er kannte sie seit Jahren als hervorragende Ärztin, aber sie wich nicht von Talias Seite. Was gut war, denn Custo wollte nicht, dass ihre Schwangerschaft seinetwegen in Gefahr geriet. Er gab sich mit Lin zufrieden.
    »Gut. Wir machen es hier«, wandte sich Custo an Dr. Lin. Er sprach mit leiser Stimme. »Kein Schnickschnack, holen Sie sie einfach heraus. Ich heile außerordentlich gut.« Für den Fall, dass der Mann es nicht begriff, fügte er noch hinzu: »So gut wie ein Geist.«
    »Er ist kein

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