Zwischen Macht und Verlangen
Stimme klang rau. Aber es gelang ihr, sich frei zu machen.
Alan spürte Ärger über Shelbys Widerstand, doch er hatte sich sofort unter Kontrolle. Sein Verlangen zu unterdrücken, fiel ihm entschieden schwerer.
„Also gut“, sagte er leise und wich etwas zurück, „warum?“
Shelby hatte auch Schwierigkeiten, sich ihre Gefühle nicht anmerken zu lassen, aber sie zwang sich zur Ruhe. „Sie küssen gut“, meinte sie beiläufig.
„Für einen Politiker?“
Wie konnte er nur so spöttisch sein? Wenige Minuten vorher hatte er sie im Arm gehalten, jetzt war sein Ton kalt und verletzend. Shelby vergaß, dass sie an dieser Ironie selber schuld war.
Draußen war es dunkel. Shelby knipste eine Lampe an und nahm sich vor, sich nicht herausfordern zu lassen.
„Sie haben meine Frage nicht beantwortet!“ Alan setzte sich bequem zurecht und genoss die Berührung mit den seidenen Kissen, die ihn an Shelbys Haut erinnerten.
„Vielleicht habe ich mich gestern doch nicht klar genug ausgedrückt“, sagte Shelby. „Aber ich meinte es ernst, glauben Sie mir.“
„Ich auch.“ Alan sah ruhig zu ihr auf. „Sie haben viel Ähnlichkeit mit Ihrem Papagei, Sie sind nachtragend.“
Als er merkte, dass seine Worte ins Schwarze getroffen hatten, tat es ihm Leid.
„Im Allgemeinen kümmern mich alte Wunden wenig.“ Trotz größter Bemühungen gelang es ihr nicht, den Schmerz zu verbergen. Alan hätte sie am liebsten sofort wieder in seine Arme genommen. Es war unglaublich, dass sie sich erst einen Tag lang kannten. Aber die Tatsache ließ sich nicht leugnen, und er hatte kein Recht, sich Shelby aufzudrängen.
„Es tut mir Leid“, sagte er und stand auf.
Shelby fasste sich sofort. „Ist schon in Ordnung“, meinte sie und verließ das Zimmer. Wenig später kehrte sie mit seinem Hemd zurück. „Fast wie neu!“ Jetzt lachte sie wieder und warf es ihm zu. „War wirklich nett mit Ihnen. Lassen Sie sich nicht aufhalten, Senator.“
Alan ging auf ihren leichten Ton ein. „Werde ich zur Tür begleitet?“
„Oh, war ich zu deutlich?“ Der Plauderton gelang jetzt mühe los. „Gute Nacht, Senator, und schauen Sie sich um, bevor Sie die Straße überqueren.“ Weit hielt sie die Tür für ihn auf.
Alan zog sein Polohemd über den Kopf, dann trat er auf Shelby zu. „Die MacGregors haben nie ein Nein für bare Münze genommen. Wir Schotten sind dickköpfig, das wissen Sie doch?“
„Wem sagen Sie das? Hier steht eine Campbell, vergessen Sie das nicht!“ Bei diesen Worten öffnete sie die Tür noch ein bisschen weiter.
„Also gilt das für uns beide.“ Alan fasste Shelby unters Kinn und küsste sie hart und kurz auf den Mund. „Bis zum nächsten Mal!“
3. KAPITEL
Für einen Montag war das Geschäft an diesem Morgen sehr lebhaft. Bis elf Uhr hatte Shelby schon mehrere Stücke verkauft, drei davon waren beinahe noch warm vom Brennofen. Sie saß zwischen ihren Kunden und zog Drähte durch eine Lampe, der sie Form und Gestalt einer griechischen Amphore gegeben hatte. Die Arbeit ging ihr gut von der Hand. Sie knüpfte gerade geschickt die Drähte zusammen, als Myra Ditmeyer auftauchte.
In ihrem modischen hellroten Kostüm mit dem dazu passenden Lippenrot war sie nicht zu übersehen. Ihr schweres Parfüm erfüllte alsbald den Verkaufsraum.
„Shelby, Liebes, immer bist du so fleißig.“
Mit herzlichem Lächeln beugte sich Shelby über den Ladentisch und küsste Myras gepuderte Wange. Wenn man sich gelegentlich für etwas würzigen Klatsch interessierte oder auch nur lachen wollte, gab es keine Bessere als Myra. „Ich fürchtete, du müsstest zu Hause bleiben und all die köstlichen Dinge vorbereiten, die ich heute Abend bei dir zu essen bekommen soll.“
„Gütiger Himmel, dann würden meine Gäste verhungern müssen.“ Sie stellte ihre Krokotasche auf den Ladentisch. „Der Koch ist in viel versprechender, kreativer Stimmung.“
„Du weißt, dass ich schrecklich gern bei euch bin.“ Shelby zog eine Schlinge durch das Oberteil der Lampe. „Es kommt immer etwas Reelles auf den Tisch, nicht diese modernen kleinen Schnickschnacks, die exotisch sein sollen und nach deren Genuss man vor Hunger nicht in den Schlaf kommt.“ Geistesabwesend klopfte sie mit dem Fuß den Takt zur Radiomusik. „Mama wird auch erscheinen?“
„Ja, mit Botschafter Dilleneau.“
„Ach natürlich, der Franzose mit den großen Ohren.“
„Ist das die feine Art, über einen Diplomaten zu sprechen?“
„Mama ist eigentlich recht
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