Zwischen Mond und Versprechen
Ja. « Mit den eigenen Kindern etwas unternehmen, vielleicht Karten spielen oder einen Film angucken, das war nicht drin. Immer nur Arbeit. » Ja « , sagte ich und sah Sarah und Amy an.
Dad schlürfte seinen Kaffee, drehte sich zur Arbeitsplatte um und nahm noch etwas Zucker. » Freudenfeuer und Football heute Abend? «
Ich sah meine Freundinnen ratlos an. Sie nickten unisono. » Ja. «
» Und gegen wen spielen eure Jungs? «
Wir sahen uns ratlos an.
» Gegen die Madison Bulldogs. «
Wir drehten uns rasch um, in der Tür stand meine kleine Schwester, die Nase in einem Buch. Wie immer.
» Annabelle Lee « , begrüßte ich sie.
Sie streckte mir schnell die Zunge heraus, bevor Dad ihr zunickte. Ich konnte mich noch gut daran erinnern, wie ich mit zwölf war, aber ich schwöre, so eine Zwölfjährige bin ich nie gewesen.
» Und Anna, auf wen würdest du heute setzen? « , fragte Dad.
» Die Bulldogs werden voll abräumen. «
» Aber wir haben doch super Spieler, Kurt Anderson, Derek Jamieson, Jack Jacobson… « , wandte ich ein.
» Ich sage nur vier Wörter « , entgegnete Annabelle Lee altklug und betonte jede einzelne Silbe, » Bryce-the-Breaker-Branson. «
Dad pfiff durch die Zähne. » Von dem Jungen habe ich auch schon gehört. Hat am Anfang der Saison einige von den Tompsons umgenietet. Das wird bestimmt ein gutes Spiel. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich mich nicht zur Schicht gemeldet… «
» Doch hättest du, Dad « , sagte ich.
» Anna, macht es dir etwas aus, wenn du heute Abend allein bleibst? «
» Ich lade meine Junkie-Freunde ein und schmeiße eine Party « , sagte Annabelle Lee ohne mit der Wimper zu zucken. Sie hatte ihre Nase schon wieder in ihr Buch gesteckt.
Dad zuckte kurz zusammen, dann lächelte er und ging auf ihren » skurrilen Humor « , wie er es nannte, nicht weiter ein. » Und morgen Abend finden die Parade und der Ball statt? «
» Ja. « Das klang eigentlich logisch. Ich sollte vielleicht öfter auf die Durchsagen in der Schule achten.
Sarah erhob sich. » Mr Gillmansen, dürfen wir Jessica ein bisschen früher abholen, damit wir in der Stadt noch ein paar Sachen besorgen können? «
» Was für Sachen braucht ihr denn noch? «
Amy errötete, Sarah presste ihre Lippen aufeinander und starrte zu Boden. Ein Schauspiel, das wir oft genug geübt hatten. Und es funktionierte jedes Mal.
» Ach, Frauensachen. « Dad zog seinen Geldbeutel aus der Hosentasche. Ich überlegte, wann er endlich mal fragen würde, wie viele » Frauensachen « ein Mädchen wirklich brauchte– oder was » Frauensachen « eigentlich waren. Er gab mir ein paar Scheinchen und ich küsste ihn auf die Wange.
» Danke, Dad. Also bis dann. « Wir gingen zur Tür. Dad legte mir die Hand auf den Arm und hielt mich zurück.
» Geht schon mal vor, Mädchen « , sagte er und bedeutete ihnen, hinauszugehen. Sie verschwanden. Mein Herz klopfte bis zum Hals. Vielleicht hatte die Schule doch bei ihm angerufen. » Weißt du « , begann er und sah auf den gemusterten Linoleumboden, der sich als Ziegelboden ausgab, » ich habe wirklich keine Ahnung von solchen Sachen « – er machte eine unbestimmte Geste mit der Hand– » von diesen Sachen, die mit deinem Erwachsenwerden zu tun haben. Also… « Er verstummte.
Ich tätschelte seinen Arm. » Ich weiß, dass du wirklich alles tust, was du kannst, Dad. «
Er sah mich erleichtert an. » Zieh eine Jacke an. Es soll abends kalt werden. «
» Danke « , sagte ich und holte die Jacke vom Haken.
Gerade als die Tür hinter mir zuging, hörte ich ihn sagen: » Ich wünschte, deine Mom wäre hier, um dir richtig zur Seite zu stehen… «
Ich rannte zum Auto, warf mich auf den Beifahrersitz und knallte die Autotür zu, damit ich seine letzten Worte nicht hören musste. » Fertig « , würgte ich hervor und starrte geradeaus, während ich den Gurt anlegte.
Die Fahrt zum Einkaufszentrum dauerte nicht lange. Wenn man einmal in der Stadt war, war es eigentlich nirgendwohin sehr weit. Junction war eine typische Kleinstadt. Angefangen hatte sie als Eisenbahnknotenpunkt. Im späten neunzehnten Jahrhundert entwickelte sich aus ein paar Gehöften eine lebhafte Eisenbahnstadt mit einer Hauptstraße und richtigen Geschäften.
Immer mehr Menschen ließen sich in der Gegend nieder und forderten eine bessere Versorgung. Mehr Land wurde erschlossen, mehr Farmen gegründet, mehr Menschen wanderten zu. Ein paar Fabriken schossen aus dem Boden, hauptsächlich Getreidemühlen und
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