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Zwischen Ewig und Jetzt

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Titel: Zwischen Ewig und Jetzt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lucas
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»Es wird Zeit, dass wir dieses Scheißtestament finden.« Er dreht sich um und lächelt gequält. »Ihr braucht unbedingt eine größere Wohnung.«
     
    Unsere Wohnung ist zu klein, und bei Felix sind wir auch nicht ungestört, weil seine Mutter ein Bridgespiel ausrichtet. Also treffen wir uns am nächsten Tag bei Niki. Wir alle drei.
    Natürlich lässt Felix es sich nicht nehmen, mich abzuholen. Den ganzen Weg über hält er meine Hand, vor Nikis Haustür jedoch lässt er sie los. Ich denke, auch er ist nervös.
    »Felix«, sagt Herr Galanis überrascht. Dann breitet sich ein Lächeln auf seinem Gesicht aus. »Felix, das ist eine Überraschung. Eine schöne. Komm doch rein. Du bist groß geworden. Nein, so groß.« Er schüttelt begeistert den Kopf. »Und Julia kennst du auch?«
    »Äh, ja«, sagt Felix. Er wird knallrot.
    »Das ist schön, sehr schön. Wie geht es deiner Mutter, deinem Vater? Alles gut? Das freut mich. Du musst schöne Grüße sagen von mir zu Hause, hörst du? Nicht vergessen. Nein, wie groß du geworden bist.« Wir werden von Nikis Vater durch den Flur geschoben und stolpern fast über den Hund, der nur träge den Kopf hebt. »Das ist Sherlock, kennst du noch. Kennst du nicht? Ach, ist so lange her.« Selbst die Treppe kommt er noch mit uns hoch und wäre uns wohl auch in Nikis Zimmer gefolgt, wenn ihn sein Sohn nicht daran gehindert hätte.
    »Danke, babás«, sagt Niki und macht ihm langsam aber bestimmt die Tür vor der Nase zu.
    »Schöne Grüße an die Eltern«, hören wir Herrn Galanis noch durch den kleinerwerdenden Spalt rufen.
    Mit den Händen tief in den Taschen seiner Jeans vergraben, steht Felix in der Mitte von Nikis Zimmer. Er sieht wütend aus. »Du hättest es ihm sagen sollen. Deinem Vater. Das mit uns sagen sollen. Unserem Streit.«
    »Könnte dir so passen.« Niki überlässt mir den Schreibtischstuhl, den er erst von einem Haufen Klamotten befreien muss, und setzt sich in aller Seelenruhe auf sein Bett. Er lächelt nicht, verzieht keine Miene.
    Es wird unangenehm ruhig im Zimmer, man kann die Stille beinah knistern hören.
    »Gib mal den Brief«, sagt Niki schließlich.
    Felix holt das Kuvert aus der Tasche und gibt es Niki. »Justin, dieser Scheißkerl«, knurrt er, während Niki liest. »Wir sollten ihm einfach einen Besuch abstatten und die Sache so erledigen.«
    »Ich weiß.« Niki sieht hoch. »Ich kenne deine Methoden.«
    Felix hält seinem Blick stand, aber nur wenige Sekunden. Er erhebt sich und starrt aus dem Fenster.
    »Das heißt also«, versuche ich die entstandene Spannung zu durchbrechen, »dass wir nichts gegen Justin tun können?«
    »Ohne das Testament wird es schwierig«, sagt Niki. »Wir müssen irgendwie …« Mitten im Satz bricht er ab. »Was?«
    »Was denn?«, will ich wissen, doch Niki antwortet nicht.
    »Das ist … das ist …« Niki steht plötzlich auf, reibt sich die Stirn.
    »Was ist denn? Niki? Was ist los?«, frage ich erschrocken.
    Niki erwidert nichts. Er steht zwar, schwankt aber und hält sich immer noch den Kopf.
    Ich stehe auf, will zu ihm gehen, als Felix mich am Arm packt.
    »Nein, nicht«, sagt er.
    Ich versuche, mich zu befreien. »Ich will doch nur …«
    »Nein. Nicht anfassen«, wiederholt Felix.
    Wir starren beide Niki an, der mitten im Zimmer steht, die Augen geschlossen, die Hände gegen die Ohren gepresst. Er ist leichenblass. Langsam, wie in Zeitlupe lässt er sich auf die Knie sinken.
    Wieder will ich zu ihm, ihm aufhelfen, doch Felix’ Griff ist unerbittlich.
    »Glaub mir, Julia. Fass ihn nicht an.«
    So langsam macht er mir Angst. So langsam machen sie
beide
mir Angst. »Wieso? Was ist denn mit ihm?«
    »Ich denke«, sagt Felix langsam, »er hört etwas.«
    »Aber … aber …«, stammele ich. Mein Opa hat auch mit ihm geredet, selbst diese Freundin von Alices Mutter, aber das hat bei weitem nicht so dramatisch ausgesehen. So furchtbar. Ich blicke zu Felix, der weiterhin Niki beobachtet. Auch er sieht bleich aus.
    Niki stöhnt. Dann, ohne Vorwarnung, kippt er zur Seite um.
    »O Gott.« Jetzt ist mir völlig egal, dass ich ihn nicht anfassen soll. Ich reiße mich los, knie mich neben ihn und rüttele ihn an seiner Schulter. »Niki? Oh Gott, Niki! Sag doch was.« Mir ist auch klar, wie panisch sich meine Stimme anhört. Aber bei seinem Anblick kann man auch panisch werden: Er ist weiß wie die Wand, hat die Augen geschlossen. Und das Schlimmste: Es kommt Blut aus seiner Nase. »O verdammt, verdammt. Gib mir mal ein

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