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Zwischen Macht und Verlangen

Zwischen Macht und Verlangen

Titel: Zwischen Macht und Verlangen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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Offensichtlich machte es Shelby nichts aus, einen halb nackten Mann um sich zu haben. „Stammen diese Arbeiten alle von Ihnen?“ fragte er, nachdem er sein Hemd über den Kopf gezogen hatte.
    „Ja.“
    „Wie haben Sie ursprünglich angefangen?“
    „Wahrscheinlich dadurch, dass meine Gouvernante mir Knetmasse zum Spielen gab, um ihre Ruhe zu haben. Das ist ihr zwar nicht gelungen, aber das Modellieren hat mir Spaß gemacht.“ Shelby prüfte die Ventile am Ofen. „Was macht die Wäsche?“
    Sie hatte sich vorgebeugt, und Alan erhaschte einen Blick auf ihre äußerst reizvolle Kehrseite. Ihm wurde heiß, und sein Herz schlug schneller. Ärgerlich auf sich selbst, bear beitete er das verschmutzte Polohemd.
    Er drehte den Wasserhahn zu. „Der Heimweg dürfte interessant werden“, bemerkte er. „Mit bloßem Oberkörper läuft nicht einmal hier jemand durch die Straßen.“ Das tropfnasse Hemd ließ er auf dem Spülbecken liegen.
    Shelby sah sich um. Gut schaute er aus, das musste man ihm lassen. Sein kräftiger Oberkörper zeigte nur Muskeln und Sehnen, da war kein Gramm Fett zu erkennen. Die Schultern waren breit und schmal die Taille. Ein bemerkenswertes Exemplar der männlichen Spezies, dachte sie und wusste plötzlich, was ihr bei der Arbeit am Nachmittag vorgeschwebt hatte.
    „Sie sind ja recht gut in Form“, sagte sie beiläufig, „da sollte es doch für Sie möglich sein, in weniger als drei Minuten bis nach Hause zu sprinten!“
    „Shelby, Sie sind ausgesprochen ungastlich.“
    „Ich wollte sogar unhöflich sein“, meinte sie und verbarg ihr Lachen, „aber wenn ich mir Mühe gäbe, könnte ich das Hemd in meiner großen Güte auch in den Trockner stecken.“
    „Es war schließlich Ihre Hand und Ihr Ton.“
    „Aber Ihr Annäherungsversuch“, gab Shelby zurück, griff jedoch trotzdem nach dem nassen Polohemd. „O.K. Kommen Sie mit rauf.“ Mit der freien Hand band sie die Schürze ab und warf sie zur Seite, schlüpfte dann an Alan vorbei durch die Tür. „Einen Drink haben Sie sich verdient, das muss ich zugeben.“
    „Sie sind zu liebenswürdig“, spottete Alan und folgte ihr die Treppe hinauf.
    „Ja, meine Großzügigkeit ist allgemein bekannt.“ Shelby stieß die Tür auf und deutete mit der Hand auf einen Schrank. „Wenn Sie Scotch mögen, bedienen Sie sich.“
    Sie verschwand in der anderen Richtung, und Alan schaute sich um. Sein Interesse wuchs. In Shelbys Wohnung dominierten leuchtende Farben, doch die Blau- und Grüntöne und das gelegentliche Rot dazwischen harmonierten miteinander. Ungewöhnlich, aber typisch für eine produktive Künstlerin, dachte Alan. Es gefiel ihm hier, er fühlte sich wohl. Zu seinem eigenen Lebensstil passte allerdings weder die Frau noch ihr ausgefallener Geschmack.
    Das geniale Durcheinander von Möbelstücken, Grünpflanzen und übergroßen Stofftieren in Shelbys Wohnung lud nicht gerade zu besinnlichem Nachdenken und gemütlichem Feierabend ein, aber anregend wirkte alles, sehr, sehr anregend!
    Alan trat auf den Schrank zu, wo er die Whiskyflasche vermutete. Wie angewurzelt blieb er stehen. Auf einem Sessel räkelte sich Moische und betrachtete aufmerksam den Fremden mit seinem einen Auge. Der Kater rührte sich nicht, und Alan musste zwei Mal hinsehen, um festzustellen, ob es sich tatsächlich um ein Lebewesen handelte. Die schwarze Augenklappe hätte eigentlich lächerlich wirken müssen, tat es aber keineswegs! Warum soll eine Katze so etwas nicht tragen? Direkt über Moische hing der große Käfig von Tante Emma. Der Papagei starrte Alan an und verfolgte neugierig jede seiner Bewegungen.
    „Soll ich dir auch einen Drink mixen?“ fragte Alan den Kater und kraulte ihn sachkundig unter dem Kinn. Genüsslich kniff Moische das Auge zusammen.
    „Das Trocknen dürfte nicht länger als zehn oder fünfzehn Minuten dauern“, kündigte Shelby an, als sie jetzt wieder hereinkam. Das Schnurren des Katers war deutlich zu vernehmen. „Sie haben sich ja bereits mit meinen Untermietern bekannt gemacht.“
    „Offensichtlich! Warum die Schutzklappe?“
    „Moische hat sein Auge im Krieg verloren, er mag darüber nicht reden. Haben Sie den Scotch gefunden?“
    „Ja. Spricht der Vogel?“
    „In den letzten zwei Jahren hat er kein Wort gesagt.“ Shelby goss Whisky in die Gläser. „Das war der Zeitpunkt, als Moische hier eingezogen ist. Tante Emma ist sehr nachtragend, dabei hat Moische ihren Käfig nur einmal – ganz am Anfang – umgestoßen.“ Sie

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