Zwischen Mond und Versprechen
fiel mir immer schwerer, mich an die Hoffnung zu klammern.
Und dann gab es noch Pietr… der so distanziert, so schrecklich arrogant, so ehrlich war. Der so rastlos, witzig und, ja, auch ein bisschen herausfordernd war. Er hatte etwas an sich, das mir unter die Haut ging.
Ich blickte über die Sitzreihen hinweg, die uns trennten. Hm. Pietr sah wirklich gut aus. Das konnte ich nicht bestreiten. Mein Magen zog sich zusammen.
Er hatte sich umgedreht und sah hinauf. Er sah direkt zu mir und nickte. Lächelte schief, als hätten wir zwei ein Geheimnis. Er hatte uns doch nicht gehört?
Sarah und Amy winkten ihm zu und bedeuteten ihm, sich zu uns zu gesellen.
Ich fuhr hoch und schlug ihnen auf die Arme. » Was fällt euch ein? « , zischte ich leise, wobei ich die ganze Zeit lächelte, als hätte mein Verhalten nichts mit ihm zu tun. Sollte er ruhig glauben, ich wollte ein paar lästige Mücken totschlagen. Ich war nicht gerade wild darauf, neben einem süßen Typen zu sitzen, der mir eigentlich egal sein sollte, während ich einem andern beim Spiel zuschaute, dem ich wahrscheinlich egal war…
» Wir laden ihn ein, sich zu uns zu setzen « , sagte Amy und sah mich an, als sei das ganz selbstverständlich– was genau habe ich nicht mitgekriegt? Sie seufzte. » Hör mal, ich habe heute einen wichtigen Anruf der Schule auf euerm Anrufbeantworter gelöscht. Jetzt wollen wir uns richtig amüsieren, okay? «
» Dagegen habe ich doch gar nichts « , erwiderte ich. Mein Magen verkrampfte sich, als ich bemerkte, dass er über das Angebot meiner Freundinnen nachdachte.
Zum Glück schüttelte er den Kopf.
» Wie schade « , sagte ich, aber meine Stimme war leicht zu durchschauen.
Dann deutete er auf die leeren Plätze neben sich und machte uns ein Zeichen.
» Was? « Ich tat, als hätte ich nicht verstanden und legte meine Hände an die Ohren.
Er verzog enttäuscht das Gesicht.
Amy seufzte. » Mein Gott, Jessie. Du kannst wirklich so… «
» … beknackt sein « , nölte Sarah, stand auf und packte mich am Arm. Sie nickte und winkte zurück.
» Komm schon. Er hat viel coolere Plätze, von dort können wir das Spiel besser verfolgen « , bemerkte Amy. » Oder willst du es gar nicht sehen? «
Aber es war ohnehin egal. Ob ich das Spiel und Dereks Einsatz sehen wollte oder nicht, war egal. Ob ich neben Pietr sitzen wollte oder nicht, war auch egal…
Ich wurde von einer Gewalt nach vorne geschoben und gezogen, die viel stärker war als mein Wille, die Gewalt zweier hysterisch kichernder Freundinnen.
Amy saß zu Pietrs Linken, Sarah zu seiner Rechten. Ich zuckte mit den Schultern. » Ich glaube, ich gehe wieder hoch « , murmelte ich und zeigte in die Richtung, aus der wir gerade gekommen waren.
Pietr sah mich mit undurchdringlicher Miene an. Amys und Sarahs Mienen hingegen waren klar und eindeutig. Ihre Blicke hätten mich das Fürchten lehren können. Sie waren nicht gewillt, mein Verhalten viel länger zu dulden.
Pietr zog seine Füße von seiner Vorderbank. » Setz dich. «
Ich sah Amy und Sarah an. Sie sahen mich an. Ich konnte beinahe hören, wie sich in Amys Kopf ein Sturm zusammenbraute, also schob ich meine Bedenken beiseite und beschloss, ihnen den Abend nicht zu verderben. Ich setzte mich. Mein Rücken fühlte sich in der Nähe von Pietrs Knien und seinen Beinen ganz warm an. Es war unmöglich, seine Gegenwart zu ignorieren.
Zum Glück begann nun der Stadionsprecher mit der Vorstellung der Mannschaftsaufstellung. Seine Stimme dröhnte durch die Lautsprecher. Die Madison’s Bulldogs brachen durch ein bemaltes Transparent, das von leicht bekleideten Cheerleaderinnen gehalten wurde, die wie unter Zwang ihre Beine in die Luft schleuderten und kleine Pompoms himmelwärts stießen. Ich gab mir keine Mühe, meinen Widerwillen angesichts ihrer leicht beschürzten Vorstellung zu verbergen. Das Cheerleader-Team schaffte es, mit jedem Hüpfer und jedem Spagat, die hart errungene Girlpower zu unterminieren, für die Generationen von Frauen gekämpft hatten.
Aber sie sahen perfekt aus. Mist. Das musste selbst ich zugeben.
Der Sprecher quasselte weiter und zählte vergangene und zukünftige Spiele der Madinson’s auf. Einen Namen aus der gegnerischen Mannschaft erkannte ich wieder. Mich schauderte, als Bryce-the-Breaker Branson vorgestellt wurde. Er war mindestens ein Meter fünfundachtzig groß und wog bestimmt über hundert Kilo, bewegte sich aber geschmeidig wie ein Panther, nicht wie ein schwerfälliger Bulle,
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