Zwischen Mond und Versprechen
Tierfutterbetriebe. Wer nicht einfach Farmer sein wollte, zog ins Stadtzentrum und schuftete genauso viele Stunden in den Fabriken, nur mit weniger Licht und mehr Lärm.
Dann hielten die Züge immer seltener. Die Menschen konnten sich Autos und Lastwagen leisten. Der Hauptbahnhof wurde verkauft und wurde zur örtlichen Kraftfahrzeugzulassungsstelle umgewandelt. Und als die Mühle zumachte, kamen die Farmer auch nicht mehr so oft in die Stadt. Sie kamen immer noch, um Tierfutter einzukaufen, aber dafür mussten sie nicht bis ins Zentrum.
Die sozialen Unterschiede, die früher noch von Respekt und gegenseitiger Abhängigkeit verwischt wurden, traten wieder schärfer hervor. Die Farmer bildeten eine Gruppe, die Städter eine andere. Und so ging es weiter. Die Städter kauften Land auf, das in wirtschaftlich besserer Zeit Farmland gewesen war– und beschwerten sich gleichzeitig über den Gestank und den Anblick von Vieh. Klagten über Farmen, die schon lange vor ihnen da gewesen waren.
Der Bahnhof, der zur Kfz-Zulassungsstelle geworden war, wechselte mehrere Male den Besitzer und wurde schließlich ein gemütliches italienisches Restaurant. Meine Eltern hatten dort ihr erstes Date. Meine Mom, eine frustrierte Städterin, mein Dad, ein eingefleischter Farmer in der vierten Generation. Eine Verbindung, die eigentlich nicht halten konnte. Und das Schicksal sorgte dafür, dass sie nicht hielt.
Die Mall war eine der jüngsten Errungenschaften der Stadt, wirkte aber neben dem glitzernden, weitläufigen Hypermarkt mit seinem riesigen Parkplatz, der dem Rollfeld des regionalen Flughafens Konkurrenz machte, beinahe altmodisch. Ich kaufte trotzdem lieber in der Mall ein. Dort hatten die Sachen nicht diesen faden Massenwarenglanz wie im Hypermarkt.
Die Southside Mall war ganz auf Halloween dekoriert.
» Huch « , machte Amy beim Anblick der künstlichen Spinnweben. » Jetzt schon? Ich glaube, es wird jedes Jahr früher. «
Sarah sah mir zu, wie ich verschiedene Masken anprobierte. » Na, was passt am besten für heute Abend? « , alberte ich herum. » Zombies, weil wir hirnamputiert sind, wenn wir auf diesen blöden Sportlerhype reinfallen oder « , ich riss mir die Zombiemaske vom Gesicht und zog eine andere auf, » lieber Dracula, weil er den Cheerleadern das Blut aus dem Hirn gesaugt hat? «
Sarah prustete los. Sogar Amy lachte, aber dann zog sie mich weiter.
» Die Feier wird schon nicht so schlimm, nur weil nicht alles so läuft wie erwartet… « , beschwichtigte sie mich und hakte sich bei mir unter.
» Ja, zum Beispiel, dass Derek wieder mit Jenny geht… «
Sarah gab mir einen Stups. » Sei froh, der ist es nicht wert. «
Ich verdrehte die Augen. » Typischer Spruch für eine beste Freundin « , beschwerte ich mich.
» Hm « . Amy dachte nach und machte eine Bewegung, als würde sie in einem Buch blättern. Dann las sie auf einer imaginären Seite. » Mein amtlicher BF -Ratgeber sagt dazu: ›Du bist für so einen Trottel sowieso zu schade.‹ « Amy lachte und zog uns in einen bunt schillernden Klamottenladen.
Sarah kommentierte: » In der 2.0Version steht auch: Es ist sein Schaden. «
Ich musste unwillkürlich grinsen. Obwohl mir mein Schwarm abhanden gekommen war.
Ein Paar Ohrringe und eine passende Halskette später machte ich mir wegen Derek und seiner wiederbelebten Beziehung mit einer hirntoten Cheerleaderin keinen Kopf mehr. Ich sah gut aus. Sarah und Amy suchten sich ein paar Sachen aus, die ihrer Ballgarderobe den letzten Schliff verleihen sollten, und erzählten mir die ganze Zeit, dass ich unbedingt mitgehen müsste.
Als wir dann wieder im Auto saßen und zum großen Footballspiel fuhren, hatten meine Freundinnen bereits meine gesamte Garderobe durchgehechelt, sie verbal sortiert (sie fanden sie äußerst mangelhaft) und ein passendes Outfit fürden Ball ausgesucht. Ich wusste, dass das einer ihrer Tricks war, mich doch noch zu überreden. Ich hoffte nur, dass es nicht so schlimm werden würde, wie ich es mir ausmalte.
Mrs Luxom setzte uns am Schultor ab und schärfte uns noch einmal ein, dass sie auf einen Anruf von uns warten würde, bevor sie uns abholte– aber nicht später als zehn. Wir versprachen es ihr und waren froh, dass wir gemeinsamda waren und nicht auf die Schulbusse angewiesen waren.
Auf dem leer geräumten Baseballplatz brannte das Freudenfeuer in allen Farben, golden, kupfern und rot. Sengend heiß flimmerten und flackerten die Flammen und hoben sich scharf gegen die
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