Zwischen Licht und Dunkel

Fleischgericht, das beste Fischgericht und das beste Dessert. Und der Gesamtsieger darf den Titel Food and Fun Chef of the Year nach Hause tragen.
    Fassen wir es so zusammen: Island hat auch kulinarisch für jeden etwas zu bieten. Für den Neugierigen und Mutigen, den Bodenständigen und Modernen, den einfachen und den exklusiven Geschmack. Bei den vielen verschiedenen Nationen, die inzwischen die Insel ihre Heimat nennen 2 , mangelt es auch an internationaler Küche nicht. In Reykjavík haben sich obendrein mehrere Restaurants ganz der fleischlosen Küche verschrieben. Somit darf selbst der Vegetarier mit der berechtigten Hoffnung nach Island reisen, sich nicht notgedrungen einer Abmagerungskur unterziehen zu müssen.
    Na denn, guten Appetit!
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    1     Siehe Kapitel „Die heimlichen Weltmeister“.
    2     Siehe Kapitel „Neue Isländer“.

Eine mit allem – das wahre Nationalgericht
    Lammbraten und Fisch hin oder her. Das isländische Nationalgericht hat einen anderen Namen. Was mir als waschechte und überzeugte Nürnbergerin meine „Drei im Weckla“ bedeuten, die berühmten drei original Nürnberger Rostbratwürste im Brötchen, ist dem Isländer seine eina með öllu : eine mit allem. Die „eine“ heißt pylsa und ist ein längliches, hellbraunes Würstchen, das einem Wiener oder Frankfurter zum Verwechseln ähnlich sieht. Im Aroma unterscheidet es sich davon durch einen dezenten Hauch von Schaf. „Alles“ sind Remouladensoße, Ketchup, Senf sowie rohe und geröstete Zwiebeln. Ihre Vereinigung feiert die „eine“ mit dem „allem“ im eigens diesem Zweck angepassten, formgerechten Weichbrötchen. Und schon ist es fertig, das Hot Dog à la Island. Aus der Getränkekarte hierzu besonders empfohlen: kók , Cola, eiskalt. Die orangefarbene und original isländische Limonade appelsín tut es notfalls auch.
    Pylsa oder besser im Plural pylsur sind überall zu haben. Kein Kiosk und keine Tankstelle könnten es sich erlauben, dieses isländisch-essentielle Grundnahrungsmittel nicht im Wasserbad vorrätig zu haben. Und dann gibt es noch die „Würstchenwagen“. Allen voran die Bude „Die Stadtbesten“ Bæjarins beztu in Hafennähe, an denen seinerzeit auch ein gewisser Bill Clinton bei seinem Besuch in Reykjavík nicht vorbeikam. Die zentrale Lage macht's ebenso wie die perfekten Inkredienzen. Denn „Isländer essen SSpylsur “ verkündet die Werbung und gemeint sind damit die Würstchen der Schlachtvereinigung Süd, Sláturfélag Suðurlands , kurz SS. Unschlagbar sollen die bekanntlich sein. Hier lohnt es sich anzustehen. Die Warteschlange ist mitunter immens, ich glaube gar, sie reißt nie ab, zu keiner Tages- und vor allem Nachtzeit. Am Wochenende haben „Die Stadtbesten“ bis vier oder fünf Uhr früh geöffnet, je nach Bedarf.
    Was einmal als echter Isländer-Treffpunkt begann, fand wohl irgendwann seinen Weg in einen Reiseführer. Dann in einen zweiten. Als sogenannter „Geheimtipp“. Jetzt ist es keiner mehr. Heute laben sich Isländer und Inselgäste gleichermaßen an eina með öllu . Für den wirklich Hungrigen dürfen es auch zwei oder mehr sein. Ein paar Tischchen laden zum Verweilen ein. Ein Würstchentrip ist auch die ideale Verschnaufpause auf der Partynacht und der perfekte Abschluss des Familienausfluges auf den Flohmarkt Kolaportið gleich nebenan, ein ideales Schlechtwetterziel fürs Wochenende.
    Auf mehr als siebzig Betriebsjahre brachte es bereits der umsatzstarke, vielleicht sogar lukrativste Quadratmeter Islands Bæjarins beztu . Wer dort sein Würstchen verzehrt, kann sich nebenbei über die Meilensteine der Würstchenbude informieren, die untrennbar mit der Geschichte Islands und überhaupt der ganzen Welt verknüpft sind. Eine malerische Tafel in Wurstformat 1 gibt darüber detailliert Auskunft. Welchen Stein im Brett „Die Stadtbesten“ bei den Hauptstadtbewohnern haben, beweist auch die Tatsache, dass sie sich in dem Buch Northern Delights. Reykjavík Cuisine neben edlen Hauptstadtrestaurants stolz behaupten.
    „ Pylsur für alle“ lautet folglich der Lockruf, will man sich dem Zustrom isländischer Massen sicher sein, egal ob beim Tag der offenen Tür in der Bankfiliale oder im Zeichen des Wahlkampfes. Am besten umsonst.
    70 Jahre Bæjarins beztu – „Die Stadtbesten“
    Ein Auszug aus der Geschichte des Würstchenwagens, Islands und der Welt überhaupt
1937:
Jón Sveinsson kauft den Würstchenwagen
1939:
„Vom Winde verweht“ hat Premiere.