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Zwischen Leidenschaft und Liebe

Titel: Zwischen Leidenschaft und Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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dem Fenster. Ausnahmsweise war er so angezogen, wie es sich gehörte. Kein besticktes Seidengewand. Er trug einen perfekt sitzenden Morgenrock. Sein Haar war geschnitten und auf die korrekte Länge gebracht. Wenn sie ihm noch nie begegnet wäre, hätte sie ihn für einen hübschen jungen Gentleman gehalten.
    »Ich bin hier«, sagte sie hinter seinem Rücken. »Was willst du von mir?«
    Er drehte sich um und sie sah, daß er müde war, als hätte er überhaupt nicht geschlafen. Seit Nyssas Tod war fast eine Woche vergangen, und nichts, was seither gesagt worden war, hatte Claires Zorn mildern können. Jede Sekunde in dieser Woche hatte ihr Nyssas lachendes Gesicht vor Augen gestanden. Und sie konnte noch immer Brats Entsetzensschreie hören, nachdem sie ihrer Schwester mitgeteilt hatte, daß Nyssa gestorben war. Claire erinnerte sich auch noch an den Rauch, den sie gesehen hatte - sicherlich der Rauch von dem Feuer, mit dem man Nyssas Leichnam verbrannt hatte.
    Trevelyan ging auf sie zu. Claire blieb stehen, wo sie war, aber als er die Hand ausstreckte, um ihre Wangen zu berühren, drehte sie das Gesicht zur Seite. Seine Hand sank hinunter, dann drehte er sich um und ging ans Fenster zurück.
    »Leatrice sagte mir, daß sie dir von unserer Mutter erzählt hat.«
    »Ja«, erwiderte Claire mit kalter Stimme. »Mir wurde das große Familiengeheimnis offenbart.«
    »Und du hast meine Briefe an meine Schwester gelesen.«
    »Auch das.«
    »Und was hältst du davon?«
    Claire brauchte einen Moment, bis sie antworten konnte. Es hatte lange gedauert, all diese Briefe zu lesen, und darin hatte sie einen Mann gesehen, der zu einer großen Liebe fähig war. Sie hatte gelesen, wie er überall in der Welt den Tod erlebt hatte. Wäre sie tatsächlich Captain Bakers Biographin gewesen, hätten ihr diese Briefe die Möglichkeit verschafft, ein Buch von großer Kraft zu verfassen. Aber sie wußte nun, daß sie niemals diese Biographie schreiben würde.
    »Ich fand die Briefe außerordentlich interessant.«
    »Aber weder die Briefe noch die Geschichte von meiner Mutter haben dich dazu gebracht, mir zu verzeihen?«
    »Nein. Ich kann Nyssa nicht vergessen.« Und mit leiserer Stimme fügte sie hinzu: »Ich kann nicht vergessen, daß du mir so wenig von dir selbst gegeben hast.«
    Er sah sie einen Moment an und drehte sich dann wieder zum Fenster um.
    »Als ich noch ein Kind war, hielt mein Großvater es für eine gute Erziehungsmaßnahme, daß ich nie das bekam, was ich mir wünschte. Wenn ich sagte, mir würde ein bestimmtes Brot schmecken, dann sorgte er dafür, daß ich dieses Brot nie mehr bekam. Wenn ich sagte, ich hasse Karotten, wurden mir dreimal am Tag Karotten vorgesetzt. Seither ist es für mich schwierig gewesen, um das zu bitten, wonach ich mich am meisten sehnte.«
    »Ja«, erwiderte Claire ärgerlich, »ich habe von deiner Kindheit mehr gehört, als ich darüber wissen möchte. Ich bin überzeugt, daß sie grauenvoll war. Ich bin sicher, daß du eine Mutter gehabt hast, die dich haßte und einen Vater, der nicht wußte, daß du überhaupt am Leben bist. Dein Großvater war grausam zu dir. Du hast mehr als genügend Gründe für deine Launenhaftigkeit und dein mürrisches Wesen. Du hast jede Berechtigung dazu, dich selbst zu bemitleiden.«
    Trevelyan drehte sich um und blickte sie mit geweiteten Augen an.
    »Was erwartest du von mir?« fuhr sie mit kalter Miene fort.
    »Mitgefühl? Reicht dir denn dein Selbstmitleid nicht? Du hast das Mitgefühl deines Bruders und deiner Schwester und, soweit ich es beurteilen kann, das Mitgefühl fast aller Bewohner dieses Hauses. Armer Jonny. Armer kleiner Graf, den niemand jemals liebte. Natürlich scheint niemand auf den Gedanken gekommen zu sein, daß du, wenn du dich betragen und auch an andere und nicht nur an dich selbst gedacht hättest, nicht so oft bestraft worden wärest. Ich kann mir vorstellen, daß es dir eine Genugtuung war, deinem Großvater zu sagen, daß du Karotten haßt. Hast du gelernt, ihn zu belügen und ihm zu sagen, daß du das liebst, was du haßtest?«
    Trevelyan starrte sie an und blinzelte. Er wirkte schockiert, aber allmählich breitete sich ein Lächeln über sein Gesicht aus. »Tatsächlich lernte ich das. Die Köchin buk einmal einen Mandelkuchen, der himmlisch schmeckte. Nach dem ersten Bissen spuckte ich ihn aus und sagte, das wäre das scheußlichste Gebäck, das ich jemals gegessen hätte. Mein Großvater ließ mir daraufhin monatelang nach jeder Mahlzeit

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