Zwischen Leidenschaft und Liebe
nichts dazu zu sagen?« fragte Leatrice. »Ich habe Ihnen soeben erzählt, daß der Mann, den Sie lieben, der Herzog ist, und der Mann, den Sie zu heiraten gedenken, überhaupt nicht mit der Montgomery-Familie verwandt ist.«
»Wie heißt er? Wie heißt Trevelyan wirklich?«
»John Richmond Montgomery. Der Titel seiner Kindheit war Graf von Trevelyan, und Trevelyan schien zu ihm zu passen. Ich habe ihn Vellie genannt, da ich Trevelyan nicht aussprechen konnte.«
Leatrice umfaßte Claires Arm. »Ist das alles?«
Als Claire Leatrice ansah, flammten ihre Augen vor Zorn. »Er hat mir nicht einmal seinen Namen verraten. Nicht einmal etwas so Einfaches hat er getan. Er fragte mich, ob ich ihn liebte, ob ich mein Leben mit ihm verbringen würde, aber er konnte mir nicht einmal seinen Namen sagen.« Sie sah auf ihren Koffer.
»Sie verstehen das nicht. Vellie ist...«
»... ein kalter Mann«, ergänzte Claire. »Ich liebte ihn. Ich verliebte mich in ihn trotz seiner schlechten Launen und seiner pessimistischen Lebensansichten. Ich verzieh ihm, daß er mir nicht verraten wollte, daß er Captain Baker ist. Ich verzieh ihm, daß er mich auslachte und mich als Studienobjekt für seine Bücher mißbrauchte. Ich vergab ihm alles und liebte ihn, aber er versteht nicht, Liebe mit Liebe zu entgelten.«
Leatrice öffnete den Mund, aber Claire ließ sie nicht zu Wort kommen. »Er stand dabei und sah zu, wie Nyssa starb, ohne auch nur einen Versuch zu unternehmen, ihren Tod zu verhindern. Er stellt sich immer neben die ganze Welt und beobachtet ihr Treiben. Er sagte mir, er würde mich lieben, aber das stimmt nicht. Er verwechselt Vergnügen mit Liebe. Das ist nicht das gleiche. Er hat unzählige Frauen auf der ganzen Welt >geliebt<, und ich war dumm genug, anzunehmen, daß ich für ihn etwas anderes wäre.«
»Sie sind für ihn etwas anderes«, sagte Leatrice. »Vellie hat bisher noch zu keiner Frau gesagt, daß er sie liebt.«
»Würden Sie aufhören, ihn bei diesem absurden Namen zu nennen? Er ist ein erwachsener Mann. Nein, er ist kein Mann, er ist... eine Maschine. Er reist um die Welt, beobachtet und schreibt. Ich bezweifle, daß er jemals irgend etwas in seinem Leben wirklich empfunden hat.«
Leatrice schwieg einen Moment.
»Ich möchte, daß Sie seine Briefe lesen«, sagte sie schließlich.
»Nein«, erwiderte Claire. »Ich muß fort. Plötzlich kann ich dieses Haus nicht mehr ertragen.«
Leatrice legte wieder die Hand auf Claires Arm. »Ich weiß, daß wir nicht fair zu Ihnen gewesen sind. Mutter hat Harry nach London geschickt, damit er um Sie wirbt. Sie wurden Ihres Geldes wegen hierhergebracht; aber Sie haben uns allen mehr gegeben, als wir uns für Geld kaufen könnten, Claire. Denn dank Ihnen habe ich jetzt James. Und Harry hat endlich erkannt, was für ein Mensch seine Mutter wirklich ist.« Leatrice senkte die Stimme: »Mutter hat jemanden beauftragt, auf Vellie zu schießen.«
Claires Hände hielten in der Bewegung inne.
»Ich sagte Ihnen doch, daß sie nicht mehr richtig ist im Kopf. Sie wollte das Herzogtum für ihren kostbaren Harry haben, und als sie hörte, daß ihr Zweitältester Sohn von den Toten auferstanden ist, nahm sie an, daß er den Titel übernehmen wollte.«
Claire sah Leatrice mit einer Mischung aus Entsetzen und Ungläubigkeit an.
»Meine Familie ist nicht so wie Ihre. Der Haß meiner Mutter hat uns alle zerstört. Aber ich denke, daß ihre Macht über uns nun gebrochen ist. Jemand schrieb an Harry in Edinburgh, was sie Trevelyan antun wollte. Mutter wußte, daß Sie viel Zeit mit Vellie verbrachten, und sie fürchtete, daß Sie Trevelyan heiraten könnten und ihm Ihr Geld zufallen würde. Sie hatte Angst, daß Vellie es sich doch noch anders überlegen und er seinen Titel beanspruchen könnte. Harry kam zurück und versuchte, Sie erneut für sich zu gewinnen, weil er um das Leben seines Bruders bangte.« Leatrice lächelte. »Harry hat seinen älteren Bruder immer verehrt. Harry ist viel zu faul, um selbst etwas zu unternehmen, und so waren Vellies Taten gewissermaßen für ihn ein Ersatz für seinen mangelnden Unternehmungsgeist. Ich glaube, Harry würde für seinen älteren Bruder sein Leben hingeben.«
»Er würde möglicherweise sogar eine Frau heiraten, die er nicht liebt, um seinen Bruder zu retten.«
»Er war im Begriff, das zu tun, bis er sah, daß Vellie Sie liebte.«
Dafür hatte Claire nur ein Schnauben übrig.
Leatrice blickte sie traurig an. »Ich wünschte, ich
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